Einsendungen kamen sogar aus Irland und Österreich, freut sich Reinhold Glasl, Initiator des ersten Wettbewerbs zu Geschichten über die Zukunft der Raumfahrt in MV zum Auftakt der diesjährigen Tage der Raumfahrt in Neubrandenburg. Die Siegerehrung fand gestern in der Neubrandenburger Regionalbibliothek statt. Noch mehr freut er sich aber über die Teilnehmenden aus der Nähe: Fast 50 Prozent der Autor:innen waren Jugendliche etwa aus Neubrandenburg, Waren, Neustrelitz, aber auch Klausdorf (Landkreis Vorpommern-Rügen).   Allen Einsendungen gemein sei vor allem das Gedankenspiel zur Besiedlung eines anderen Planeten, so die Jury. Eine Schülerin habe beispielsweise von „hyzeanischen Planeten“ geschrieben, also nach unserer Vorstellung bewohnbare Welten und wie dort Landwirtschaft betrieben werden könnte. Die meisten Geschichten beinhalteten aber auch einen kritischen Blick – und zwar auf uns selbst: „Wir Menschen sollten mittlerweile aus unseren Fehlern gelernt haben und merken, dass es so auf gar keinen Fall weitergehen kann!“, fasst die Jury zusammen. Die Tage der Raumfahrt vom 3. bis 6. November Der Geschichtenwettbewerb des Vereins Initiative 2000 plus ist nur ein Teil der diesjährigen Neubrandenburger Tage der Raumfahrt. Offiziell beginnen diese in der kommenden Woche. In Kooperation mit dem Europa-Union Landesverband Mecklenburg-Vorpommern und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sind Fachvorträge von Wissenschaftler:innen aus Hannover, Leipzig und von Expert:innen der amerikanischen Weltraumbehörde Nasa geplant. Auch Astronaut:innen sind eingeladen.  Der Wettbewerb im Vorfeld entstand laut Initiator Reinhold Glasl „aus der Überlegung, Raumfahrt interessanter zu machen“. MV habe viel Potenzial – sowohl für die Raumfahrt als auch für Sternenkunde.  Begeisterter Nachwuchs fehlt meist Mit mehr als zwanzig astronomischen Einrichtungen ist MV, gemessen an seiner Einwohner:innenzahl, im bundesweiten Vergleich recht gut aufgestellt, bilanziert Glasl. Der pensionierte Luft- und Raumfahrtingenieur betont allerdings, dass viele Vereinsmitglieder in der Regel in einem fortgeschrittenen Alter seien und die Vereine selbst so gut wie gar nicht auf sich aufmerksam machen. Besonderer Ausnahmefall sei der Verein rund um die Greifswalder Sternwarte. Mit seinen  insgesamt 60 Mitgliedern ist er verhältnismäßig groß.  Laut dem Vorstandsvorsitzenden Tobias Röwf sind unter den Aktiven neben einer ganzen Familie durchaus auch einige jüngere Leute: „Damit können wir sehr zufrieden sein.“ Und auch medial weiß der Verein, auf sich aufmerksam zu machen: Noch bis 2024 wird dort das Carl-Zeiss-Doppelteleskop vollständig restauriert. Nach ersten Arbeiten an dem weltweit einzigartigen Teleskop in einer darauf spezialisierten Werkstatt in Bernburg (Sachsen-Anhalt) folgen weitere Änderungen vor Ort, alles medial begleitet und für Interessierte auf der Internetseite aufbereitet. In zwei Jahren feiert die Sternwarte zudem ihr 100-jähriges Jubiläum. Dafür werden schon jetzt viele Vorbereitungen getroffen, so Röwf. Es soll groß gefeiert werden. In Greifswald gebe es den Drang zu zeigen, was man hat, sagt Glasl. Das müssten auch die anderen Sternwarten schaffen.  Denn meist gebe es nämlich kaum Nachwuchs. Für den langfristigen Erhalt von Sternwarten und Vereinen müssten Schüler:innen und Jugendliche mehr für Astronomie begeistert werden. Dazu bräuchte es aber auch mehr Zusammenarbeit zwischen den Vereinen selbst. Laut Röwf existiere der lose Kontakt bisher vor allem per E-Mail. Das liege aber auch daran, dass der Großteil der Arbeit auf ehrenamtlichen Schultern getragen werde.  Aber: Die wenigen Mitgliedern der astronomischen Initiativen engagierten sich stark. Auch regelmäßige Treffen gebe es, wie auch das anstehende Jahrestreffen der astronomischen Einrichtungen MVs Mitte November in Schwerin.  Wirtschaftliche Erfolge erzielen die Vereine nicht wirklich. Die eingenommenen Spenden werden für die Vereinsarbeit schnell wieder ausgegeben. Um einen Vermögensaufbau für alle astronomischen Einrichtungen im Land zu ermöglichen, will Röwf zusammen mit anderen Ehrenamtlichen in Greifswald eine Astronomie-Stiftung aufbauen. Die Vorbereitungen dazu laufen.  Innerhalb der Bevölkerung gebe es leider weiterhin wenig Interesse für das Thema. Das findet Wettbewerbsinitiator Glasl schade. In der Vorbereitung und Werbung für den Wettbewerb, der besonders jüngere Generationen ansprechen sollte, kamen kaum Rückmeldungen von kontaktierten Schulen, Verwaltungen und Vereinen. Einzig die Bibliotheken im Land hätten sich für das Thema begeistert und mitgeholfen. Dementsprechend müsse vor allem das Interesse für das Thema mehr gefördert werden, meint Glasl. Mit der Astronomie sei schnell eine Brücke zur Raumfahrt geschlagen. Und die sei schließlich ein aufstrebender Wirtschaftszweig. MVs Potenzial für Raumfahrttechnik Vorreiter für Raumfahrtthemen sind in Deutschland vor allem die Bundesländer Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Bayern, sagt Glasl. Die Unternehmen dort seien in der Regel international aufgestellt. Solche gebe es in MV hingegen bisher kaum. Sollte es aber künftig Start- und Landebasen in Deutschland brauchen, dann wären Nord- und Ostseeküste geeignete Standorte. Bisher gebe es in MV eher vereinzelt Unternehmen mit einem gewissen Potenzial, auch in der Raumfahrt mitarbeiten zu können. Zum Beispiel das Greifswalder Max-Planck-Institut für Plasmaforschung (IPP) mit seinem Fusionsexperiment Wendelstein 7-X. Die Forschungen an dem Kernfusionsreaktor wären auch für Raketenantriebstechnik denkbar. Und das IPP entwickle im deutschlandweiten Vergleich Spitzentechnologien, erzählt der Ingenieur, der selbst Raumfahrtantriebe entwickelte.  Aus seiner Sicht konzentriere sich die Landesregierung MV aber derzeit noch mehr auf Landwirtschaft und Fischerei als auf die Förderung von Luft- und Raumfahrt. Der Bund dagegen hat die Luft- und Raumfahrtbranche für das kommende Jahr als einen seiner größten Ausgabenschwerpunkte gewählt: Auf den Bereich sollen knapp 2,4 Milliarden Euro entfallen, ähnlich wie schon im vergangenen Jahr. Die Förderung des DLR wächst somit auf rund 785 Millionen Euro an. Für die Europäische Weltraumorganisation ESA will die Bundesregierung 885 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Geplantes Spacelab in Laage Die Förderung von Luft- und Raumfahrt in MV übernehmen nach und nach private Unternehmen. Zum Beispiel die Berliner Firma Planetary Transportation Systems (PTS). Diese will ein sogenanntes Spacelab am Flughafen Rostock-Laage eröffnen – ein Testzentrum für Raumfahrttechnik, wie Mondfahrzeuge und Raumschiffe. Laut dem Betreiber des Flughafens, Zeitfracht, soll der Standort neben dem normalen Flughafenbetrieb langfristig zu einer Spacetec-Forschungseinrichtung weiterentwickelt werden. So kann sich das Unternehmen auch vorstellen, die Endfertigung von Satelliten in Rostock anzusiedeln. Geschäftsführer André Radloff sieht für die Raumfahrtbranche in MV ebenfalls großes Zukunftspotenzial. Auch könne das Unternehmen von Kooperationen mit den Universitäten in Rostock und Greifswald profitieren. Und damit möglicherweise auch den Nachwuchs für die Branche im Land halten. Eine Stunde Astro-Unterricht Dass in MVs Schulen Astronomie Pflichtfach ist, sei schon mal mehr als in den alten Bundesländern, erzählt Glasl. Aber das Thema müsse auch auf dem Lehrplan wieder stärker in den Fokus gerückt werden. Physiker Tobias Röwf wünscht sich, dass Astronomie auch in den Gymnasien weiterführend angeboten wird. Die Astronomie sei das kleinste Fach mit dem größten Wissensumfang, zitiert er dazu Manfred Schukowski aus Rostock, der in den Neunzigerjahren die Weiterführung des Astronomieunterrichts vorangetrieben hat. Der nach ihm benannte landesweite Manfred-Schukowski-Schülerpreis wurde in diesem Jahr zum zweiten Mal ausgelobt. Auch hier wünschen sich die Initiatoren mehr Teilnehmer:innen, so Röwf.   Die Astronomie sei ein „wertvoller Türöffner, sowohl für die Berufswahl für diejenigen, die später in den MINT-Fächer studieren wollen, als auch für unsere allgemeine Bildung“. Kooperationen zwischen Schulen und den astronomischen Einrichtungen im Land könnten schnell aufgebaut werden. Man müsse es nur wollen. Die Schulen in Neustrelitz seien da gute Beispiele, führt Glasl an. Schüler:innen besuchen regelmäßig die Sternwarte vor Ort. Mehrfach im Jahr gebe es Projekttage.  „Wir leben in einer technikgetriebenen Gesellschaft und Raumfahrt ist Zukunftstechnologie“, begründet er, „da sollte man die Jugend mitnehmen“.  Ein weiteres Beispiel in praktischer Nachwuchsförderung war zuletzt die Reise eines Lehrers von der Insel Usedom in die Stratosphäre. Volker John von der Europäischen Gesamtschule in Ahlbeck hat bei einem internationalen Projekt des DLR und der Nasa einen Flug gewonnen. In einem umgebauten Flugzeug organisieren die Einrichtungen regelmäßig Forschungsflüge rund um die Erde. Auch Lehrkräfte können sich für einen Mitflug bewerben. Seine Eindrücke konnte John seinen Schüler:innen direkt vermitteln und so das Interesse an der Raumfahrt steigern.  Mit dem Geschichtenwettbewerb und vor allem den anstehenden Tagen der Raumfahrt in Neustrelitz und Neubrandenburg soll genau das auch erzielt werden. Wer sich für die Zukunft der Raumfahrt interessiere, müsse auch die nötigen Kontakte knüpfen können. Und die gebe es nun mal auf Veranstaltungsreihen vor Ort, so Glasl, mit direkten Gesprächen anstatt über Lichtjahre hinweg. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!