Die Lage in MVs Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt wird sich wohl auch in den kommenden Monaten nicht verbessern. Obwohl die Verantwortlichen von der Landespolitik seit Jahren mehr Geld für zusätzliche Berater:innenstellen fordern, ist ebendieses im aktuellen Landeshaushalt wieder nicht drin. Dass das nicht mit der seit Jahren steigenden Fallbelastung an den fünf Standorten im Land zusammenpasst, ist eigentlich nicht neu. Die Alarmsignale aus den Reihen des Hilfenetzwerks sind so deutlich wie nie. Es geht um nicht weniger als das Ende der Landeskoordinierungsstelle gegen häusliche und sexualisierte Gewalt und die mögliche Schließung von Interventionsstellen. Eigentlich sprechen die Zahlen für sich. Während im Jahr 2022 bei den Interventionsstellen insgesamt 2.787 Fälle anliefen, waren es 2023 schon 3.411. Das allein ist ein Anstieg um 18 Prozent. Besonders dramatisch stechen dabei Schwerin und Rostock heraus. In der Landeshauptstadt gab es 365 Fälle mehr, in Rostock 217. Um diesem Trend, der seit Jahren nur eine Richtung – nach oben – kennt, zu begegnen, benötigen die Interventionsstellen nach eigenen Angaben mehr Personal. Für Rostock und Schwerin beispielsweise sei beim Land um Geld für jeweils zwei neue Stellen gebeten worden. Druck auf Mitarbeiter:innen immens Dass dieses vorerst nicht kommt, lässt die bestehenden Mitarbeiter:innen mit dem auf sie lastenden „enormen Druck“ allein. Die Warnung der Geschäftsführerin des Vereins Stark machen, Ulrike Bartel, ist eindeutig: Sollte nichts passieren, werde aufgrund der Situation auch bestehendes Personal wegbrechen. Ob die Interventionsstellen dann noch für die Gewaltbetroffenen offen gehalten werden könnten, steht in den Sternen. Niemand wolle dafür verantwortlich sein, dass Betroffenen – meist Frauen – nicht rechtzeitig zur Seite gestanden werden könne. Und mit der möglichen (auch tödlichen) Konsequenz daraus. Dass es sich hierbei keinesfalls um ein Zukunftsszenario handelt, macht Bartel ebenfalls deutlich: „Letztes Jahr hätten in Rostock unsere Kolleginnen 890 Betroffene unterstützen sollen. Tatsächlich konnten nur 613 Betroffene beraten werden.“ Politik will Evaluation abwarten Ironisch muss gerade Bartel eine Situation Ende Januar im Stralsunder Ozeaneum vorgekommen sein. Dort hatte sich die Landes-SPD zu einem ihrer Kommunalpolitischen Abende getroffen. Auch Menschen aus der Gesellschaft waren dazu eingeladen. Bartel schilderte dort die Situation des Hilfenetzes und äußerte ihre Enttäuschung über die fehlende Unterstützung. Der anwesende Finanzminister Heiko Geue verwies sie jedoch auf eine Evaluation des Hilfenetzes, die zum Zeitpunkt des Haushaltsbeschlusses noch nicht vorgelegen habe. Zwar gebe es noch keine Zahlen, doch bisher sehe es so aus, als gebe es keine Steigerung, so Geue zu Bartel. Wie solch eine Aussage zustande kommen kann, scheint angesichts der Fallzahlen der Interventionsstellen unverständlich. Auf die Ergebnisse der Evaluation muss noch bis zum Frühling gewartet werden. Dazu ergänzte Geue, dass auch zwischen den Haushaltsbeschlüssen die Möglichkeit bestehe, Gelder kurzfristig freizugeben. Ob dies zur Planungssicherheit des Hilfenetzes und zur Entspannung der Personalsituation angemessen beiträgt, bleibt fraglich. Die Folgen spüren die Mitarbeiter:innen des Landes ebenso wie Betroffene auf der Suche nach Schutz in Mecklenburg-Vorpommern am eigenen Leib. Weiterlesen unter: Interventionsstellen vor dem KollapsEine Milliarde erhebt sichBeratungsstellen an der BelastungsgrenzeDas unterschätzte Problem: häusliche Gewalt in MVVielfältige Aktionen für ein Leben ohne GewaltDie Schattenpandemie in Vorpommern-RügenEs kann jede treffen MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!