Für die Patient:innen im Landkreis Ludwigslust-Parchim „die bestmögliche medizinische Versorgung erhalten“: Dieses Ziel formulierte der Kreis in seiner Ankündigung, die drei Krankenhäuser in Hagenow, Ludwigslust und Crivitz unter einer gemeinsamen kommunalen Krankenhausgesellschaft zusammenführen zu wollen. Die Dachgesellschaft, die unter dem Namen LUP-Kliniken noch gegründet werden muss, soll die drei Standorte miteinander vernetzen. Schließungen sind nicht geplant. Vielmehr soll es eine gemeinsame Verwaltung geben, wobei die rechtliche Selbständigkeit der Häuser erhalten bleibe. Laut Landrat Stefan Sternberg (SPD) soll die neu geschaffene Gesellschaft bereits am 1. Januar ihre Arbeit aufnehmen. Finanzierung und Mehrheitsbeteiligung ungeklärt Damit beginnt ein, wie Sternberg es ausdrückt, „sicherlich längerer Prozess“. Viele Fragen sind noch zu klären. Über die Finanzierungsmöglichkeiten wolle Sternberg dem Kreistag im Rahmen der Haushaltsberatungen 2023 einen konkreten Vorschlag unterbreiten. Von einem Fonds ist die Rede. Wie der Landkreis auf Nachfrage mitteilte, ist für die Kreistagssitzung am 13. Dezember der Beschluss des Haushalts für das kommende Jahr geplant. Der geplante Fonds „Stationäre kommunale Krankenhausversorgung im Landkreis LUP“, der mit einem Gesamtvolumen von 15 Millionen Euro angelegt ist, soll dann vorgelegt und beschlossen werden. Doch wo das Geld herkommen soll, ist offen. Es seien Hilfen von Bund und Land angestrebt – mit Letzterem sei der Kreis bereits zu Fördermöglichkeiten im Gespräch. Dass jedoch noch nichts festzustehen scheint, bestätigen auch Äußerungen von Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD): Sie habe auf den Klärungsbedarf hinsichtlich der Finanzfragen im Kreistag hingewiesen. Der Kreis strebt zudem eine Mehrheitsbeteiligung an den neuen LUP-Kliniken an. Ob und wie diese zustande kommt, ist bislang ebenfalls offen. Denn nicht jedes der drei Krankenhäuser befindet sich vollständig in kommunaler Hand. Aktuell trifft dies nur auf die Klinik in Crivitz zu. Die Häuser des Klinikums Helene von Bülow in Ludwigslust und Hagenow tragen der Kreis und das evangelische Stift Bethlehem zu gleichen Teilen. Um eine Mehrheitsbeteiligung zu realisieren, muss der Kreis Anteile des Stifts übernehmen. So könne die Dachgesellschaft der LUP-Kliniken schlussendlich über allen drei Häusern stehen und auch besser agieren. Dazu sei der Landkreis aktuell „noch in Gesprächen mit dem Mitgesellschafter“. Die Mehrheitsbeteiligung des Kreises sei ebenfalls Bedingung, das Geld aus dem Fonds zur Verfügung zu haben. Einsparungen durch gemeinsame Verwaltung Hinsichtlich einer Zusammenlegung der Verwaltungen und einer Spezialisierung der Häuser befindet sich der Landkreis offenbar ebenfalls erst in der Planungsphase. Nach seinen Angaben sollen die LUP-Kliniken durch „die Bündelung von Verwaltungsaufgaben“ vernetzt werden. Darunter fallen zum Beispiel das Rechnungswesen, die Personalverwaltung, das Controlling, Bauangelegenheiten oder auch Krankenhausabrechnung und Budgetverhandlungen. Diese Verwaltungsaufgaben fallen aufgrund gesetzlicher Vorgaben an allen Standorten an. Zukünftig sollen diese entweder von einem der Häuser im Verbundes für alle übernommen oder bei der Dachgesellschaft gebündelt werden. Der Kreis verspricht sich – neben einer Reduzierung doppelter Strukturen – davon auch die Senkung von Kosten bei Beschaffung und Bewirtschaftung. Dass dieses vom Landkreis angestrebte Ziel finanzieller Einsparungen durchaus realistisch ist, bestätigt Steffen Fleßa von der Universität Greifswald. „Gemeinsamer Einkauf spart sehr viel Geld“, so der Gesundheitsökonom. Für Krankenhäuser, die sich zu einem Verbund zusammenschließen, sei dies also eine vielversprechende Option. Hinzu kommt, dass eine gemeinsame Verwaltung den Personalaufwand reduziert. Damit begegne man einem der größten Probleme im Gesundheitswesen: Bestehende Stellen könnten aufgrund des Fachkräftemangels – gerade im ländlichen Raum – nicht besetzt werden. Ein Klinikverbund, „wo man wechseln und zusammenarbeiten kann“, sei dagegen klar im Vorteil. Der Landkreis betont dabei, dass die geplante Reduzierung der Verwaltung keine Kündigungen in diesem Bereich zur Folge habe. Konzept für Spezialisierung und Ausbau medizinischer Leistungen fehlt noch Auch die Fachbereiche der Kliniken sollen unter der Dachgesellschaft künftig anders zusammenarbeiten. Der Landkreis spricht einerseits von einem „Ausbau medizinischer Leistungen“ und andererseits von einer „Spezialisierung medizinischer Angebote“. Wie beides zusammengehen soll und welche Bereiche konkret gemeint sind, ist offen. Hinsichtlich einer Spezialisierung ist zum jetzigen Zeitpunkt nur ein Orthopädie-Schwerpunkt am Standort Hagenow öffentlich im Gespräch. Was die anderen Häuser betrifft, sind bislang keine weiteren Überlegungen bekannt. Bisher gibt es lediglich die Zusicherung des Landkreises, die Notfallversorgung weiterhin an allen drei Standorten aufrechtzuerhalten.  Man wolle sich mit Aussagen dazu erstmal noch zurückhalten, hieß es auf Nachfrage vom Landkreis. Die Spezialisierung der einzelnen Standorte sei „eine Frage des medizinischen Bedarfs im Einzugsgebiet und der vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen in diesen Bereichen“. Dazu müsse ein langfristiges Konzept erarbeitet werden. Dies solle ein medizinischer Beirat tun, der unter Leitung des medizinischen Geschäftsführers des Westmecklenburgklinikums, Christian Müller-Grotian, bereits gebildet sei. In dieser Woche tagt der Beirat das erste Mal. Innovationsprojekt statt Geburtsstation Besonderes Interesse weckt in diesem Zusammenhang vor allem eine Weiterentwicklung des Krankenhauses Crivitz unter den LUP-Kliniken, speziell der Wunsch der örtlichen Bevölkerung nach einer wiedereröffneten Geburtsstation. Die alte war Mitte 2020 vom damaligen Betreiber MediClin geschlossen worden. Derzeit mietet eine niedergelassene Gynäkologin Räumlichkeiten am Krankenhausstandort und stellt die „ärztlich-ambulante gynäkologisch-geburtshilfliche Versorgung für Crivitz“ sicher. Der Landkreis plant jedoch vorerst keine Wiedereröffnung der Station am Krankenhaus. Stattdessen soll in Crivitz ein Innovationsprojekt angesiedelt werden, das die sektorenübergreifende Versorgung in einem regionalen Gesundheitszentrum bündelt. Ziel sei es, Patient:innen ohne die Grenzen stationär und ambulant fachrichtungsübergreifend zu versorgen und dabei auch die Möglichkeiten der Telemedizin zu nutzen. So solle mit der neuen Versorgungsform die Gesundheitsversorgung und Wirtschaftlichkeit für ländliche Regionen optimiert werden. Für das Projekt unter dem Namen LUP-Regio wurde nach Angaben des Landkreises bereits eine Förderung beim Gemeinsamen Bundesausschuss beantragt. Das geplante Gesundheitszentrum könnte auch die geburtshilfliche Versorgung abdecken. Das sehen zumindest die Empfehlungen einer Arbeitsgruppe des Landkreises vor, die sich mit der „sektorenübergreifenden gynäkologischen beziehungsweise geburtshilflichen Versorgung der Bevölkerung“ beschäftigte und Ende Oktober ihren Abschlussbericht vorlegte. Darin werden die „Weiterentwicklung des Standortes Crivitz als Krankenhaus“ einschließlich der Schaffung eines Integrierten Versorgungszentrums sowie die Unterstützung des LUP-Regio-Projekts empfohlen. Eine große Rolle soll auch die Telemedizin spielen. Prämisse im Bericht zum Gesundheitszentrum: „digital vor ambulant vor stationär“. Die Arbeitsgruppe empfiehlt drei Schritte hin zu einem Versorgungsmodell für Gynäkologie und Geburtshilfe. Im ersten Schritt könnte das bereits bestehende ambulante Angebot der vor Ort praktizierenden Gynäkologin eingebunden werden – etwa durch den Anschluss der Praxis an ein bereits bestehendes Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Da die Crivitzer Klinik nicht über ein solches verfügt, sieht die Arbeitsgruppe das Facharztzentrum (FAZ) des Westmecklenburg-Klinikums als geeignete Alternative an. Die tatsächliche Umsetzung des Innovationsprojektes LUP-Regio ist laut dem Bericht die Voraussetzung für die weiteren Schritte. Sie könnten den Aufbau eines telemedizinischen Knotenpunktes am Standort Crivitz beinhalten, wo etwa Gynäkolog:innen und Kinderärzt:innen über ein Telemedienzentrum für Fragen von Patient:innen dauerhaft erreichbar sind. Außerdem stellen telemedizinische Konsile von Hausärzt:innen mit entsprechendem Fachpersonal aus Gynäkologie oder Kinder- und Jugendmedizin ebenso eine Möglichkeit dar wie die Einrichtung sogenannter Hybridpraxen, „in denen Gynäkologen, Hebammen [und] speziell ausgebildetes medizinisches Fachpersonal“ Beratungen zu vorher festgelegten Sprechzeiten anbieten. Welche der von der Arbeitsgruppe präsentierten Möglichkeiten in Crivitz nun tatsächlich umgesetzt werden, geht aus den Veröffentlichungen des Landkreises zur Gründung der LUP-Kliniken nicht hervor. Darin ist lediglich vom oben genannten Innovationsprojekt die Rede. Ob und wie viel Aufmerksamkeit in diesem Zuge also Gynäkologie und Geburtshilfe vor Ort bekommen sollen, ist daher offen. Gegenüber der Schweriner Volkszeitung meldete der ehemalige Chefarzt der Frauenklinik Crivitz, Bernhard Moldenhauer, bereits erste Bedenken an. Er war Teil der Arbeitsgruppe des Landkreises. Das geplante Innovationszentrum habe „nichts mit Geburtshilfe zu tun“. Gerade die wichtiger werdende Rolle der Telemedizin sieht er kritisch. Das stelle keine Verbesserung für die Patient:innen vor Ort dar. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!