Für insgesamt 1,9 Millionen Euro sind am Stralsunder Helios-Klinikum neue Räume für den Maßregelvollzug entstanden. Klinik und Landesregierung haben dafür eine alte Villa auf dem Gelände sanieren lassen, aus Landesförder- und Eigenmitteln. Nach fast 30 Jahren Nutzung war das auch nötig, stellte zuletzt Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) bei einem Besuch vor knapp drei Jahren fest. Das Gebäude dient der forensischen Nachsorge. In ihm sind eine Wohngruppe und eine Institutsambulanz untergebracht. Patient:innen mit therapeutischen Fortschritten werden dort auf die Entlassung aus dem Maßregelvollzug vorbereitet.
„Die Wohngruppe soll die Patienten perspektivisch auf ein Leben außerhalb der Klinik vorbereiten – je nach Entwicklung in einem stationär betreuten Wohnen oder in eigener Wohnung“, sagte Chefärztin Anja Westendarp zur Einweihung am 22. Oktober. Drei forensische Kliniken für den Maßregelvollzug Stralsund ist eine von drei forensischen Einrichtungen im Land, die anderen befinden sich in Ueckermünde und Rostock. Alle drei werden von Chefärztinnen geleitet. Auch die Pflegedienstleitung ist in zwei von drei Fällen weiblich. In diesen Einrichtungen werden straffällig gewordene Menschen untergebracht, deren Taten im Zusammenhang mit schweren psychischen Erkrankungen, wie Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen, oder einer Suchtproblematik stehen. Sie werden als schuldunfähige oder vermindert schuldfähige Täter:innen im Maßregelvollzug betreut. Nach Angaben der Kliniken sind das aktuell insgesamt 219 Patient:innen, davon 72 wegen einer schweren Suchterkrankung. Der Großteil sind Männer. Hauptdelikte seien schwere Gewalttaten, Sexualverbrechen und Brandstiftung.  90-prozentige Auslastung psychiatrischer Einrichtungen Aus der aktuellen Krankenhausstudie der Landesregierung geht hervor, dass Psychiatrien und Psychotherapien zu 90 Prozent ausgelastet sind. Der Bedarf an teilstationären und stationären Behandlungen wachse. Einen Rückstand gebe es laut Bericht zudem in der Ausbildung von Fachpersonal. Eine genauso hohe Auslastung geben auch die forensischen Kliniken an. Man verfüge aber noch über ausreichend Kapazitäten, während andere Bundesländer zum Teil Überbelegungen beklagten. Problematisch sei der wachsende Fachkräftemangel. Alle drei Einrichtungen suchen händeringend engagierte Pflegedienstmitarbeiter:innen. Das Land als Kostenträger müsse auch die Finanzierung an den aktuellen Personalbedarf anpassen, damit restriktive Maßnahmen, wie Nachteinschlüsse, vermieden werden könnten. Die seien nur nötig, weil eine umfangreiche nächtliche Betreuung zu viel Personal in Anspruch nehme. Zu wenig Personal für die besonderen Fälle Mehr Fachkräfte würden zudem die Betreuungsqualität weiter verbessern und die Unterbringungsdauer verkürzen. Ramona Strohm, Chefärztin der Forensischen Klinik in Ueckermünde, ist seit über 20 Jahren in diesem Bereich tätig. Für sie ist es ein spannendes Aufgabenfeld; sie hat sich damals für den Beruf entschieden, weil er eine besondere Herausforderung sei. Man müsse solche zeitlich unbefristeten freiheitseinschränkenden Unterbringungsmaßnahmen immer neu durchdenken und bewerten. Denn natürlich gehe es zu einen darum, für die Sicherheit der Allgemeinheit zu sorgen. Mit einer professionellen Therapie und Betreuung soll der Maßregelvollzug aber auch für diejenigen Menschen mit besonders schwierigen Entwicklungen und Störungen, die „durch alle sozialen Netze gefallen sind“, eine Chance auf ein möglichst selbstbestimmtes Leben in Freiheit bieten. Um das zu erreichen, müsse es aber langfristig eine ausreichende und vor allem gute Betreuung geben.  Dieser Artikel erschien in Ausgabe 2 von KATAPULT MV. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!