Im Dezember entschied der europäische Ministerrat für Landwirtschaft und Fischerei über die Fangregularien für das Jahr 2023. Thema war auch der Europäische Aal. Für dieses Jahr wird sowohl die bestehende Schonzeit in der Berufsfischerei von drei auf sechs Monate verlängert, als auch ein komplettes Aalfangverbot für Angelfischerinnen in Küstengewässern verhängt. Eine entsprechende verbindliche Verordnung wurde für Mitte Januar erwartet. Die Reise der Aale Irgendwo zwischen Florida, Bermudadreieck und Karibikinseln beginnt das Leben des Europäischen Aals. Hier schlüpfen die Larven des Fischs in der zentralen Sargassosee. Genaues ist nicht bekannt, denn für die Wissenschaft ist der Aal noch immer ein wenig erforschtes Mysterium. Als Teil des marinen Planktons folgen die Larven über zwei bis drei Jahre transatlantischen Meeresströmungen, bis sie die Küsten Europas und Nordafrikas erreichen. Dort angekommen, beginnt die Umwandlung zum Glasaal. Glasaale haben bereits die Körperform der erwachsenen Tiere. Sie bilden ein Zwischenstadium im Leben der Aale und verdanken ihren Namen dem transparenten Äußeren. Glasaale wandern aus dem Meer in Brack- und Süßwassergebiete, wo sie sich als sogenannte Gelbaale zu färben beginnen. Nach sechs bis zwanzig Jahren der Nahrungsaufnahme wandeln sich die Fische erneut. Aus Gelbaalen werden Blankaale. Der Darmkanal bildet sich zurück, die Geschlechtsorgane reifen. Blankaale hören auf zu fressen und haben nur noch ein Ziel: Sie wollen in die Sargassosee zurückkehren, um sich fortzupflanzen. Der natürliche Lebenszyklus eines Aals endet dort, wo er beginnt. Sowohl das Larvenstadium als auch die Wanderrouten von Europa zurück in die Sargassosee sind noch größtenteils unerforscht. Auch die Reproduktion der Aale ist noch unklar. In Zuchtfarmen ist sie bisher nicht in einem wirtschaftlich lohnenden Umfang gelungen. Fisch mit eigener EU-Verordnung Der Europäische Aal war einst die größte Fischpopulation in europäischen Binnengewässern. Doch spätestens seit Ende der Siebzigerjahre ist die Zahl der jährlich in Europa ankommenden Glasaale um 90 bis 99 Prozent gesunken. „Spätestens seit 1980 ist der europäische Aalbestand massiv und kontinuierlich zurückgegangen“, erklärt Malte Dorow, Mitarbeiter der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei MV. In Nord- und Ostsee seien heute weniger als zwei Prozent des einstigen Aalbestandes übrig. Die Ursachen sind vielfältig, erklärt Florian Stein, Fachbereichsleiter für Europapolitik und Wissenschaft beim Deutschen Angelfischerverband (DAFV). Neben Parasiten, veränderten Meeresströmungen, Verunreinigungen der Meere und fischereilichem Druck sieht der Wissenschaftler vor allem die Gewässerverbauung und den damit verbundenen Verlust an Lebensraum als größtes Problem. Viele Flüsse seien durch Schleusen und Begradigungen für den Aal unzugänglich geworden. Es gibt immer weniger Gebiete, in denen er heranwachsen kann. Auch Wasserkraftwerke seien ein großes Problem, denn in den Turbinen würden Aale regelrecht geschreddert. Eine einzelne Ursache, die hauptsächlich für den schwindenden Aalbestand verantwortlich sei, lasse sich jedoch nicht benennen, so Dorow. Sowohl das CITES-Abkommen als auch die für den Schutz des Aals verabschiedete EU-Verordnung 1100/2007 sollen den Bestand des Europäischen Aals sicherstellen. Die EU-Mitgliedstaaten sind seit 2007 verpflichtet, Aalmanagementpläne für ihre Gewässer zu erstellen. Doch trotz aller Bemühungen hat sich die Population in den zurückliegenden 15 Jahren nicht nennenswert erholt. Mysterium Aal Der Aal, dieser Fisch in Schlangenform, ist noch immer weitgehend unerforscht. Das liegt vor allem an seinem komplexen Lebenszyklus. Von ozeanischer Larve über Glasaal hin zu Gelb- und Blankaal vollzieht das Tier gleich mehrere Metamorphosen. Der Lebensraum wechselt von ozeanisch zu küstennah und kontinental, von Salz- zu Süßwasser und wieder zurück. Kaum ein anderer Fisch nimmt so verschiedene Räume und Lebensstadien für sich in Anspruch. Sowohl das Wanderverhalten als auch die Habitatwahl des Aals in der kontinentalen Lebensphase, in den Flüssen und Brackgewässern, ist unerforscht, ebenso wie ihre Einflüsse auf Wachstum und Gesundheit der Tiere. Offenbar haben Aale sogar individuelle Verhaltensmuster und wechseln zum Teil mehrfach zwischen Süß- und Salzwassergebieten. Auch dann, wenn ihre Wanderung zurück ins Laichgebiet noch nicht bevorsteht. Zum Larvenstadium sind ebenfalls viele Fragen offen. So ist unklar, wie die Nahrungsaufnahme konkret abläuft. Das Füttern der Aallarven ist deshalb ein Kernproblem der kontrollierten Aufzucht. Aal-Aquakultur ist noch immer ausschließlich auf Wildfänge angewiesen. Damit verbunden ist ein kontinuierlicher Fischereidruck auf die Tiere. Illegaler Handel verheerend für den Bestand Doch nicht nur der legale, sondern vor allem der illegale Handel ist eine enorme Belastung für den Bestand des Europäischen Aals. Florian Stein vom DAFV forscht seit Jahren zum Thema und wurde 2022 für seine wissenschaftliche Arbeit von Interpol ausgezeichnet. Steins Erkenntnisse belegten den Schmuggel von in Europa gefangenen Glasaalen nach Asien, und das, obwohl bereits seit 2010 ein Exportverbot für Aal über die EU-Außengrenzen hinweg besteht. Europol bezeichnet den Schmuggel von Glasaalen als eines der verheerendsten und größten Wildtierverbrechen der Gegenwart. Seit den Neunzigerjahren gebe es in Asien einen gewaltigen Anstieg an Aalfarmen, erklärt Stein. Während in europäischen Farmen etwa sechs- bis siebentausend Tonnen Aal pro Jahr herangezogen werden, seien es allein in China mittlerweile rund 250.000 Tonnen und damit 80 bis 90 Prozent der Weltproduktion. Weil die Aalfarmen auf wild gefangene Glasaale angewiesen sind, blüht der illegale Handel mit den Tieren, die oft in Koffern oder Luftfrachtcontainern transportiert werden. „Aale können über die Haut atmen. Wenn sie feucht gehalten und mit viel Sauerstoff transportiert werden, können sie relativ lange außerhalb des Wassers überleben“, erklärt Stein. Der logistische Aufwand sei dennoch enorm. Nichtsdestotrotz lohnt sich der Schmuggel. Der jährliche Betrugswert wird auf zwei bis drei Milliarden Euro geschätzt. Glasaale erreichen Europa vor allem in der Biskaya. An der französischen Atlantikküste werden sie in großem Stil gefischt. Mit rund 100 Tonnen pro Jahr wird etwa ein Viertel der ankommenden Jungtiere aus Europa nach Asien geschmuggelt. 20 bis 30 Tonnen Glasaal werden legal gefangen und an die EU-Staaten als Besatzfisch verteilt. Diese werden entsprechend der europäischen Aalverordnung in nationalen Gewässern ausgesetzt, in denen sie heranwachsen und mit der Geschlechtsreife zurück in die Sargassosee wandern sollen. Wie kann der Europäische Aal besser geschützt werden? Dem Aalbestand in Europa geht es aber auch ohne Schmuggel nicht gut. Wichtige Verbreitungsgebiete wie die Ostsee und deren Zuflüsse bieten immer weniger unverbauten Lebensraum. Zwar konnte mit der Einführung der EU-Aalverordnung der Bestand auf einem niedrigen, aber stabilen Niveau gehalten werden, doch sei er weit davon entfernt, gesund zu sein, erklärte Florian Stein in einem Interview mit dem Fachmagazin Blinker. Die Weltnaturschutzunion IUCN listet den Europäischen Aal seit 2018 als eine vom Aussterben bedrohte Art. Für die Umsetzung der Aalverordnung ist in MV die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei verantwortlich. Sie stellt den Aalbesatz im Land sicher und liefert Daten an die EU. „Der Grundgedanke des Aalmanagements ist ein Schutz durch Nutzung“, erklärt Malte Dorow, der als Projektmitarbeiter für das Aalmanagement im Land zuständig ist. Neben festgesetzten Mindestfangmaßen und Schonzeiten sowohl in der Berufs- als auch in der Angelfischerei sei vor allem der Aalbesatz eine erfolgversprechende Maßnahme für die Stabilisierung des Bestandes. Rund 300 bis 400 Gewässer werden in MV mit jährlich zwei bis drei Millionen Glasaalen besetzt, die vor der französischen Küste im Golf von Biskaya gefangen werden. Voraussetzung für einen EU-geförderten Besatz ist jedoch eine Gewässeranbindung zum Meer, die es den Aalen erlaubt, zurück in ihr Laichgebiet in der Sargassosee zu wandern. Fischerinnen und Anglerinnen engagieren sich oft für die Umsetzung der Schutzmaßnahmen. Fangverbot für Anglerinnen, verlängerte Schonzeit für Berufsfischerinnen Auf europäischer Ebene beschäftigt sich der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) in der Arbeitsgruppe Aal mit der Bestandsentwicklung des Europäischen Aals und den zu seinem Schutz eingeführten Maßnahmen. Auf Grundlage der erhobenen Daten tritt nun eine europaweite Fangregulierung in Kraft, die vor allem Berufsfischereibetriebe und Anglerinnen in die Pflicht nimmt. Viele andere Faktoren, die ebenfalls für den schlechten Zustand des Aalbestandes verantwortlich sein können, bleiben unberührt. Schon die EU-Aalverordnung von 2007 hält mit Verweis auf den ICES fest, dass „die Nutzung und sonstige Eingriffe des Menschen, die sich auf die Fischerei oder den Bestand auswirken, so weit wie möglich zu reduzieren“ seien. Zugleich heißt es in der Verordnung, dass Entscheidungen zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung des Aalbestandes „so ortsnah wie möglich getroffen werden [sollten]. Vorrang sollten Maßnahmen der Mitgliedstaaten haben, die zu diesem Zweck auf die regionalen und lokalen Bedingungen abgestimmte Aalbewirtschaftungspläne erstellen.“ Die nun auf europäischer Ebene beschlossenen Fangregularien übergehen die in der Aalverordnung genehmigten Managementpläne und richten sich einseitig gegen Fischerinnen und Anglerinnen, die in Besatz und Schutz des Bestandes eingebunden sind. Aus Sicht des Artenschutzes ist das beschlossene Fangverbot des Europäischen Aals und die verlängerte Schonzeit zielführend. Allerdings mit negativen wirtschaftlichen Folgen für die Berufsfischerei und die Akteure, die für eine Weiterentwicklung des Aalmanagements notwendig sind. In MV nahm der Aalbestand zuletzt wieder zu Für viele Fischereibetriebe an norddeutschen Binnengewässern ist der Aal von großer wirtschaftlicher Bedeutung. 2019 fing die deutsche Berufsfischerei nach ICES-Angaben 209 Tonnen Aal, davon 35,4 Tonnen in MV. Auf Anglerinnen entfiel im gleichen Jahr bundesweit eine Fangmenge von 276 Tonnen. Dabei handelt es sich um Hochrechnungen auf Basis verschiedener Studien zum Anteil der Aalanglerinnen und Angelerfolge. Der Besatz von Glasaalen, der in erster Linie die Wanderung der Blankaale in die Sargassosee sicherstellen soll, ist nach Einschätzung Florian Steins dennoch ausreichend groß, um sowohl Berufs- als auch Freizeitfischerei weiter zu ermöglichen. Gerade vor den Küstengewässern Mecklenburg-Vorpommerns vermeldet die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei eine Erholung des Gelbaalbestandes innerhalb der letzten Jahre. Sie führt dies auf eine vermehrte natürliche Einwanderung von Jungaalen in die Region zurück. Seit 2009 überwacht die Landesanstalt die Aalbestandsdichte in der heimischen Küstenregion. Bis 2020 habe sich der Bestand in den Gebieten Wismarer Bucht/Salzhaff, Greifswalder Bodden, Peenestrom/Achterwasser sowie Stettiner Haff signifikant erhöht. Auch in den Bodden um Fischland-Darß und im Strelasund sei ein Aufwärtstrend zu verzeichnen. Lediglich nordöstlich von Rügen und Usedom nahm die Gelbaaldichte im Untersuchungszeitraum ab. „Der Aalbestand ist bei uns, aber wohl auch an der kompletten Küste MVs, besser geworden. Das betrifft sowohl das Gewicht als auch die Anzahl der Fische“, bestätigt der Ummanzer Fischer Henry Diedrich die Ergebnisse der Landesforschungsanstalt. Sein Fangrevier sind die Boddengewässer westlich von Rügen. „Das muss natürlich vorsichtig betrachtet werden, weil ich nicht weiß, wie es in anderen Regionen der Ostsee aussieht.“ Nichtsdestotrotz kann der Aalbestand in MV nicht losgelöst von der Gesamtpopulation betrachtet werden, die sich weiter auf einem historischen Tief befindet. Die Schutzmaßnahmen der europäischen Aalverordnung greifen, aber sie reichen nicht aus. Noch immer sind Besatzmaßnahmen ein zentrales Mittel des Aalmanagements. Interessenvertreterinnen reagieren mit Unverständnis Der Deutsche Angelfischerverband zeigte sich bereits Ende 2022 irritiert über das angekündigte Aalfangverbot in der Freizeitfischerei und verweist auf die EU-Aalverordnung als bindendes Instrument für das europäische Aalmanagement. Die darin festgehaltenen zentralen Schutzmaßnahmen seien nur durch das ehrenamtliche Engagement zahlreicher Anglerinnen umsetzbar. Auch die verlängerte Aalschonzeit von drei auf sechs Monate habe vor allem sozioökonomische Folgen für die strukturschwachen Küstenregionen Dänemarks, Schwedens und Deutschlands und stehe im Widerspruch zu den nachhaltigen Nutzungszielen der Aalmanagementpläne. Die ohnehin schon unter massivem Druck stehende kleine Küstenfischerei habe mit der verlängerten Aalschonzeit direkte gewerbliche Auswirkungen hinzunehmen, erklärt Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD). Die Ausweitung der Schonzeit auf sechs Monate könnte das Ende der Aalfischerei bedeuten, argumentiert der DAFV. Insgesamt seien die im Rahmen der EU-Quotenregelungen zusätzlich beschlossenen Aalschutzmaßnahmen nicht verhältnismäßig, weil sie lediglich eine geringe Wirkung erwarten ließen. „Es ist wissenschaftlich belegt, dass Habitatverluste durch Gewässerverbauung einen sehr viel größeren Einfluss auf den Bestandsrückgang haben als die Nutzung durch Angler“, erklärt Klaus-Dieter Mau, Präsident des DAFV. Landwirtschaftsminister Backhaus betrachtet das Verbot der Freizeitfischerei auf Aal ebenfalls kritisch und verweist auf die leichte Bestandsverbesserung im Küstenbereich. Die festgelegten Fangregularien seien ein Kompromiss zulasten einer Gruppe, die sich seit Jahren intensiv um den Aal bemühe. „Hier sind viele Menschen ehrenamtlich hoch engagiert“, betont Backhaus. Auch die Fischer und Fischerinnen zeigen sich verwundert. „Die bisherige dreimonatige Schonzeit wurde erst im letzten Jahr um einen Monat verschoben. Dadurch haben wir Fischer den Oktober, der ein guter Monat für den Aalfang ist, verloren“, sagt Henry Diedrich. „Wir sind sehr erstaunt, dass mit der Verlängerung der Schonzeit auf sechs Monate direkt ein Nachschlag folgt, ohne dass die vorherigen Maßnahmen auf wissenschaftlicher Basis ausgewertet wurden.“ Für den Fischer wirkt die verlängerte Schonzeit willkürlich. Ihm fehle ein Werben seitens der EU und der Wissenschaft für getroffene Beschlüsse. „Es wird nichts erklärt. Wir müssen jede Entscheidung hinnehmen. So entsteht natürlich Frust.“ Diedrich verweist auch auf die komplexe, sich verändernde Natur. Es gebe viele Faktoren, die auf ein Gewässer und alles Leben darin Einfluss nehmen. „In den letzten Jahren hat sich der Aalbestand bei mir in allen Größen gleichzeitig erholt. Das finde ich kurios, weil der Aal eine lange Wachstumsphase hat. Wenn die großen Aale jetzt da sind, dann müssen sie früher woanders gewesen sein. Vielleicht wurden sie verdrängt oder finden hier das Revier besser.“ Malte Dorow von der Landesforschungsanstalt erklärt den für Diedrich überraschenden Zuwachs an Blankaalen durch eine Abwanderung aus dem Binnenland oder den Küstenregionen benachbarter Ostseeanrainer wie Polen – „aus welchen Gewässern die Blankaale kommen, lässt sich jedoch nicht genau bestimmen“. Auch der DAFV erkennt die Bedeutung des Lebensraums. Statt eines Aalfangverbots spricht er sich jedoch für eine deutliche Verbesserung der Aalhabitate und dabei vorrangig für zugängliche Wanderkorridore im Binnenland aus. Eine Nachtabschaltung von Wasserkraftanlagen in den Wandermonaten September bis Januar (Blankaale) und April bis Juni (Gelbaale) sei eine wirksamere Schutzmaßnahme. Zugleich würde sie der Artenvielfalt in den Fließgewässern gemäß der europäischen Wasserrahmenrichtlinie dienen. „Die Mortalität durch Wasserkraftturbinen schadet nicht nur dem Aal, sondern ist eine ernsthafte Gefahr für den Schutz aller heimischen Wanderfischarten. Mit einem wissenschaftsbasierten Turbinenmanagement zu den Hauptabwanderungszeiten, gepaart mit einem längst überfälligen europäischen Kormoranmanagement, ließe sich aus unserer Sicht die größtmögliche Schutzwirkung für Aal und Co. erzielen“, so DAFV-Präsident Mau. Aales halb so schlimm? „Die Binnen- und Küstenfischerei hat in den letzten Jahren bereits viel für den Schutz des Aals unternommen“, erklärt Fischer Diedrich. Der laichbereite Blankaal werde gar nicht mehr gezielt gefangen. So will es auch die EU-Aalverordnung, die in erster Linie den Blankaal schützen soll, damit er zurück in die Sargassosee ziehen kann. „Allein die Umstellung auf andere Fanggeräte und kleinere Reusen hat eine große Schutzwirkung.“ Die nun verschärften Regeln des Aalfangs über die EU-Aalverordnung hinaus sorgen für Spekulationen, ob ein europaweites, vollständiges Fangverbot folgt. Bereits im vergangenen Jahr hatte ein ICES-Gutachten empfohlen, sämtliche Aalfänge einzustellen. Dies umfasse nicht nur die Berufs- und Freizeitfischerei auf ausgewachsene Tiere, sondern auch die Glasaalfänge in der Biskaya, die für Besatzmaßnahmen und die Aufzucht in Aquakulturen notwendig sind. Das Gutachten benennt auch die Wiederherstellung und Vernetzung der Aallebensräume als Ziel. Für das Jahr 2023 sei eine Schließung der Aalfischerei zu kurzfristig und aus EU-rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen, urteilt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Gleichzeitig sei der aktuelle Beschluss ein starkes Signal, das einen noch strengeren Schutz im kommenden Jahr erwarten lasse. Sollte ein komplettes Fangverbot kommen, erwartet Florian Stein vom DAFV vor allem eine Verschärfung des Aalschmuggels. Der illegale Handel mit Glasaal sei viel zu lukrativ, als dass er sich von einem Fangverbot verhindern ließe. Ein generelles Fangverbot würde die Wilderei weiter stärken, weil ohne legale Fischerei jegliche Kontrolle verlorenginge, argumentiert Stein. „Kein EU-Mitgliedstaat hat die erforderlichen polizeilichen Kapazitäten, sämtliche Fanggebiete entlang der großen Flussmündungen zu überwachen“, fügt DAFV-Präsident Mau hinzu. Für Stein ist eine Bestandserholung nur möglich, wenn ein ganzheitlicher Lösungsansatz verfolgt wird: Interessengruppen aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Wirtschaft müssen gemeinsam handeln. Dieser Artikel erschien in Ausgabe 16 von KATAPULT MV.  Hinweis: Die vom ICES erhobenen Fangzahlen der Berufs- und Freizeitfischerei in Deutschland wurden ergänzt. In einer früheren Version des Texten stand, dass Anglerinnen in Deutschland 2019 „geschätzt 15 Tonnen“ Aal fingen. Diese Angabe ist falsch. Aktualisierung: Anfang März 2023 legte das Bundesagrarministerium in Abstimmung mit den Küsten-Bundesländern die von der EU geforderte Verlängerung der Schonzeit fest. Demnach gilt vom 15. September 2023 bis 14. März 2024 ein umfassendes Aalfangverbot für die deutsche Berufsfischerei in der Nord- und Ostsee. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!