„Aufschlussreich, persönlich und ehrlich.“ So beschreibt MVs Sozialministerium ihren im Oktober gestarteten Podcast. Die Idee: Einmal im Monat bespricht Drese soziale und gesundheitsrelevante Themen mit ihrem persönlichen Referenten Jan Farclas. Bis heute sind insgesamt drei Folgen erschienen, die über sämtliche Streamingdienste, Youtube sowie die Ministeriumswebsite gehört werden können. Was mir an der Idee gefällt: Die Landespolitik sucht neue Wege, um Bürger:innen zu erreichen. Außerdem können per Mail Fragen eingeschickt werden, die eventuell im Podcast beantwortet werden. Eigentlich geil.
Inhaltlich können die bisher erschienenen Episoden allerdings nicht überzeugen. Moderator Farcas stellt kumpelhafte Fragen an Ministerin Drese, die weder konkrete Antworten noch wirkliche Positionierung verlangen. Das wäre noch okay – wenn das SPD-geführte Ministerium nicht auf Kosten der Steuerzahler:innen bereits 8.670 Euro in Werbemaßnahmen investiert hätte. Dazu zählen mehrere Annoncen in Zeitungen und die Nutzung einer LED-Werbefläche in Rostock. Das Ergebnis ist dennoch eher mau: Bis heute (4. Januar) wurden alle Episoden zusammen nur 1.004-mal (davon je einmal von mir) angehört. Das entspricht ungefähr der Anzahl der Menschen, die in Altenpleen leben. Umgerechnet bedeutet das: MVs Bildungsministerium hat bislang 8,67 Euro pro Podcastaufruf investiert. 34,68 Euro allein für mich. Aha. Das Konzept Jede Folge beginnt gleich: Intro mit Musik, die versucht, cool daherzukommen, gefolgt vom frech-jugendlichen Titel „Die Drese“. Moderator Jan Farclas begrüßt die Hörer:innen. Alles ist neu, alles ist aufregend. Schnell merkt man, dass Farclas Radioerfahrung hat. Tatsächlich war er mehr als zwölf Jahre als Redakteur für den NDR tätig, bevor er für ein paar Monate bei den mittlerweile insolventen MV-Werften arbeitete. Im Oktober 2020 wechselte er dann in eine Pressestelle des Landes. Seit November 2021 ist Jan Farclas Referent der Ministerin.

Die Hauptdarstellerin ist natürlich Stefanie Drese, die Farclas auch von einer persönlichen Seite vorstellen möchte. Jan und Steffi duzen sich. Finde ich überraschend und sympathisch. Die beiden planen immer etwa 20 Minuten für eine Folge ein. Manchmal wird Musik eingespielt, manchmal ulkige Soundeffekte (Ba-dum-tss). Die Folgen Bereits in der Pilotfolge wird klar, Jans Fragen sind harmlos und entlocken wenig. Steffi bleibt in ihren Antworten meistens oberflächlich. Beispielsweise werde derzeit an einem Integrationsgesetz gearbeitet. Was dieses Gesetz beinhaltet, wann mit Ergebnissen zu rechnen ist oder welche Hürden es hierbei womöglich gibt, lässt sie offen. Nachfragen? Fehlanzeige.
In Folge zwei erklärt Steffi, warum die Frühchenstation im Neubrandenburger Krankenhaus geschlossen werden soll. Sie erläutert, welche gesetzlichen Grundlagen dabei eine Rolle spielen und wie Krankenkassen eine solche Entscheidung beeinflussen können. Für die Hörer:innen eigentlich interessantes Hintergrundwissen. Dann fragt Jan allerdings, welche Möglichkeiten das Ministerium zum Erhalt der Station sieht. Steffi sagt: Es soll politische Gespräche über die Landesvertretung in Berlin geben. Gespräche. Aha. Als Jan mit dem Thema Jugendwort 2022 um die Ecke kommt, schalte ich fast aus. Nicht wegen des Themas, sondern wegen des Unverständnisses, mit dem Steffi und Jan darüber diskutieren. Die Folge hat auf Youtube übrigens weniger als 20 Aufrufe – etwa zehnmal weniger als die erste Episode. In Folge zwei wird dann die erste (und bislang einzige) Hörer:innenfrage beantwortet. Sabrina aus Rostock will wissen, wie es die Ministerin schafft, ihre Familie trotz des hohen Arbeitspensums nicht verhungern zu lassen. Steffi sagt: Das könnten nur ihre Kinder beantworten. Und ohne Familie und Freunde gehe sowieso nix. Aha.

Folge drei beginnt mit Erkältungen, Grippe, dem RS- und dem Coronavirus. Steffi bedankt sich bei Eltern, Ärzt:innen und Pflegepersonal für ihren Einsatz. Sie gibt außerdem Tipps zur Stärkung des Immunsystems: ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf, Händewaschen, Sport und Bewegung an der frischen Luft. Frische Luft. Aha. Jan fragt Steffi anschließend nach konkreter Hilfe für Sport und Kultur während der Energiekrise. Steffi betet Zahlen, Fonds und Fördereinrichtungen herunter. Ziel der Ministerin: soziale, gesundheitsrelevante und sportliche Einrichtungen und Organisationen im Land erhalten. Das will ich auch. Danke. Entweder oder Höhepunkt jeder Folge sind die zehn Entscheidungsfragen, die Jan für Steffi vorbereitet hat. In Folge drei überrascht er sie sogar mit einem extra Einspieler für diese Rubrik. Hammer. Das ist Infotainment.
Diese Fragen bleiben allerdings meist harmlos und wenig politisch. Was ich dabei über Steffi gelernt habe: Sie ist Einzelkind, mag Nordic Walking, liebt James Bond und Götterspeise, trägt gern Röcke, hat einen Hund und findet Grützwurst köstlich. Aha. Zwischendurch die Überraschung: Steffi bezieht – überraschend konkret – ganz offen gegen die Fußball-WM 2022 in Katar Stellung. Immerhin mal eine deutliche politische Positionierung. Find ich gut. Die Zukunft Schon nach Episode zwei steht für Jan und Steffi fest: Es wird aufgrund des positiven Feedbacks definitiv weitere Folgen geben. In Zukunft möchte das Podcastduo verschiedene Gäste einladen und weitere Hörer:innenfragen beantworten.
Grundlegend finde ich es toll, dass Landespolitiker:innen neue Möglichkeiten erproben und den Dialog mit Bürger:innen suchen. Jan und Steffi haben eine tolle Dynamik und sind dabei weitaus sympathischer als ihre Kolleg:innen vom Cäshflow-Podcast, der vom baden-württembergischen Finanzministerium produziert wird. Aber: Ich würde mir wünschen, dass der Podcast inhaltlich dichter, konkreter und gehaltvoller wird. Besonders, wenn man auf das Werbebudget schaut. Damit hätte das Sozialministerium beispielsweise 144 Leuten ein KATAPULT-MV-Jahresabo spendieren können. Hier meine unentgeltlichen Vorschläge für die nächsten Folgen: Steffi stellt Jan zehn Entscheidungsfragen.Till Backhaus wird eingeladen und verrät, wie man 24 Jahre im Ministeramt bleibt.Steffi muss anhand von Fangesängen erkennen, gegen welchen Verein Hansa Rostock spielt.Alle verraten, ob sie noch ihren Blinddarm haben. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!