Es ist ein ganz eigener Geruch, den eine Zuckerrübe hat, wenn sie gehäckselt, gekocht und weiter zu Dicksaft und Weißzucker verarbeitet wird. Den Anklamer:innen ist der Geruch mehr als bekannt. Zwischen September und Ende Januar liegt er während der Verarbeitung über der ganzen Stadt. Diesmal sogar noch länger! Dauerte die Produktion im letzten Jahr bis zum 19. Januar, wird sie dieses Jahr nach Angaben von Sprecherin Birte Noll wohl noch bis in die nächste Woche andauern. Rund 340 Landwirtschaftsbetriebe aus Vorpommern über Rostock bis in die Uckermark im Süden liefern ihre angebauten Rüben in der Kampagnenzeit in die Fabrik, MVs einzige, die Zuckerrüben verarbeitet. Waschanlage für die Rüben. (Foto: M. Rust) Der Weg der Rübe Auf dem Gelände der Zuckerfabrik werden sie auf dem Hof abgeladen und anschließend nach und nach auf ein Förderband gebracht. Nach dem Waschen werden die Rüben gehäckselt und aufgekocht, sodass Dünn- und Dicksaft entstehen. Sie werden dann zu Weißzucker, Bioethanol, Biomethan oder Futtermittel weiterverarbeitet. Im Jahr 2020 hat die mittlerweile 139 Jahre alte Fabrik angefangen, ihre Produktion noch zu erweitern: Von einer Verarbeitungskapazität von etwa 12.000 Tonnen Rüben pro Tag zu rund 13.000 Tonnen. Langfristiges Ziel sind 16.000 Tonnen. Durch die vielen Rüben, die in dieser Saison angeliefert wurden, konnte das auch weitgehend erreicht werden. Die Fabrik rechnet mit insgesamt etwa 1,8 Millionen Tonnen Rüben in dieser Saison. Nach dem Waschen werden die Rüben gehäckselt. (Foto: M. Rust) Trotz Corona gab es bisher kaum Verzögerungen im Betriebsablauf. Die gab es eher wegen Lieferverzögerungen bei Reparaturarbeiten, erzählt Noll. Auch ein Brand in der Anlage Anfang des Jahres ließ die Fabrik gut drei Tage stillstehen. Nach Unternehmensangaben war die Ursache ein technischer Defekt in der Pelletanlage, auf der die Rübenschnitzel zur Weiterverwendung getrocknet werden. Das Feuer sei nicht großflächig gewesen, so Noll, aber eben mitten in der Anlage. Jetzt funktioniert alles wieder. Rüben qualitativ gut Der Zuckergehalt der Rüben lag zu Beginn der Kampagne im September 2021 bei 16,2 Prozent. Normal sind zwischen 16 und 17 Prozent. Sehr gut sind über 18 Prozent. Der Gehalt kann sich im Laufe der Kampagne noch gesteigert haben. Je nach Zahl der Sonnenstunden, als die Rüben noch auf den Feldern lagen. Bei dem regnerischen Wetter derzeit würden sie aber nicht unbedingt besser, sagt Birte Noll. Sie verwässern, und damit auch der Zuckergehalt. Die genaue Bilanz zieht die Fabrik aber erst am Ende, wenn alle angelieferten Rüben verarbeitet worden sind. Ist die Kampagne beendet, werden die Maschinen erst einmal gereinigt und gegebenenfalls repariert, bis im April die sogenannte Dicksaftkampagne beginnt. Aus dem jetzt produzierten Saft werden dann noch einmal bis zu 130.000 Tonnen Weißzucker gewonnen. Aber nicht nur auf die Produktion, sondern auch auf die Verbesserung ihrer Anlagen will sich die Fabrik dieses Jahr konzentrieren. Noch lagern gut 100.000 Tonnen Zuckerrüben auf dem Gelände der Fabrik. (Foto: M. Rust) Mehr Umweltprojekte nach Ethanolunfall Deshalb geht die Zuckerfabrik in diesem Jahr die Umsetzung einiger Umweltprojekte an. Nach einem Unfall mit Ethanol vor knapp sechs Jahren, bei dem vom Gelände große Mengen Alkohol in die Peene gelaufen waren und ein massenhaftes Fischsterben ausgelöst hatten, gründete das Unternehmen einen Umwelt- und Öffentlichkeitsbeirat. Damit will die Fabrik neben Erweiterungsplänen mehr Transparenz nach außen zeigen und auch verstärkt umweltfreundlichere Maßnahmen umsetzen. Zum Beispiel soll die von den Rüben gewaschene Erde schneller gereinigt werden, um sie wieder auf die Felder zu bringen. Bisher lagert sie noch mehrere Monate in sieben großen Teichen, bis sich die Rückstände der Rüben abgesetzt haben. Das führt zu einer längeren Geruchsbelästigung der Anwohner:innen. Auch soll die gesamte Abwasserbehandlungsanlage in diesem Jahr weiter optimiert werden, heißt es. Ebenfalls um den dabei austretenden Geruch zu mindern. Wie bereits erwähnt, gibt es aber auch Erweiterungspläne: So laufen die Vorbereitungen, um im kommenden Jahr erstmals großflächig Biorüben in der Zuckerfabrik zu verarbeiten. Und in den kommenden Jahren soll die Kapazität nochmals erhöht werden. Ziel sind 1,9 Millionen Tonnen Rüben, sodass während einer Kampagne mehr als 200.000 Tonnen Weißzucker produziert werden können. Damit will sich die Fabrik eigenen Aussagen zufolge wettbewerbsfähig halten, nachdem es weltweit keine Begrenzung der verkauften Zuckermenge mehr gibt. Bis dahin wird aber noch ein paar Tage angeliefert, gewaschen, gehäckselt und verarbeitet, um die diesjährige Kampagne abzuschließen. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!