Eine Petition gegen die Schließung von Geburtsstationen hat 108.000 Unterschriften gesammelt. Darüber informierte das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg in der vergangenen Woche. Die Petition richtet sich gegen die Festsetzung zu hoher Fallzahlen durch den sogenannten Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Damit erreichte die Einreicherin, die Vorsitzende der Neubrandenburger Mitarbeitervertretung Renate Krajewski, dass sich der Petitionsausschuss des Bundestages damit befasst. Dort müssen alle öffentlich angehört werden, deren Petition mindestens 50.000 Unterstützer:innen vorweisen. Behandlungsverbot wegen zu geringer Fallzahl Wie das Klinikum Neubrandenburg auf Nachfrage mitteilte, sei Krajewski derzeit bezüglich eines Anhörungstermins im Gespräch mit dem Ausschuss. Die Anhörung solle aber „so schnell wie möglich stattfinden, voraussichtlich im Februar“. Denn das Behandlungsverbot des Klinikums für die kleinsten Frühchen mit einem Geburtsgewicht unter 1.250 Gramm gilt bereits seit dem 1. Januar. Das Klinikum Neubrandenburg darf solche Fälle nicht mehr annehmen, nachdem der G-BA bereits Ende 2020 eine Hochsetzung der Fallzahlen beschloss. Demnach können nur noch jene Kliniken Frühgeborene mit so geringem Geburtsgewicht versorgen, die im Jahr mindestens 25 Fälle betreuen. Bisher lag die Mindestfallzahl bei 14. Die Schwelle von 25 Behandlungen gilt ab 2024. Seit dem 1. Januar greift eine Übergangsregelung, die eine Mindestzahl von 20 vorschreibt. Behandlungsqualität als Entscheidungskriterium Der G-BA begründet die Hochsetzung der Fallzahl mit Überlegungen zur Qualität der medizinischen Leistung. Die neu festgelegte Mindestzahl sei „im Interesse der Behandlungssicherheit erforderlich“. Nur so könne die notwendige Erfahrung des Behandlungsteams auch vor dem Hintergrund möglicher Komplikationen sichergestellt werden. Krajewski schreibt in der Petition, dass die Erhöhung der Fallzahl für mehr Qualität nicht die richtige Schlussfolgerung sei. Vielmehr müssten die Standorte mit wenigen Fällen „qualitativ besser aufgestellt“ werden, sodass die Stationen nicht nur „besser vorbereitet“ seien, sondern auch entsprechend „gute Behandlungsergebnisse erzielen“ könnten. Durch die Hochsetzung müssen sogenannte Level-1-Perinatalzentren schließen. Diese bieten den höchsten Grad an medizinischer Versorgung für Frühgeborene und kranke Neugeborene. Dagegen habe die Politik versprochen, eine flächendeckende Klinikinfrastruktur zu gewährleisten. Ausnahmegenehmigung abgelehnt Die Neubrandenburger Klinik versorgte 2022 insgesamt zehn Frühchen mit einem geringen Geburtsgewicht. Die Versorgung war auch unter der alten Fallzahlregelung eigentlich nicht vorgesehen, es hätten bereits Ausnahmeregelungen des Landes gegolten, so das Klinikum. Allerdings sei die Mindestzahl erst seit Beginn der Corona-Pandemie unterschritten worden. So seien etwa im Jahr 2018 18 Level-1-Frühchen versorgt worden und 2019 sogar 20. Für 2023 sei aufgrund der zu niedrigen Fallzahl eine Ausnahmegenehmigung zur Behandlung beantragt worden. Diese wurde von den Krankenkassen jedoch abgelehnt. Politik soll sich damit beschäftigen Nun richten sich die Augen also auf die Petition und die bald stattfindende Anhörung im Petitionsausschuss. Mit Blick auf die neuen Mindestfallzahlen scheint sich das Klinikum Neubrandenburg jedoch keine Illusionen zu machen. Die Chance, dass sich daran noch etwas ändere, sei gering, heißt es. Aber zumindest zwinge die Petition die Politik dazu, „sich erneut mit dem Thema zu beschäftigen“. Das Krankenhaus fordert, dass solche Regelungen „die Besonderheiten des ländlichen Raums berücksichtigen“ sollten. Es gehe darum, „gleichwertige Lebensverhältnisse für die Menschen“ zu schaffen. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!