„Viele Menschen schauen genau darauf, wie diese Genehmigung zustande gekommen ist, und das ist auch legitim“, erklärte Minister Till Backhaus (SPD) anlässlich der Übergabe des Genehmigungsbescheids an die Betreiberfirma des LNG-Terminals, Deutsche Regas. Aus Sicht seiner Behörde seien mit der neuen Versorgungsinfrastruktur keine nachteiligen Auswirkungen auf öffentlich-rechtliche Belange zu erwarten, die dem Interesse an einer sicheren Gasversorgung entgegenstünden. 190 Nebenbestimmungen und Zulassungsauflagen sollen den Schutz von Mensch und Natur gewährleisten. Dazu gehören unter anderem das Lärm- und Wassermonitoring sowie Sicherheitsanforderungen in Bezug auf Cyber- und Drohnenangriffe. Das Ministerium verweist auf die Notwendigkeit einer verlässlichen Gasversorgung für die Bürgerinnen und die Wirtschaft im Land. Auch innerhalb der Europäischen Union sollen die zwei geplanten schwimmenden LNG-Terminals vor Rügen ein wichtiger Bestandteil der Versorgungsinfrastruktur werden. Bund und EU gehen davon aus, dass die Flüssiggasterminals auch über 2024 hinaus von hoher Bedeutung für Deutschland und die europäischen Nachbarstaaten ohne Küstenzugang sein werden. Dagegen kam das Energiewirtschaftliche Institut Köln (EWI) im Frühjahr 2023 in einer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz beauftragten Studie zu dem Ergebnis, dass die in Deutschland geplanten und betriebenen Flüssiggasterminals viel zu groß dimensioniert seien. Die untersuchten Kapazitäten seien für die Deckung des deutschen und europäischen Gasbedarfs nicht notwendig. Der Standort Rügen war damals noch gar nicht in der Analyse berücksichtigt. Selbst ohne die Flüssiggasterminals in Mukran sei die geplante und errichtete LNG-Kapazität nur in einem Extremszenario vollständig ausgelastet. Dieses Szenario widerspreche jedoch den Klimazielen der Bundesregierung. LNG: Chance oder Risiko? Die Zulassung für die LNG-Terminals vor Rügen ist zunächst bis Ende 2043 befristet. Die Anbindung des Hafens von Mukran an das deutsche Gasnetz eröffne für den Standort neue Chancen und Möglichkeiten, zeigt sich Backhaus zuversichtlich. Mukran könne von der Transformation zu einer wasserstoffbasierten Wirtschaft profitieren. Thomas Kunstmann von der Bürgerinitiative (BI) Lebenswertes Rügen ist davon nicht überzeugt. Schon früh hatte die Bürgerinitiative gegen den LNG-Ausbau protestiert. „Die Genehmigung des LNG-Terminals in Mukran ist eine bittere Pille, die Rügen schlucken soll“, sagt er. Aus Sicht der BI löse die Betriebsgenehmigung weder die Herausforderungen der Energieversorgung, noch sei sie ein geeignetes Rezept für die Insel als Tourismus- und Wirtschaftsstandort. Grundsätzlich geht die BI davon aus, dass für den Bau und Betrieb der schwimmenden LNG-Terminals in Mukran die rechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Weder im Sommer 2023 noch danach habe es ausreichende Gründe gegeben, den Standort in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufzunehmen. Auch deshalb will die BI den Protest weiter fortsetzen. „Die Genehmigung ist nicht der Schlussstrich unter unserem Protest“, so Kunstmann. Ähnlich äußert sich auch die Gemeinde Binz, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum LNG-Standort Mukran befindet. Man wolle umgehend Rechtsmittel in Form eines Widerspruchs beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einlegen, heißt es. Nach Prüfung der Genehmigungsunterlagen plant die Gemeinde Binz, einen Antrag auf sofortige Untersagung der Inbetriebnahme des LNG-Terminals in Mukran zu stellen. Weitere Klagen gegen LNG-Infrastruktur angekündigt Auch über die Inselgrenze hinaus geht der Protest gegen die LNG-Infrastruktur trotz des Genehmigungsbescheids weiter. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) hatten bereits im Vorfeld gegen die Anbindungspipeline des Terminals nach Lubmin geklagt. Am 18. April werden die Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig abschließend verhandelt. Beide Verbände sind überzeugt, dass der Bau der inzwischen fertiggestellten Leitung rechtswidrig war. Trotz voller Gasspeicher und einer Schädigung des Ökosystems der Ostsee sei der Weiterbau der Pipeline ungehindert fortgesetzt worden. Sie fordern daher die Aufhebung der nun erteilten Genehmigung. Weil das Terminal bis jetzt nicht zur Versorgungssicherheit beitrage, sei es ein „energiepolitisch vollkommen überflüssiges Projekt“, erklärt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. Die Bundesregierung müsse das LNG-Beschleunigungsgesetz aufgrund der vollen Gasspeicher und niedrigen Gaspreise umgehend aussetzen. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!