Zum ersten Mal seit über zehn Jahren empfängt Männerfußball-Zweitligist FC Hansa Rostock am Samstagabend den FC St. Pauli zu einem Heimspiel. Das Nordderby gilt als Hochrisikospiel, die Polizei rechnet mit Ausschreitungen. Und das nicht nur aufgrund der rivalisierenden Fanszenen der Vereine. Ausverkauftes Stadion am Abend Mit 24.770 Zuschauenden ist das Ostseestadion am Samstag das erste Mal nach Monaten pandemiebedingter Obergrenzen ausverkauft. Es werden 2.300 Paulifans erwartet. Außerdem ist der Anstoß erst um 20.30 Uhr. Aufgrund der Brisanz der Begegnung solle diese zur Prime Time im Fernsehen übertragen werden, sagt der Leiter der Rostocker Polizeiinspektion, Achim Segebarth. Doch Abendspiele gelten als besonders riskant: Sieben der 17 Heimspiele des FC Hansa in der vergangenen Saison wurden als Risiko-, fünf als Problemspiele eingestuft. Vier der fünf ausgetragenen Risikoheimspiele waren Abendspiele. Ziel: Randalemeister werden Bei Fehlverhalten von Fans in Stadien erhalten die Vereine mitunter Strafen. Einer Studie der Universität Rostock zufolge haben diese allerdings keinerlei Auswirkungen. Weder auf die Fans noch auf die Vereine: Sowohl die Zahl der am häufigsten bestraften Arten von Fehlverhalten als auch die Höhe der Strafzahlungen pro Saison sowie die Anzahl der bestraften Spiele werden von den Strafen beeinflusst. Im Gegenteil: Fanbestrafung könne sogar Anreize für mehr Fehlverhalten liefern, anstatt künftiges zu unterbinden, sagt Philipp Winskowski, der für seine Doktorarbeit am Institut für Betriebswirtschaftslehre mehr als 1.000 Strafen analysierte und 27 Personen aus Fanszene, Verbänden und Vereinen interviewte. „Einige Fans haben sogar das Ziel, Randalemeister zu werden“, sagt der Betriebswirt. Gebrauch von Pyrotechnik Bei den analysierten Vergehen handele es sich überwiegend um den Gebrauch von Pyrotechnik im Fußballstadion. Bei diesem Thema stünden sich Fans und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) unversöhnlich gegenüber: Die Fanszene werde nicht auf Pyrotechnik verzichten, der Verband halte ein Verbot für nicht verhandelbar. Die Vereine stünden zwischen den Stühlen und würden mit den Fans Kompromisse über den Einsatz aushandeln. Das aktuelle System der Bestrafung erreicht sein Ziel der Verhaltensänderung in der gewünschten Form nicht und sollte generell hinterfragt werden. hilipp Winskowski, Fazit zu den Auswirkungen von Fanbestrafung Das Fanverhalten außerhalb des Stadions sei nicht Thema seiner Forschung gewesen, sagt Winskowski. Doch insbesondere dieses Verhalten ist bei Fanszenen und Ultra-Gruppierungen mitunter bedenklich: Im Vergangenen Jahr haben Hansafans nach dem Aufstieg in die zweite Liga das Rostocker Leichtathletikstadion und die gesamte Hansestadt verwüstet. Und erst Anfang der Woche wurde ein Friedensgraffiti am Peter-Weiss-Haus mit FCH-Parolen übermalt. Winskowski selbst ist Dynamo-Dresden-Fan. Ähnlich wie Hansa Rostock hat der Club mit auffälligem Fanverhalten zu kämpfen. „Ich mache nicht umsonst diese Forschung“, sagt er. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!