Eigentlich soll morgen im Landtag über einen Untersuchungsausschuss zu den Unikliniken Rostock und Greifswald entschieden werden. Wie von KATAPULT MV berichtet, hatten diesen die Oppositionsparteien CDU, FDP und Grüne gefordert. Wissenschaftsministerin Bettina Martin (SPD) schuf nun bereits gestern erste Tatsachen. Überraschend kündigte sie die Entlassung des bisherigen Aufsichtsratschefs der Unikliniken, Mathias Brodkorb (SPD), an. Brodkorb hatte nach dem Rücktritt als Landesfinanzminister im Oktober 2019 die Position an den Unikliniken übernommen. Nun muss er seinen Posten räumen. Die Entscheidung Martins steht im Zusammenhang mit den auch in den vergangenen Monaten andauernden Diskussionen und Problemen an der Universitätsmedizin Rostock. Dazu gehört unter anderem die Freistellung des Vorstandschefs Christian Schmidt im Sommer 2021, aber auch ein Brandbrief, der im August 2021 an die Landesregierung geschickt wurde. In diesem prangerten leitende Ärzt:innen des Krankenhauses die Zustände vor Ort an, wiesen auf erhebliche Versorgungsprobleme hin. CDU: Entlassung „purer Aktionismus“ Warum Brodkorb nun eilig entlassen wurde, dazu äußerte sich Martin nicht. Doch laut DPA-Informationen habe er wohl „die Zielvorgaben [...] nicht erreichen können“. Brodkorb soll außerdem eigenmächtig gehandelt, sich ins Alltagsgeschäft eingemischt und einen Sparkurs an der Uniklinik Rostock durchgesetzt haben. Zuletzt war er außerdem durch einen Artikel im „Cicero“ medial aufgefallen. Diesen hatte Brodkorb im Nachgang einer digitalen Veranstaltung des Lesbenverbands verfasst, an der er unter dem Pseudonym „Uschi“ teilgenommen hatte. Das Magazin wurde aufgrund dessen vom Deutschen Presserat abgemahnt. Für die CDU stellt die Entlassung Brodkorbs „puren Aktionismus“ dar. „Den Sanierer Brodkorb erst mit ministeriellen Vollmachten auszustatten und ihn dann als Bauernopfer zu präsentieren, werden wir der Ministerin nicht durchgehen lassen“, kritisiert der CDU-Fraktionsvorsitzende Franz-Robert Liskow gegenüber KATAPULT MV. Dass die Kündigung Brodkorbs kurz vor dem Einsetzen des Untersuchungsausschusses erfolgte, wirft auch für die FDP Fragen auf. „Dass nun so kurzfristig und offensichtlich unter unklaren Umständen eine Abberufung vorgenommen wurde“, passe jedoch in das zerrüttete Verhältnis zwischen Landesregierung und den Unikliniken in Greifswald und Rostock, kommentiert die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Barbara Becker-Hornickel. Das Wissenschaftsministerium teilte zur Entlassung Brodkorbs mit, dass man bereits „seit längerem zu einer Vertragsauflösung im Gespräch gewesen“ sei. Man habe sich einvernehmlich trennen wollen. Für die vorzeitige Auflösung seines Vertrages bekommt Brodkorb eine Abfindung in sechsstelliger Höhe. Dass Brodkorb ein Bauernopfer darstelle oder diese Personalentscheidung in Verbindung mit dem Untersuchungsausschuss stehe, verneint Martin. Dass sich nicht nur an Brodkorb Kritik entzündet, sondern auch am Handeln von Ministerin Martin, daran lassen die Oppositionsparteien keinen Zweifel. Offensichtlich habe sich die Ministerin „nie richtig für das Universitätsklinikum Rostock interessiert“, so Liskow. Außerdem habe Martin die Dinge einerseits viel zu lange laufen lassen. Andererseits sei vonseiten des Ministeriums bis jetzt nicht zur Aufklärung der Missstände beigetragen worden. Dafür soll nun der parlamentarische Untersuchungsausschuss sorgen. Nachfolger steht schon fest Für die nun vakante Stelle des Aufsichtsratsvorsitzenden der beiden Unikliniken hat die Wissenschaftsministerin bereits einen Nachfolger gefunden. Die Position soll der ehemalige Präsident des Landesrechnungshofes, Tilmann Schweisfurth, übernehmen. In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz wurde Schweisfurth heute vorgestellt. Sie halte ihn für hervorragend geeignet, äußerte sich Martin. Er wolle seinen „Teil dazu beitragen, die Unimedizinen aus den Turbulenzen zu führen“, so Schweisfurth. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!