Die Pläne sind groß, doch die Insel nicht bereit: Auf die Schnelle sollen vor Sellin weitere LNG-Terminals neben Lubmin in Vorpommern gebaut werden. Und obwohl im LNG-Beschleunigungsgesetz vom Standort Rügen keine Rede ist, wollen Bundesregierung und RWE jetzt im Südosten der Insel Rügen schwimmende LNG-Terminals errichten. Dazu soll durch den mehrfach geschützten Greifswalder Bodden eine weitere Pipeline zum Weitertransport nach Lubmin verlegt werden, neben den bereits vorhandenen Strängen von Nord Stream 1 und 2. Das stößt auf Unverständnis und Widerstand. Gegen die neuen LNG-Pläne haben sich vor Kurzem bereits die Vertreter:innen verschiedener Gemeinden Südostrügens in einer gemeinsamen Erklärung ausgesprochen. Das Risiko sei zu hoch, die Auswirkungen zu schwerwiegend und langfristig für ein Projekt, dessen energiepolitische Notwendigkeit angesichts von fast dreißig europäischen LNG-Terminals noch nicht einmal gegeben sei. Zudem seien Bau und Betrieb der Anlage extrem klima- und umweltschädlich. Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte die Pläne als völlig überdimensioniert und kündigte rechtliche Schritte an. Sollte das LNG-Terminal vor Rügen umgesetzt werden, handele es sich laut DUH um das größte fossile Projekt Europas. Bürgermeister:innen wenden sich an Bundesregierung Jetzt heißt es in einer Erklärung von 34 Bürgermeister:innen, und damit fast allen auf der Insel: „Wir fordern die Bundesregierung auf, die offenkundig überstürzten Pläne auszusetzen und einen breiten Dialog mit allen Interessengruppen und Experten in Gang zu bringen.“ Die Gemeinde Sellin, die das Projekt direkt betreffen würde, sprach sich vergangene Woche in einem einstimmigen Beschluss gegen das Bauvorhaben aus. Die Bürgermeister:innen der Insel starteten vor zwei Tagen eine Onlinepetition mit dem Titel Gegen den Bau von Europas größtem LNG-Terminal direkt vor Rügen. Bislang haben sie 2.081 Unterschriften gesammelt. Eine weitere Petition auf der Plattform Change.org unter dem Titel Kein LNG-Terminal vor Rügen wurde innerhalb einer Woche bereits über 7.576-mal unterschrieben. Auch in der Hansestadt Stralsund stimmte die Bürgerschaft einem Antrag mit dem Titel Stoppt die Naturzerstörung vor Rügen und Lubmin zu, der sich gegen das LNG-Projekt ausspricht. Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) soll sich nun auf allen Ebenen gegen das Projekt einsetzen. In der Begründung des Dringlichkeitsantrags heißt es: „Die Hansestadt Stralsund ist als ‚Tor zur Insel Rügen‘ von der Intaktheit der dortigen Natur und insbesondere der Gewässer stark abhängig. Die Errichtung der LNG-Terminals beeinträchtigt durch die damit verbundenen Umwelteinwirkungen auf empfindliche Weise das ökologische Gleichgewicht in der Region.“ Zumindest Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) scheint für Badrow jedoch schwer erreichbar zu sein, eine Antwort auf dessen Brief im Zusammenhang mit dem Gelände der ehemaligen Volkswerft steht noch aus. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Anna Kassautzki forderte Habeck ebenfalls in einem Brief dazu auf, über die Terminalpläne mit allen Beteiligten in ihrem Wahlkreis Vorpommern-Rügen das Gespräch zu suchen. LNG-Demo in Baabe Am Sonntag, dem 26. Februar wollen Anwohner:innen, Gemeindevertreter:innen und Verbände wie die Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen um 13 Uhr an der Kurmuschel im Ostseebad Baabe gegen das geplante Großprojekt protestieren. Unter dem Motto „Kein LNG vor Rügen!“ wenden sich die Organisatoren der Demonstration gegen den Bau der Terminals vor Rügen. „Wir erwarten von der Bundes- und Landespolitik, dass die Interessen Rügens und der Bevölkerung ernst genommen werden. Also: Kein LNG vor Rügen, weder im Greifswalder Bodden, noch vor den Ostseebädern oder in Sassnitz-Mukran“, so Stefanie Dobelstein, Sprecherin der Bürgerinitiative. Den Veranstalter:innen ist es ernst: Für den Besuch der Demonstration sind auf Rügen die Busse des Verkehrsverbundes kostenfrei – den Fahrpreis übernimmt der Veranstalter. In den vergangenen Tagen wurde auf Rügen außerdem erstmals Flüssigerdgas von einem Schiff auf Lastwagen umgeladen, um an europäische Lkw-Tankstellen geliefert zu werden. Der deutsche Markt für Lkw-LNG sei einer der größten Europas. Es soll sich dabei um den ersten Schiff-Lkw-Umschlag in Deutschland handeln. Nicht nur auf Deutschlands größter Insel ist der Protest gegen große Infrastrukturprojekte ein Thema. Auf Usedom sprachen sich vergangene Woche 21 Bürgermeister:innen gegen das geplante Containerterminal im polnischen Swinemünde aus. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!