An dem Protest beteiligten sich die Stadt Usedom sowie alle Gemeinden des Amtes Usedom-Süd mit Ausnahme von Stolpe. Der Bürgermeister von Koserow, René König, erklärte die Aktion gegenüber der Ostsee-Zeitung damit, man wolle „den Einwohnern und Touristen signalisieren, wie es im Winter aussehen könnte, wenn es zum Blackout auf Usedom kommen sollte“. Das Ostseebad Koserow forderte beispielsweise in einer Stellungnahme auf Facebook eine „ideologiefreie Energiepolitik“ von Landes- und Bundesregierung. Wie genau die aussehen soll, verriet der Post aber nicht. Protest gegen Protestaktion Nun hat sich ein Bündnis aus Bürger:innen der betroffenen Gemeinden zusammengetan und einen offenen Brief an die Bürgermeister:innen formuliert. Darin kritisieren sie die Aktion scharf. Zwar sehe man die Bürgermeister:innen in der Pflicht, auf Missstände aufmerksam zu machen. Es sei jedoch nicht vertretbar, „wenn dies einhergeht mit der Herabwürdigung gewählter politischer Entscheidungsträger“. Damit riskiere man den „politischen und sozialen Zusammenhalt“, so die Verfasser:innen.
Ulrike Hoffmann aus Rankwitz ist eine der Initiator:innen des Gegenprotests. Von der Licht-aus-Aktion habe man erst im Nachhinein aus der Zeitung erfahren. „Wir fanden es wichtig, sofort eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen und mit einem Leserbrief zu reagieren.“ Besonders stören sich die Initiator:innen an der Bevormundung durch die Bürgermeister:innen. Diese hätten über die Köpfe der Einwohner:innen entschieden und den Eindruck eines einheitlichen Meinungsbildes erweckt, wo keines existiere. Koserows Bürgermeister König hatte erklärt, man wolle „denen, die sonst nicht zu Demonstrationen und Kundgebungen fahren können oder wollen, eine Proteststimme verleihen“. Brief kritisiert Übergriffigkeit Doch offenbar empfinden die Bürger:innen dieses Vorgehen eher als übergriffig denn als hilfreich. In dem Leserbrief, der auch in der Ostsee-Zeitung veröffentlicht wurde, heißt es dazu unter anderem: „Insbesondere benötigen wir kein ‚Ortsoberhaupt‘, das behauptet, unsere Ängste zu kennen, und meint, sich in unserem Namen in die aktuelle politische Diskussion um Ukrainekrieg, Sanktionen und Gaspreise einmischen zu müssen.“ Auch von einem Verstoß gegen die Neutralitätspflicht ist die Rede. Denn in ihrer Funktion als Bürgermeister:innen dürfen diese eigentlich nicht in den Willensbildungsprozess eingreifen – zum Beispiel indem sie in einer Protestaktion anordnen, städtische Lampen abzustellen. Die Aktion „Licht aus!“ ist nur die aktuellste einer Reihe von fragwürdigen Protesten auf Usedom gegen die Regierungspolitik. In dem offenen Brief werden auch die Schweigeminute während einer Dienstberatung aus dem Juli und die Beflaggung des Koserower Rathauses genannt. Dort weht die deutsche Flagge aktuell auf Halbmast. Offiziell ist dies nur am Volkstrauertag und am 27. Januar, dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, gestattet. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!