Am vergangenen Montag war Gurr der einzige Redner bei der Eröffnung der bereits bis Dezember bei der Stadtverwaltung angemeldeten Demoreihe. Er forderte unter anderem das Ende der Sanktionen gegen Russland, die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 und niedrigere Energiepreise. Für die heutige Kundgebung suchen die Organisator:innen auf ihrer Website „Unternehmer, Handwerker, Landwirte“, die bereit seien, einen Redebeitrag zu leisten. Es müsse mit möglichen Interessierten aber noch ein „Vorgespräch“ stattfinden, heißt es. Man habe nämlich „schon erlebt, dass es richtig schiefgeht, wenn man spontan, ohne jemanden zu kennen, irgendwen was sagen lässt“. Empfehlung für Ausstellung über angebliche Impftote und -nebenwirkungen Ein Vorgespräch führte Anmelder Daniel Gurr die Tage vor der Demonstration vergangene Woche offenbar auch mit Peter Ganz, der aus der Nähe von Augsburg stammt. So warb Gurr, der im Winter auch die Kundgebungen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen veranstaltete, dafür, sich Ganz’ Ausstellung „Galerie des Grauens – den Opfern eine Stimme geben“ anzuschauen. Auf dem Gelände des Alten Gartens, auf dem auch die Demonstration stattfand, sollte mit angeblich „offiziellen Presseberichten“ über die „Impfnebenwirkungen und -schäden“ der Corona-Schutzimpfung informiert werden. Ausgestellt wurde eine Mischung aus Zeitungsausschnitten, Zitaten und eigenen Beschriftungen. Verurteilt wegen Volksverhetzung Der 66-jährige Ganz wurde Mitte Juli vom Amtsgericht Landsberg rechtskräftig wegen Volksverhetzung verurteilt. Sein Laptop, Handys und eine Festplatte wurden auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Augsburg beschlagnahmt. Die Durchsuchung im Zusammenhang mit der Anzeige bezeichnet Ganz in einem Youtube-Video selbst als „bewaffneten Raubüberfall durch sechs schwarze Schergen“ – gemeint sind die Beamt:innen der Polizei. Wie die Zeitung Merkur berichtete, fand die Polizei auf den Speichermedien unter anderem antisemitische Inhalte. Er habe religiöse Forschungen betrieben, so Ganz’ Erklärung dazu. Gegen ihn wurde eine Geldstrafe verhängt, weil er das Morden in den Konzentrationslagern des NS-Regimes mit Todesfällen im Zusammenhang mit den Corona-Impfungen verglich. Er hatte auf einem Bild in seiner „Galerie“, nach Auffassung des Gerichts, den Wachturm eines KZ-Geländes mit der Überschrift „Denn das Morden nimmt kein Ende!“ versehen. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Landsbergbleibtbunt (@landsbergbleibtbunt) Ungehindert auf Tour durch MV Ganz fiel mit seiner „Galerie“ jedoch nicht nur in Schwerin auf. Er tourte auch nach Rostock, Bergen und Stralsund. Bei einem Auftritt in Stralsund behauptete er, es seien bislang mehr als 55.000 Menschen in Deutschland an den Impfungen gestorben und gab an, dass 6,3 Millionen Menschen an Impfnebenwirkungen leiden würden. Die Corona-Impfungen betitelt er als „Genozid“. Zur Einordnung: Dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sind seit dem 27.12.2020 mehr als 187 Millionen Impfungen in Deutschland gemeldet worden. Dabei gab es in 323.684 Fällen einen Verdacht auf Nebenwirkungen. Das entspricht etwa 0,2 Prozent. Laut Sicherheitsbericht des PEI liegt die Melderate von Verdachtsfällen für alle Impfstoffe zusammen bei 1,8 Promille, für Verdachtsfälle schwerwiegender Nebenwirkungen und Impfkomplikationen bei 0,3 Promille. In MV konnte der gelernte Verkäufer Ganz seine „Galerie des Grauens“ bisher ungehindert präsentieren. Eine Stellungnahme der Stadt Schwerin steht bisher noch aus. Die Stadt Freiburg im Breisgau wiederum verbot ihm die Präsentation der Zeitungsschnipsel und Bilder auf dem Platz der Alten Synagoge. Es werde eine Verbindung zwischen den Verbrechen des Holocausts und Impfschäden hergestellt, so die Begründung der Stadtverwaltung. Die Wahl des Kundgebungsortes, nämlich der Platz der Alten Synagoge, stelle eine Provokation und eine nicht hinnehmbare Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Schützenhilfe durch Schweriner AfD-Politikerin Schwerin war nach Angaben von Ganz die 88. Stadt, in der er „informierte“. Verbreitung fand seine Veranstaltung in der Landeshauptstadt unter anderem durch Sandra Kerstin Notthoff. Notthoff war bis Dezember 2021 für die AfD-Fraktion stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Kultur, Gesundheit und Bürgerservice der Schweriner Stadtvertretung. Sie betreibt unter dem Titel „SKN – Der Meinungskanal“ einen Youtube-Kanal. Hier finden sich unter anderem regelmäßig Videoclips zu den sogenannten Freitagsmahnwachen am Schweriner Schloss. Dort stellt sie in einem Video auch Peter Ganz und dessen Ausstellung vor. Immer häufiger würden „Gerüchte beziehungsweise Fakten an die Öffentlichkeit“ kommen, die zeigten, dass die nebenwirkungsfreie Impfung doch nicht so nebenwirkungsfrei sei, so Notthoff in ihrem Video. Im Gespräch der beiden wird auch die Verschwörungserzählung, das damalige Ehepaar Bill und Melinda Gates habe die globale Impfkampagne initiiert, bedient. Für Notthoff und Ganz steht fest, dass „massenhaft Menschen durch Genspritzen ermordet werden“. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!