Ralph Weber sorgt nicht nur innerhalb der AfD für Unruhe. Seine erste Vorlesung nach seiner Zeit als Abgeordneter im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern wird von Schlagzeilen, Unmut und Protesten begleitet. Wie der Landkreis bestätigte, ist für 11 Uhr am Dienstagvormittag eine Versammlung mit 350 Teilnehmenden vor dem Audimax in der Greifswalder Rubenowstraße angemeldet. Nach Angaben des Vorsitzenden des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta), Hennis Herbst, kommt die Anmeldung nicht von der Studierendenschaft. Man werde sich aber beteiligen. Der Protest findet unter dem Motto „Kein Platz für Hass an der Uni“ statt. Die Organisator:innen von der 2014 gegründeten Initiative „Uni ohne Nazis“ kommentieren in ihrem Protestaufruf: „Wir sind der Meinung, Menschen wie Ralph Weber haben hier keinen Platz. Schon gar nicht in der Lehre, wo sie über Gedeih und Verderb von Studierenden entscheiden können, die nicht in ihr Weltbild passen.“ Sie rufen dazu auf, Webers Vorlesung zu boykottieren und dafür zu sorgen, „dass er sie vor einem leeren Hörsaal hält und dass der Protest draußen dafür umso lauter ist“. Weber wird am 2. November um 12 Uhr seine erste Vorlesung „Historische Grundlagen des Rechts“ im Audimax halten. Die Universität äußerte sich in einer Stellungnahme zum geplanten Protest und betont, friedliche Demonstrationen seien ein bedeutender Pfeiler der Demokratie. Die Uni betont jedoch auch, dass Webers Rückkehr den Vorgaben des Beamtenrechts entsprächen. Diese sehen vor, dass Beamte nach Ausübung eines politischen Amtes oder Mandats wieder an ihre bisherige Stelle zurückkehren dürfen – mit allen Rechten und Pflichten als Universitätsprofessor und Mitglied der Universität Greifswald. Diese stehe in „konstruktivem Austausch“ mit den Studierenden und nehme die in einem aktuellen Beschluss des Studierendenparlaments geäußerten Sorgen sehr ernst. So gibt es bereits ein Alternativangebot für Jurastudent:innen: Professor Schlinker bietet eine rechtsgeschichtliche Vorlesung „historische Grundlagen des Privatrechts“ als Ausweichmöglichkeit an. Das Studierendenparlament hatte zuvor in einem Beschluss Webers Rückkehr kritisiert und Ausweichvorlesungen gefordert. Die Vorlesung bei Rechtsprofessor Schlinker findet donnerstags von 16 bis 18 Uhr auf dem Campus Loefflerstraße statt. Hintergrund Ralph Weber war von 2016 bis 2021 Abgeordneter der AfD im Landtag MV und Mitglied des rechtsextremistischen Flügels der Partei. Wegen „parteischädigenden Verhaltens“ läuft gegen ihn aktuell noch ein Parteiausschlussverfahren. Nach eigenen Angaben will der Juraprofessor jedoch schon bis Ende Oktober aus der Partei ausgetreten sein. Der Rechtswissenschaftler warf dem AfD-Landeschef Leif-Erik Holm einen „diktatorischen“ Führungsstil vor, bezeichnete die neuen Abgeordneten im Landtag als „Gurkentruppe“ und beschrieb die Partei als „unwählbar“. Die sogenannte „Gurkentruppe“ beleuchtet Weber mittlerweile auch ausführlich auf seiner öffentlichen Facebookseite in einer fünfteiligen „Gurkentruppen-Analyse“. Den Unmut an der Universität Greifswald schürt Weber ebenfalls schon länger. So fiel er schon vor seiner Zeit als Abgeordneter an der Uni durch rassistische, sexistische und homophobe Sprüche auf und lud einen Reichsbürger als Referenten in seine Vorlesung. Bereits 2010 hielt Weber seine Vorlesungen in T-Shirts der Nazimarke „Thor Steinar“ – bis ihm die Universität dies untersagte. Die Studierenden unter Ralph Weber sammelten ihre Erfahrungen aus den Vorlesungen bereits 2016 auf dem Fleischervorstadtblog. In der Katapult-MV-Analyse „Ist die AfD in MV rechtsextrem?“ belegt Ralph Weber Platz 15 von 21. Grund: Weber ist pro NPD und fordert einen „Ariernachweis“ sowie eine „biodeutsche“ Leitkultur, nach der nur jene Menschen deutsch sind, die deutsche Eltern und Großeltern haben. Weber betreute von 2014 bis 2016 als Doktorvater den wegen Volksverhetzung verurteilten Neonazi und Gründer einer Rechtsrockband Maik Bunzel. Dessen Band „Hassgesang“ ist offen nationalsozialistisch und antisemitisch. Textzeilen wie „Adolf Hitler, Sieg Heil tönt es zu dir empor“ und „Atomraketen auf Israel“ sind Normalität. Auf den Covern der Band sieht man Hitler beim Zeigen des Hitlergrußes oder den Stacheldrahtzaun eines Konzentrationslagers vor einem durchscheinenden Hakenkreuz. Weber sah in der Betreuung des Neonazis keinen Fehler. Für die Kundgebung am Dienstagvormittag wird die gesamte Rubenowstraße gesperrt. Die Demo beginnt um 11 Uhr, die umstrittene Vorlesung findet von 12 bis 14 Uhr statt. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!