Dieser Tage werden die letzten Trauben gelesen. Nicht nur in den klassischen Weinländern Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz – auch hier in MV. Nach Angaben von Lothar Weidner, Referent für Landwirtschaftliche Produktion und Vermarktung in MV, haben landesweit derzeit 14 Anbauer:innen das sogenannte Pflanzrecht. Mit dieser Genehmigung dürfen sie offiziell Wein anbauen und vermarkten. Die verfügbare Fläche im Land beträgt nach dieser EU-Vorgabe insgesamt 30 Hektar. Wer Wein anbauen will, muss das beim Bundesamt für Lebensmittel und Ernährung beantragen. Die Frist endet jährlich Ende Februar. Die Behörde stellt dann bis zum Sommer die Genehmigungen aus. Interessenten gebe es von Jahr zu Jahr mehr. 2018 gab es noch sieben Winzer:innen in MV. Mittlerweile sind es doppelt so viele. Die meisten davon bauen auf weniger als einem Hektar Fläche Wein für den Eigenbedarf oder eine sehr regionale Vermarktung an, etwa für benachbarte Hotels, den eigenen Hofladen, oder um die unmittelbare Region touristisch aufzuwerten. Das wohl bekannteste und flächenmäßig größte Anbaugebiet im Land befindet sich in Rattey. Seit 2004 steht es zusammen mit einer Fläche in Burg Stargard im deutschen Weinbaugebietsverzeichnis. Mit rund 20 Hektar gelten sie zusammen als das größte Weinanbaugebiet Norddeutschlands. Die beiden Lagen südlich und östlich von Neubrandenburg vermarkten ihre Produkte zusammen unter dem Namen „Mecklenburger Landwein“. Diesen Namen dürfen auch nur sie führen. Landwein ist nämlich laut Weidner eine Qualitätsstufe, die nur aufgrund bestimmter Faktoren anerkannt wird. Alle anderen in MV produzierten Weine dürfen als „Deutscher Wein“ vermarktet werden. Wein aus MV ein Exportschlager? MV als Weinland ist aber kein Trend aus den 2000ern – bereits im 13. Jahrhundert bauten die Zisterziensermönche hier Wein an, und zwar ab 1229 in Güstrow, 1269 bei Neukloster und ab 1284 nahe Schwerin. Ein Exportschlager werden die heimischen Tropfen wohl auch eher nicht. Immerhin ist die Anbaufläche mit insgesamt 30 Hektar im Vergleich zu Rheinland-Pfalz mit dem größten Anbaugebiet (rund 65.000 Hektar) sehr klein. Geschmacklich unterscheide sich der Wein aus MV aber gar nicht so sehr von der süddeutschen Konkurrenz, wie man es vielleicht vermuten würde, erzählt Weidner. Ein großer Unterschied ist, dass hierzulande vor allem pilzresistentere Rebsorten angebaut werden, die bei nass-kühlem Wetter widerstandsfähiger sind. Dazu zählen unter anderem Phoenix, Regent und Solaris. Sorten wie Merlot würden in MV so gut wie gar nicht reifen, eher schnell vergammeln, erzählt Weidner. Die sogenannten Piwi-Sorten (pilzwiderstandsfähigere Sorten) haben zudem eine kurze Vegetationsdauer, damit sie genügend Zucker einlagern können. Mit diesen Sorten könne man zwar nicht bei den deutschlandweiten Weinmeisterschaften antreten, erklärt der Weinbeauftragte. Wohl aber sind Weine aus Rattey bei den Piwi-Meisterschaften schon mit Gold ausgezeichnet worden. 2021 war kein erfolgreiches Weinjahr Für die hiesigen wie auch für alle anderen Weinsorten war 2021 ein eher unterdurchschnittlicher Jahrgang. Waren die Winzer:innen in der ersten Jahreshälfte guter Dinge, verzeichneten sie zeitweise viele Trauben an den Rebstöcken und hohe Zuckerwerte, so gab es in den vergangenen vier bis sechs Wochen einen rapiden Wetterumschwung. Einige Regionen wurden von Pilzen heimgesucht, Trauben mussten vorzeitig geerntet werden. Das gelte aber für ganz Deutschland. Was Menschen hierzulande zum Weinanbau bewegt? Weidner nennt gleich mehrere Gründe: Das Interesse am Anbau und der Spaß, sagen die meisten. Außerdem stehe ein Rebstock unter günstigen Bedingungen oft Jahrzehnte, daher kann der Weinanbau eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Produktionen sein. Obwohl es im Vergleich zum Anbau von Kartoffeln oder Zuckerrüben aufwendiger ist und strenger geregelt ist, überwiege für sie der Reiz, in MV mal etwas vermeintlich Exotisches anzubauen. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!