Ende Januar wurde die Schafherde von Landwirtin Dörte Wolfgramm-Stühmeyer, die auf dem Deponieberg vor Greifswald weidet, zweimal von einem Wolf angegriffen. Das hat nun eine Rissgutachterin bestätigt, erzählt die Landwirtin gegenüber KATAPULT MV. Bei den Angriffen wurden mehrere Tiere getötet oder verletzt. Ein tragendes Schaf hat heute verlammt. Die Landwirtin hat die anderen Tiere vorerst in Ställen untergebracht. Für die getöteten Tiere bekommt sie eine Entschädigung vom Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt. In den kommenden Wochen soll die Umzäunung der Weidefläche noch einmal geprüft und gesichert werden. Da die Deponie Stadteigentum ist, muss diese das übernehmen. Für die anderen, eigenen Weideflächen von Dörte Wolfgramm-Stühmeyer ist sowieso derzeit ein Wolfschutzzaun in Planung. „Die zunehmende Besiedlung unserer Gegend durch den streng geschützten Wolf stellt uns vor Herausforderungen, die wir zusammen mit den Landesbehörden kontinuierlich angehen müssen“, sagt Greifswalds Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) in einer Pressemitteilung. Die regionalen Medien wählen derweil drastische Worte: „Es war ein großes Massaker“, „Erstmals eine Schafherde von einem oder mehreren Wölfen angegriffen“ und „Müssen Greifswalder Angst haben?“. Aber wie viel Gefahr besteht nun wirklich? Speiseplan des Wolfs Der Wolf war einst in ganz Europa verbreitet, wurde aber vom Menschen beinahe ausgerottet. Durch strenge Schutzmaßnahmen konnte er sich langsam wieder ausbreiten und ist mittlerweile in fast allen Bundesländern heimisch. Obwohl die Bestände wieder zunehmen, ist der Vorfahre unserer Haushunde weiterhin gefährdet. Besonders in dicht besiedelten Gebieten werden seine ausgedehnten Reviere vom Menschen beschnitten. Der Konflikt mit Nutztierhalter:innen führt außerdem immer wieder dazu, dass Wölfe vorschnell geschossen werden. Abhängig von der Jahreszeit stehen unterschiedliche Dinge auf dem Speiseplan des Wolfs. Um ihn genauer zu bestimmen, hat das Senckenberg-Forschungsinstitut in Görlitz zehn Jahre lang Kotproben analysiert. Wilde Huftiere sind demnach mit 96 Prozent die Hauptnahrungsquelle. Dazu zählen vor allem Rehe, Rothirsche und Wildschweine. Mit 3 Prozent sind Hasen schon sehr seltene Beute, aber immer noch deutlich häufiger als Nutztiere: Schafe und andere Weidetiere machen weniger als ein Prozent der Wolfsnahrung aus. In seltenen Fällen fressen Wölfe auch kleinere Säugetiere, Vögel, Fische oder sogar Obst. Die Wölfe bei Greifswald Laut Greifswalds Stadtförster Bent Knoll lebt ein Rudel Wölfe westlich von Greifswald, rund um Jarmshagen, Jeser und Gristow. Dazu kommen auch mal einzelne Tiere. Denn ein Rudel besteht aus den Elterntieren und dem Nachwuchs der letzten zwei Jahre. Nachkommen, die älter als drei Jahre sind, werden aus dem Rudel verstoßen. Diese Tiere streunen dann vereinzelt umher auf der Suche nach einem neuen Revier. So eine Zeit sei jetzt gerade, so Dörte Wolfgramm-Stühmeyer. Ihrer Meinung nach sollte man keine Angst vor ihnen haben und erst recht keine Panik machen. Man müsse mit dem Wolf leben lernen, sagt sie, aber um die Ausbreitung des Wolfes besser nachvollziehen zu können, sollte man ihn besser im Blick haben. Beispielsweise werden laut der Rissgutachterin kaum Sichtungen gemeldet, obwohl viele Menschen davon berichten. Hätte man eine bessere Datengrundlage, könnte man möglicherweise bessere Lösungsansätze finden. Bis dahin gilt: Ja, Nutztiere sollten gut gesichert werden, mit Zäunen und Untergrabschutzvorrichtungen oder Hütehunden. Zu Menschen haben Wölfe aber bislang keinen direkten Kontakt gesucht. Für sie fehle ihnen das Interesse, sagt Stadtförster Knoll. In Deutschland wurde seit 2002 kein Angriff auf einen Menschen verzeichnet. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!