Nach jetzigem Stand soll etwa viereinhalb bis sechseinhalb Kilometer vor dem Ostseebad Sellin eine Offshore-Plattform entstehen, an denen schwimmende Flüssigerdgas-Terminals (sogenannte FRSU) andocken können. Das Gas soll daraufhin über eine 38 Kilometer lange Unterwasserleitung durch den Greifswalder Bodden nach Lubmin transportiert werden. Hinter dem Vorhaben steht der Energiekonzern RWE. Dass hier verschiedenste Interessen aufeinanderstoßen, weiß auch Wirtschafts- und Tourismusminister Reinhard Meyer (SPD) und nannte es am Montag in Schwerin einen „erheblichen Eingriff“ in den Naturraum. Auch deshalb regte er die Prüfung von Alternativen an. Betroffen wären gerade auf Rügen nicht nur Anwohner:innen und Gastronom:innen, sondern auch die zahlreichen Tourist:innen, die vor allem wegen der Natur und Landschaft in den Norden kommen. Detaillierte Pläne wurden bislang nicht veröffentlicht. RWE kündigte an, im April die Pläne vorzustellen, um dann Mitte Mai mit dem Bau der Anbindungsleitung durch den Greifswalder Bodden zu beginnen. Davor hat nämlich der Hering in der Ostsee Laichzeit. Mitten durchs Schutzgebiet wurden bereits die Pipelines Nord Stream 1 und 2 gebaut. Auch dagegen klagten Umweltverbände (KATAPULT MV berichtete). Bevor es im April also konkreter wird, muss zudem der Bund noch das LNG-Beschleunigungsgesetz ändern und die Möglichkeit von Offshore-Anlagen vor der Küste Rügens mit aufnehmen. Bislang war dort nur die Rede von Lubmin, nicht von einer Ausweitung auf die Küstengebiete vor Rügen. Meyer verwies darauf, dass im kommenden Genehmigungsverfahren auch alle möglichen negativen Auswirkungen auf Natur, Wirtschaft und Tourismus geprüft werden müssen. Denn die Pipeline würde unter anderem quer durch ein europäisches Vogelschutzgebiet gebaut werden. In einer ersten Ausbaustufe soll das neue Offshore-Terminal schon im Herbst 2023 den Betrieb aufnehmen. Dafür will der Bund die in Mukran übrig gebliebenen 60 Kilometer Röhren von Nord Stream 2 nutzen. Allerdings müssten hier erst einmal die Eigentumsverhältnisse der Röhren geklärt werden. Wird die zweite Ausbaustufe im Herbst 2024 abgeschlossen, soll eine Kapazität zum Import von jährlich 38 Milliarden Kubikmetern Gas gegeben sein. Verbrannt entspricht dies rund 80 Millionen Tonnen CO2 – ungeachtet der bereits bis zur Verbrennung entstandenen Methan-Emissionen. Damit wären die Anlagen vor Deutschlands größter Insel laut Deutscher Umwelthilfe das „größte fossile Projekt Europas“. Der Verband kritisierte das Vorhaben als völlig überdimensioniert, nannte es eine „beispielhafte Industrialisierung der Ostsee“ und kündigte dagegen rechtliche Schritte an. Weiterlesen: katapult-mv.de/artikel/ein-containerterminal-ohne-umwelteinfluesse-zu-schoen-um-wahr-zu-sein katapult-mv.de/artikel/subventionen-fuer-die-kleine-kuestenfischerei katapult-mv.de/artikel/widerstand-von-umweltverbaenden-und-initiativen katapult-mv.de/artikel/die-grosse-hafenfrage katapult-mv.de/artikel/die-ostsee-leidet-unter-der-landwirtschaft MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!