In erster Linie ist die Oberbürgermeisterin die gesetzliche Vertretung der Stadt und leitet die Verwaltung mit insgesamt etwa 7.700 Angestellten, die in vier Senatsbereichen, 33 Ämtern, drei Eigenbetrieben und 26 kommunalen Unternehmen beschäftigt sind. Damit ist die Stadtverwaltung die größte Arbeitgeberin der Stadt. Einer von zwölf Arbeitsplätzen untersteht der OB. Lenkerin der Verwaltung Sie ist für ordnungsgemäße Abläufe verantwortlich. Dazu gehören auch regelmäßige Beratungen mit leitenden Bediensteten, um eine einheitliche Verwaltungsführung zu gewährleisten. Sie entscheidet über alle Personalangelegenheiten, ist Dienstvorgesetzte in der Stadtverwaltung, hat jedoch keine Disziplinarbefugnis gegenüber den Senatorinnen. Auch eine Richtlinienkompetenz, mit der beispielsweise der Bundeskanzler Entscheidungen über Köpfe hinweg treffen kann, hat die OB nicht. Die Oberbürgermeisterinentscheidet lediglich über Angelegenheiten, die nicht von der Bürgerschaft oder dem Hauptausschuss wahrgenommen werden. Sie bestimmt nicht, wofür Geld ausgegeben wird, denn diese Aufgabe übernimmt die Rostocker Bürgerschaft, das für fünf Jahre gewählte Stadtparlament. Dessen Beschlüsse muss die OB vorbereiten und umsetzen. Sie kann gegen Beschlüsse der Bürgerschaft nur in zwei Fällen – zumindest zeitweise – ein Veto einlegen: Wenn diese geltendem Recht oder den Interessen der Stadt widersprechen. Die Oberbürgermeisterin muss die Bürgerschaft außerdem über Angelegenheiten von besonderer Bedeutung unterrichten und vierteljährlich über alle getroffenen Entscheidungen informieren. Rechte und Pflichten einer OB Eine Oberbürgermeisterin hat lediglich einen kleinen Gestaltungsspielraum, beispielsweise im Tourismus und den damit verbundenen Leistungen innerhalb der Stadt. Außerdem kann sie Bauleistungen bis 100.000 Euro, Liefer- und Dienstleistungen sowie freiberufliche Leistungen bis 50.000 Euro eigenmächtig vergeben. Sie kann über den Erwerb und Verkauf bis zu festgelegten Wertgrenzen von jeweils 750.000 Euro sowie die Belastung von Grundstücken bis 1,5 Millionen Euro, über Schenkungen bis 1.000 Euro, die Gewährung von Darlehen bis 250.000 Euro sowie über die Aufnahme von Krediten bis 5 Millionen Euro entscheiden.  Stadtsprecher Ulrich Kunze fasst es so zusammen: Aufgabe der Oberbürgermeisterin sei es, „das Orchester aus Verwaltung, Bürgerschaft und Einwohnerschaft gemeinsam zum Schwingen zu bringen, sodass ein harmonischer, symphonischer Klang herauskommt“. Die OB muss den riesigen Verwaltungsapparat der Stadt führen und lenken und für funktionierende Strukturen und effektive Abläufe sorgen, um der Verwaltung ihre Arbeit zu ermöglichen. Verwaltungsstrukturen sind allerdings nicht für ihre demokratische Legitimation bekannt, Führungspersonen werden in der Regel nach Qualifizierung vergeben, nicht nach Beliebtheit. Doch bei der Oberbürgermeisterin ist das anders. Ihr Job ist der einzige ohne Stellenbeschreibung in der Stadtverwaltung. Es gibt nur wenige Voraussetzungen, um sich als Kandidatin aufstellen lassen zu können. Und (fast) alle dürfen mitbestimmen. OB vs. Bürgerschaft Erst seit 20 Jahren wählen die Rostockerinnen ihr Stadtoberhaupt direkt. Vorher wurde die OB vom Stadtparlament für erst vier, dann sieben Jahre gewählt. „Das liegt an der Süddeutschen Ratsverfassung“, erklärt der Politikwissenschaftler Jan Müller von der Universität Rostock. Diese habe sich in den Neunzigerjahren fast überall in Deutschland durchgesetzt. In Meck-Vorp ermöglicht die Kommunalverfassung seit 1997 direkt gewählte hauptamtliche Bürgermeisterinnen. In Rostock wurde 2002 der erste Oberbürgermeister direkt gewählt. „Das System hat ein bisschen was von Präsidentialismus“, beschreibt Müller. Die Bürgerschaft kontrolliert die OB, die jedoch unabhängig von der Bürgerschaft ins Amt kommt. „So lassen sich Seilschaften vielleicht vermeiden.“ Probleme in der Praxis können entstehen, wenn das Verhältnis zwischen OB und Bürgerschaft zerrüttet ist oder es der OB nicht gelingt, für ihre Themen eine Mehrheit in der Bürgerschaft zu gewinnen. Eine OB könne andererseits auch Entscheidungen der Bürgerschaft blockieren oder nur zögerlich umsetzen. So wurde unter Oberbürgermeister Roland Methling (UFR) ein rigider Sparkurs teilweise gegen den Willen der Bürgerschaft durchgesetzt. Sein Nachfolger Claus Ruhe Madsen (parteilos) erhielt Gegenwind aus der Bürgerschaft, die ihm nicht nur im Rahmen der abgesagten Bundesgartenschau Alleingänge vorwarf. Eva-Maria Kröger (Die Linke) hätte als Vorsitzende der größten Fraktion in der Bürgerschaft mit 11 von 53 Sitzen womöglich Vorteile, wenn es um die Beschaffung von Mehrheiten geht. Einzelkandidat Michael Ebert wird dagegen von CDU, FDP und UFR unterstützt. Sollte dieses Bündnis auch nach der Wahl bestehen bleiben, hätte es drei Stimmen mehr als Krögers Fraktion. Grundsätzlich soll die OB die Verwaltung zusammenhalten. Ihr obliegen die Aufgaben einer Chefin, ohne dabei unabhängig agieren zu können. Dafür wird sie mit einem Bruttoverdienst von 11.000 Euro inklusive Zuschläge entschädigt. Außerdem bekommt sie einen Dienstwagen, Notebook, Computer und ein Smartphone. Das Amt bietet wenig Spielraum für Willkür, denn wichtige Entscheidungen kann eine Oberbürgermeisterin nur gemeinsam mit der Bürgerschaft treffen. Weil beide direkt gewählt werden, ist nicht klar, wer letztlich die höhere Legitimation besitzt. Arbeiten Bürgerschaft und Oberbürgermeisterin nicht zusammen, könnten sie sich gegenseitig blockieren.
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