Für Samstagvormittag hat das Schweriner Friedensbündnis unter dem Motto „Gemeinsam für den Frieden“ zum alljährlichen Ostermarsch aufgerufen. In ihrem Aufruf fordern die Organisator:innen unter anderem die Beendigung aller Kriege, eine neue europäische Sicherheitsarchitektur, die Reaktivierung von Abrüstungsverträgen und den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffensperrvertrag. Beachtung der Sicherheitsinteressen Russlands gefordert Während der russische Überfall auf die Ukraine im Aufruf keine Erwähnung findet, wird die „Beachtung der Sicherheitsinteressen aller Länder Europas einschließlich Russlands, der USA und Kanada“ explizit gefordert. Das Friedensbündnis ist eine Initiative von zahlreichen Organisationen, Verbänden und Einzelpersonen. Neben den Parteien Die Linke, Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) und Die Piraten gehören auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di dem Bündnis an. Der Schweriner DGB-Stadtverband unterstützt den diesjährigen jedoch Aufruf nicht. Soldaten für den Frieden Auch der „Verband zur Pflege der Tradition der Nationalen Volksarmee und der Grenztruppen der DDR“ unterstützt das sogenannte Friedensbündnis. In ihrem öffentlichen Statement bezeichnen sich die Mitglieder nicht nur „als Angehörige einer wirklichen Friedensarmee“, sie wiederholen auch Putins Kriegspropaganda und -rhetorik. Aus unserer Sicht handeln (zielen, Anm. d. Red.) die russischen Truppen in der von Präsident Putin befohlenen ‚Militärische[n] Sonderoperation‘ tatsächlich auf die ‚Entmilitarisierung und Entnazifizierung‘ der Ukraine ab. Stellungnahme des Vorstandes und des Ältestenrates des Verbands zur Pflege der Tradition der NVA und der Grenztruppen der DDR Noch am Abend vor dem russischen Angriff auf die Ukraine, am 23. Februar, demonstrierte das Friedensbündnis in Schwerin gegen einen Krieg gegen sowie die „Dämonisierung“ von Russland. Für den folgenden Tag war eine weitere Mahnwache zum Thema angemeldet. „Bis zum 23. Februar hatten wir nicht geglaubt, dass Putin mit seinen Truppen in die Ukraine einmarschiert“, sagt Heinz Schmidt, Sprecher des Schweriner Friedensbündnisses, auf Anfrage. Im selben Atemzug behauptet er jedoch, dass ein ukrainisches Gesetz die militärische Rückeroberung der von Russland annektierten Gebiete im Donbass und auf der Krim vorsehe. „Und wegen ukrainischer Militäraktionen mussten ja auch Menschen im Donbass nach Russland in Sicherheit gebracht werden”, relativiert Schmidt den russischen Angriff. Für Schmidt trägt die Ukraine damit ebenfalls Verantwortung für den Krieg. „Aber noch höher ist die Verantwortung der Nato für diesen Krieg.“ Den russischen Angriffskrieg verurteilt auch Schmidt als völkerrechtswidrig und fordert, ihn sofort zu stoppen. Friedensmärsche zu Ostern mit langer Tradition Ostermärsche als Friedensaktionen haben in Deutschland eine lange Tradition. Erstmals protestierten Gegner:innen der atomaren Aufrüstung am Karfreitag 1960 in Braunschweig öffentlich. Vorbild waren britische Atomwaffengegner:innen und Pazifist:innen des Anti-Atom-Bündnisses „Campaign for Nuclear Disarmament“ („Kampagne für nukleare Abrüstung“), die bereits zwei Jahre zuvor einen dreitägigen Protestmarsch zu Ostern organisiert und gegen den geplanten Bau einer Wasserstoffbombe auf der Insel demonstriert hatten. Auch in der DDR wandte sich die evangelische Kirche schon frühzeitig gegen die atomare Bewaffnung und stellte sich damit gegen die offizielle Staatsdoktrin der friedenssichernden Nationalen Volksarmee. Grüne und SPD kritisieren Friedensbündnis Auch die Grünen haben in den vergangenen Wochen und Monaten im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine zu Friedensdemonstrationen aufgerufen. Die Partei hat selbst Wurzeln in der Anti-Atomkraft- und der Friedensbewegung. „Wir stehen eindeutig an der Seite der Menschen in der Ukraine, die von Putins Russland mit Krieg überzogen werden“, sagt Ole Krüger, Grünen-Parteivorsitzender von MV. Es sei mehr als befremdlich, dass das Friedensbündnis aus verschiedenen Schweriner Organisationen ungeschminkte Kreml-Propaganda verbreitete. „Wer in der jetzigen Situation nicht klar Ross und Reiter nennt, hat sich vergaloppiert.“ Aufrufe zu den jetzigen Friedensdemonstrationen müssen die alleinige Schuld Putins an diesem Krieg thematisieren und nicht relativieren. Ole Krüger, Vorsitzender Bündnis 90/Die Grünen in MV Auch die Vorsitzende der SPD in der Schweriner Stadtvertretung, Mandy Pfeifer, kritisiert die Forderungen des Bündnisses: „Wladimir Putin hat mit seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine alle diplomatischen Bemühungen mit Füßen getreten und die europäische Friedensordnung aufgekündigt. Er und sein Regime haben ein Nachbarland brutalst überfallen. Putins Krieg ist eine Zäsur.“ Diese Entwicklungen lasse das Bündnis außer Acht. Pfeifer fordert einen Fokus auf die sofortige Beendigung des Krieges. Putinversteherin AfD Die AfD-Landtagsfraktion argumentierte in der jüngsten Debatte ähnlich wie Schmidt und sein Bündnis. Der AfD-Landtagsabgeordnete Horst Förster meinte, dass „der Krieg mehrere Väter“ habe: „Aus russischer Sicht gab es Gründe, dass sich diese Weltmacht gedemütigt und auch bedroht fühlte“, so Förster. Ein Nato-Beitritt der Ukraine hätte Russlands Sicherheitsinteressen tangiert, diese Sorgen hätten ernstgenommen werden müssen. Telefonische und schriftliche Anfragen von KATAPULT MV bei der AfD-Landtagsabgeordneten und -Stadtvertreterin Petra Federau blieben unbeantwortet. Rechtsradikale auf Marsch unerwünscht Die Website des Friedensbündnisses wurde am Mittwoch kurzfristig aktualisiert, denn der Veranstalter „sieht sich veranlasst, darauf hinzuweisen, dass Menschen mit rechtsradikalem und nationalistischem Gedankengut auf dem Ostermarsch nicht willkommen sind“. Die Initiative bitte „alle Teilnehmer, den Gebrauch von Nationalfahnen zu unterlassen, um Konfrontationen auf Grund des völkerrechtswidrigen Krieges Russlands in der Ukraine zwischen Teilnehmern zu vermeiden“. Beginnen soll der Marsch um 10 Uhr am Grunthalplatz. Als Hauptrednerin für die Kundgebung am Südufer des Pfaffenteichs ist Ina Latendorf, Bundestagsabgeordnete der Linken, angekündigt. Ostermarsch auch in Rostock Auch das Rostocker Friedensbündnis ruft für Samstag zu einer Friedenskundgebung ab 10 Uhr am Markt Reutershagen auf. Das Bündnis aus Organisationen und Privatpersonen fordert die Beendigung von Waffenlieferungen an die Ukraine und den Stopp von Sanktionen gegen Russland. Gegründet hatte es sich 2001 angesichts der Anschläge vom 11. September sowie der Reaktionen von USA und Nato darauf. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!