Wie KATAPULT MV berichtete, hat das Land den angeschlagenen Werften am 23. Dezember die Zahlung eines Darlehens über umgerechnet 78 Millionen Euro bewilligt, um das im Bau befindliche Kreuzfahrtschiff „Global 1“ fertigzustellen. Die Zusage des Finanzausschusses war unter der Bedingung erfolgt, dass sich Bund und Genting ebenfalls an dem Rettungspaket beteiligen würden. Die Rede ist von insgesamt 56 Millionen Euro. Die eine Hälfte soll als Darlehen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds fließen. Die übrigen 28 Millionen Euro soll die Eigentümerin in Eigenleistung beisteuern. Genting nicht zu Eigenleistung bereit Allem Anschein nach ist das Hongkonger Unternehmen zu der Zahlung zum jetzigen Zeitpunkt nicht in der Lage, geschweige denn bereit. Die Corona-Pandemie hat der Werfteigentümerin, die ihr Geld hauptsächlich in Fernost mit Kreuzfahrten und Glücksspiel verdient, schwer zugesetzt. Als viele Kreuzfahrten 2020 pandemiebedingt storniert werden mussten, brach der bis dahin florierende Markt völlig unerwartet ein. Aufgrund der strengen Einreisebestimmungen vieler Staaten ist eine vollständige Erholung bei Weitem nicht in Sicht. Das Virus ist nicht die einzige Ursache für die unternehmerische Krise. Dass Genting bereits lange vor dem Ausbruch der Pandemie in Schwierigkeiten geraten ist, zeigt ein Blick auf den Aktienkurs. Die unverändert andauernde Talfahrt begann bereits Mitte 2017. Stand der Kurs Ende Mai noch bei 29 Cent, betrug er am 30. Dezember bei Börsenschluss 9 Cent – ein Wertverlust von fast 70 Prozent. Anfang Dezember erholte sich der Kurs leicht, befand sich zuletzt aber wieder auf dem absteigenden Ast. In diesem Lichte erscheint fraglich, ob die Genting-Reederei „Dream Cruises“ die „Global 1“ – so sie denn fertiggestellt würde – den konzerneigenen Werften überhaupt abkaufen könnte. Der Rettungsplan der Landesregierung sieht vor, dass das Schiff mit Unterstützung der öffentlichen Millionenhilfen fertiggestellt und im Laufe des Jahres 2022 ausgeliefert wird. Schiffe werden in der Regel vom Hersteller – der Werft – vorfinanziert. Der Kaufpreis ist erst bei Abnahme durch den Erwerber – die Reederei – fällig. Wird das Schiff auf Kredit gebaut, wie es bei Großprojekten die Regel ist, dient es den Geldgebern als Sicherheit. Genting verklagt Mecklenburg-Vorpommern Damit das Schiff ausgeliefert werden kann, müsste es zunächst fertiggestellt werden. Die Verhandlungen zwischen Genting und der Bundesregierung waren zwischen den Feiertagen jedoch ins Stocken geraten. Um trotzdem an frische Drittmittel zu gelangen, hat der Genting-Konzern zwischenzeitlich die vorzeitige Auszahlung der Landeshilfe auf dem Rechtsweg erzwingen wollen. Das Landgericht Schwerin verpflichtete das Land zunächst, 5,6 Millionen Euro an das Unternehmen auszuschütten. Am 30. Dezember machte dasselbe Gericht einen Rückzieher. Das Land brauche vorerst keine Zahlungen an Genting zu tätigen. Die Beteiligten reagierten irritiert auf den Schritt. „Entscheidend ist, dass mit Hochdruck an Lösungen für den Erhalt der Standorte und der Beschäftigung gearbeitet wird“, sagte der Bezirkssekretär der IG Metall Küste, Heiko Messerschmidt, am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. „Juristische Auseinandersetzungen helfen dabei nicht weiter.“ Die Landesregierung betonte in einer Pressemitteilung, weiter auf eine Verhandlungslösung zu setzen. Laut Wirtschaftsministerium benötigen die Werften spätestens am 9. Januar Hilfszahlungen. Finanzminister Heiko Geue sagte dem NDR, der Bund habe ein erfüllbares Angebot unterbreitet, auf das der Konzern bislang nicht eingegangen sei. Insider in Berlin würden außerdem berichten, dass dem Bundesfinanzministerium derzeit kein Antrag auf Wirtschaftshilfen vorliege. Notwendige Unterlagen sollen demzufolge nicht eingereicht worden sein. Genting-Werft in Bremerhaven ebenfalls in Gefahr Die Werften in Wismar, Rostock und Stralsund sind nicht die einzigen Fertigungsstätten von Genting in Deutschland, die tief in der Krise stecken. Dem Unternehmen gehört auch die Bremerhavener Lloyd-Werft. Deren Zukunft hängt ebenfalls von millionenschweren Bundeshilfen ab. Zuletzt war ein Verkauf des traditionsreichen Standorts an ein Unternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten im Gespräch. Ein ähnliches Schicksal könnte auch den MV-Werften blühen, sollte die Rettung scheitern. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!