Die Weihnachtsmarkttradition hat ihren Ursprung in Deutschland bereits im Mittelalter. Verkaufsmessen in den Innenstädten zur Vorweihnachtszeit sollten die Bevölkerung mit allem Nötigen für die kalte Jahreszeit und das große Fest versorgen. Neben allerlei Lebensmitteln wurden Handwerksprodukte feilgeboten und für die leuchtenden Kinderaugen Leckereien wie gebrannte Mandeln, geröstete Nüsse und Esskastanien. So profitierten schon damals sowohl die Händler:innen als auch Bewohner:innen der Städte. Heute heißen sie Adventsmarkt, Christkindlmarkt oder Striezelmarkt. Mittlerweile sind die deutschen Weihnachtsmärkte ein Exportschlager. Es gibt sie in den Niederlanden, den USA und sogar in Dubai. Doch auch Gäste aus anderen Ländern werden in der Adventszeit busseweise zum Glühweingetümmel nach Deutschland gekarrt. Nach Schätzungen des Deutschen Schaustellerbundes erzielte das Geschäft mit der Besinnlichkeit 2018 bundesweit einen Umsatz von knapp drei Milliarden Euro. Weihnachtsmarkttourismus Und so haben die Märkte heute eine große wirtschaftliche Bedeutung. Nicht nur die Schausteller:innen profitieren nach fast drei Pandemiejahren wieder, sondern auch der Tourismus und mit ihm das Hotelgewerbe, die Gastronomie und der Einzelhandel. Ein Segen für die krisengeplagte regionale Wirtschaft. „Weihnachtsmärkte haben die Wirkung, dass sie über das normale Maß hinaus Gäste aus weiteren Entfernungen anziehen“, sagt der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes MV (Dehoga), Lars Schwarz. Und damit meine er nicht nur die großen Märkte in Rostock, Schwerin oder Stralsund, sondern auch die vielen kleineren, regionalen. Und so profitieren auch die Innenstädte von dem Zulauf, die ebenfalls unter der Pandemie gelitten haben. „Gerade für uns sind Weihnachtsmärkte wie kulturelle Highlights oder Sportevents, die zusätzliche Gäste in die Städte und Regionen bringen“, sagt der Gastronom, Hotelier und Arbeitgeberpräsident von MV. Genaue Zahlen könne er nicht nennen. Doch er spricht von „beachtlichen Umsätzen“ in Millionenhöhe, die in direkter Verbindung mit den Weihnachtsmärkten im Land stehen. In den Vor-Pandemiejahren kamen rund 2,5 Millionen Gäste zu den Weihnachtsmärkten zwischen Seenplatte und Ostseeküste. Zum Vergleich: In Mecklenburg-Vorpommern leben 1,6 Millionen Menschen. Im Dezember 2019 gab es rund 213.000 reine Urlaubsreisen mit rund 1,34 Millionen Übernachtungen in MV. Dazu kamen 370.000 Tagesgäste, die mehr als 50 Kilometer anreisten. Der Großteil hatte also eine kurze Anreise. Zwischen drei und vier Prozent der Gäste kamen aus dem Ausland nach MV, in den großen Städten liegt der Anteil bei acht bis zwölf Prozent. Märkte locken mit Superlativen „Wie es in diesem Jahr aussieht, können wir derzeit nicht genau sagen“, sagt Katrin Hackbarth vom Tourismusverband MV. Ob Gäste aus anderen Bundesländern und dem Ausland zu den Märkten im Land reisen, hänge von vielen Faktoren ab, wie den gestiegenen Preisen, einer möglichen Zurückhaltung bei Zweit- und Dritturlauben sowie dem Stand der Pandemie. Insgesamt erhole sich die Inlandsnachfrage aber schneller als der Tourismus aus dem Ausland. Um möglichst viele Tourist:innen aus Nah und Fern anzulocken, überbieten sich die Weihnachtsmärkte mit Superlativen. Der Rostocker Weihnachtsmarkt ist nach Angaben der Veranstalterfirma Großmarkt Rostock mit seiner 3,2 Kilometer langen Bummelmeile, insgesamt 180 Buden, Fahr-, Lauf-, Belustigungsgeschäften und über einer Million Besucher:innen der größte Norddeutschlands. Allerdings kam der Weihnachtsmarkt am Hamburger Rathaus auf mehr, zumindest, was die Besuche angeht: Schlappe 2,5 Millionen Menschen sollen diesen 2017 besucht haben. Was Hamburg jedoch nicht hat: die größte begehbare Pyramide der Welt. Krisengebeutelte regionale Wirtschaft Wegen Corona-Pandemie, Energiekrise und der hohen Inflation kämpfen derzeit viele Händler:innen mit Personalproblemen und mussten deshalb ihre Teilnahme am Rostocker Weihnachtsmarkt absagen, berichtet Katrin Mau, Pressesprecherin der Großmarkt Rostock GmbH, die sowohl den Weihnachtsmarkt in Rostock als auch in Greifswald organisiert. Dennoch sei der Markt mit 180 Buden von Händler:innen und Schausteller:innen ausgebucht. 2019 gab es noch 220 Teilnehmer:innen – allerdings zusammen mit den Gaukler:innen des historischen Weihnachtsmarktes, der dieses Jahr nicht in Rostock stattfinden wird. Zum ersten Mal seit 2002 wird der zur Institution gewordene Markt keine Gäste mit Feuershows, Axtwerfen und heißem Met in den Klostergarten locken. Er gastiert dieses Jahr als „Piratenweihnachtsmarkt“ an der Waldbühne in Dierhagen auf dem Fischland Darß. Grund sind zunehmende logistische Schwierigkeiten, gekürzte Öffnungszeiten und immer wieder neue Auflagen der Stadt. „Wir haben in den vergangenen Jahren gut miteinander kooperiert und sicherlich hinsichtlich der Besucherzahlen voneinander profitiert. Wir rechnen aber nicht damit, dass unsere Besucherzahlen aufgrund des Wegfalls zurückgehen“, ist Mau optimistisch. Auch wenn das Mittelalterspektakel immer „eine andere Gästeschar angelockt hat“ als der große Weihnachtsmarkt, wie Dehoga-Präsident Schwarz bemerkt. Allein auf dem Rostocker Weihnachtsmarkt seien etwa 150 regionale Firmen als Dienstleister an der Organisation beteiligt. Wie viele Menschen für vier Wochen ihren Arbeitsplatz zwischen Kröpeliner Tor und Neuem Markt haben, konnte Mau aber nicht sagen. Laut Internetauftritt arbeiteten etwa 1.500 Personen auf dem Rostocker Weihnachtsmarkt – vermutlich stammen diese Zahlen aus rosigeren Zeiten. Lockmittel Glühwein Die Budenpreise auf den Weihnachtsmärkten in Rostock und Greifswald variieren je nach Art und Standort. Die Standmieten seien marktüblich und mit dem Schaustellerverband MV abgesprochen, sagt Mau. „Wir haben in diesem Jahr trotz gestiegener Produktionskosten unsererseits auf eine Standgelderhöhung verzichtet, um die Schausteller und Händler in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen.“ Auch die Schausteller:innen wollen die höheren Kosten nicht an die Weihnachtsmarktgäste weitergeben. Es könne allerdings zu Preissteigerungen im Centbereich kommen, heißt es von dem Vorsitzenden des Schaustellerbundes MV. Am teuersten in der Miete sind die Buden, die Getränke – auf Weihnachtsmärkten natürlich insbesondere Glühwein – ausschenken. Interne Regelungen begrenzen die Zahl der Glühweinstände. „Wichtig ist uns ein qualitativer schöner Weihnachtsmarkt mit vielseitigem Händlersortiment und einem ausgewogenen Angebot an kulinarischen Ständen“, betont Mau. Märkte sparen Energie Um Energie zu sparen, rüsten viele Weihnachtsmärkte auf LED-Leuchten um. So können die eine Million Glühlämpchen auf dem Rostocker Weihnachtsmarkt ruhigen Gewissens eine gemütliche Atmosphäre zu verbreiten. Außerdem soll weniger geheizt werden. Davon ausgenommen sind nur die Räume für Angestellte. Andere Weihnachtsmärkte wie die in Wismar und Neubrandenburg verzichten auf ihre Eisbahnen, in Schwerin soll es dieses Jahr eine energiesparende Variante geben. 2020 wurden die Weihnachtsmärkte vollständig abgesagt, vergangenes Jahr galten vielerorts Corona-Beschränkungen wie 2G, 2G plus oder ein Alkoholverbot, einige mussten nach wenigen Wochen kurzfristig wieder schließen. „Jetzt sind wir einfach froh, dass die Weihnachtsmärkte überhaupt öffnen können“, so Katrin Hackbarth vom Tourismusverband. Und auch Dehoga-Präsident Schwarz freut sich, dass „der Weihnachtsmarkt wieder sein kann, wie er mal war“. Na dann: Prost und eine schöne Bescherung. Dieser Artikel erschien in Ausgabe 14 von KATAPULT MV. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!