Seit 2011 pflegt die Greifswalder Succow-Stiftung eine etwa 21 Hektar große Fläche im Wasdower Wald. Dort haben es sich die Mitarbeitenden zur Aufgabe gemacht, eine ungestörte Naturwaldentwicklung voranzubringen – perspektivisch sogar ganz ohne Forstwirtschaft oder andere Eingriffe. So konnten sich unter anderem Tiere, wie der vom Aussterben bedrohten Schreiadler, dort ansiedeln. Laut Nina Seifert, Mitarbeiterin der Succow-Stiftung, gebe es dort ein bereits mehrjähriges Vorkommen. Dafür erhielt die Fläche 2011 den Status Nationales Naturerbe.  Insgesamt gehört sie jedoch zu einem etwa 40 Hektar großen Gebiet, an dem verschiedene Eigentümer:innen Anteile besitzen. Insgesamt sind es 23. Und einer von ihnen hat nun eine Zwangsversteigerung erwirkt. Dieser Schritt habe bereits seit etwa vier Jahren „im Raum geschwebt“, so Seifert. Damit kam gestern die gesamte Fläche im Amtsgericht Güstrow unter den Hammer – für 600.000 Euro, ersteigert vom Beantragenden, einem Familienforstbetrieb aus Selpin.  Stiftung unterliegt bei Versteigerung Mitgeboten hatte auch die Succow-Stiftung und dafür etwa 240.000 Euro Spenden gesammelt, auch darüber hinaus Spendenzusagen erhalten. In der Stiftung habe man sich im Vorfeld ein internes Limit gesetzt, bis wohin mitgeboten werden sollte, berichtet Seifert. Die schlussendlich gebotenen 600.000 Euro seien für die Stiftung nicht nur finanziell, sondern auch moralisch nicht tragbar gewesen. Immerhin beteilige man sich bei Summen in solcher Höhe auch an Bodenspekulationen. Die Zahlen vom jetzigen Verkauf – Seifert spricht von 15.000 Euro je Hektar – fließen ebenfalls in die Bodenrichtwerte ein, die in der Region somit wohl künftig steigen werden.  Letztendlich sei der Wald für eine weit über dem Marktwert liegende Summe ersteigert worden. Dieser war zur Versteigerung mit 329.000 Euro bemessen. Allerdings, so Seifert, würde der Wert der Fläche mit einer Jagdnutzung noch einmal enorm steigen. Da der neue Eigentümer bereits an das Gebiet angrenzende Flächen besitzt und die Größe mit diesen zusammen die Marke von 75 Hektar erreicht, entsteht so nach Bundesjagdgesetz ein Eigenjagdbezirk. Das hatte der neue Eigentümer so auch bereits angekündigt. Bei einem Weiterverkauf könnte er in ein paar Jahren wohl über eine Million Euro verlangen.  Was die Privatisierung der Fläche aber auch nach sich zieht: Das 21 Hektar große, von der Succow-Stiftung gepflegte Gebiet verliert seinen Nationalen Naturerbestatus.  Sollte der Status nicht eigentlich vor genau sowas schützen? Als Nationales Naturerbe werden Flächen bezeichnet, die dauerhaft für den Naturschutz gesichert sind. Sie werden in der Regel an Länder, Naturschutzorganisationen oder Stiftungen zur dauerhaften naturschutzfachlichen Sicherung übergeben. Damit geht laut der Einführung im Jahr 2000 auch einher, dass die Flächen eigentlich vor Privatisierung geschützt werden sollen.  Für den Naturschutz im Wasdower Waldgebiet sieht die Succow-Stiftung mit dieser aktuellen Entwicklung nun keine Zukunftsperspektive mehr, sagt Seifert klar. Zwar ist das brütende Schreiadlerpaar, welches im betreffenden Gebiet seinen Horst hat, durch eine sogenannte Horstschutzzone geschützt – diese gilt 100 Meter rund um das Nest beziehungsweise 300 Meter zwischen März und Ende August. Doch inwiefern dies gerade störanfällige Vögel tatsächlich auch im Gebiet hält, dazu gebe es durchaus unterschiedliche Meinungen, so Seifert. Die Versteigerung der Flächen und damit auch das Ende des Schutzstatus’, obwohl dieser ja eigentlich die Privatisierung wertvoller Naturschutzflächen verhindern soll, bezeichnet Seifert als „Konstruktionsfehler des Naturerbes“. So ist der Naturerbestatus an die Empfänger der Fläche, hier die Succow-Stiftung, geknüpft und nicht an die Fläche an sich. Das kann positiv sein – etwa wenn die Fläche gegen eine andere, gleichwertige eingetauscht werden soll. Sie kann aber, wie im Wasdower Wald, die Konsequenz des Verlustes des Status haben, wenn die Stiftung ihre Anteile an der Fläche verliert, erklärt Seifert. In diesem Fall konnte es so weit kommen, da die Fläche, die an die Stiftung übertragen wurde, eben keine Volleigentumsfläche war. So hielt die Succow-Stiftung lediglich 54 Prozent und war damit nur in anteiligem Besitz des Waldstücks. Befinden sich Flächen hingegen in vollständigem Eigentum, so geht damit etwa die Unterzeichnung einer entsprechenden Rahmenvereinbarung über Ziele des Naturschutzes einher. Eben diese können so auch ins Grundbuch eingetragen werden. Im dann unwahrscheinlichen Fall eines Verkaufs ändere sich zwar der Eigentümer, die Ziele für die Flächen blieben jedoch bestehen, erklärt Seifert. Wie geht es weiter? Für ihren Flächenanteil am Wasdower Wald bekommt die Succow-Stiftung nun entsprechend Geld aus dem Verkaufspreis. Dieses muss für den Kauf einer neuen gleich großen Fläche verwendet werden. Dies bereitet der Stiftung schon jetzt Bauchschmerzen. Denn ob das Geld für eine eben solche ausreicht – gerade vor dem Hintergrund, dass es wenige gibt und diese als Spekulationsobjekte immer attraktiver geworden sind, ist fraglich. Wie genau die Spendengelder, die extra für die Ersteigerung des Wasdower Waldstücks eingeworben wurden, verwendet werden sollen, möchte die Stiftung in Ruhe entscheiden. Allerdings wird wohl auch dieses anteilig in den Ankauf neuer Flächen fließen, so Seifert. Gerade im Rahmen der Moorwiedervernässung suche die Stiftung nach passenden Gebieten – besonders engagiert derzeit im kleinen Landgrabental bei Altentreptow. Wie Seifert sagt, wird vermutlich ebenfalls Geld für die Pflege, das sogenannte Flächenmanagement, auf bestehenden Flächen der Stiftung genutzt werden. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!