Die kleine Stadt Grabow (Landkreis Ludwigslust-Parchim) mit ihren 5.500 Einwohnern hat bislang drei Gewerbegebiete. Mit dem sogenannten Businesspark Eldetal soll nach dem Willen der Gemeinde direkt an der A 14 ein vierter Industrie- und Gewerbestandort entstehen. Aktuell wird das Gebiet zur Erschließung vorbereitet, doch können Unternehmen bereits Reservierungen für die 130 Hektar frei verfügbarer Fläche anfragen. Das Land unterstützt das Vorhaben mit 38 Millionen Euro. Der als „grünes Gewerbegebiet“ geplante Businesspark trifft beim Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald auf wenig Begeisterung. Die Genehmigung der Landesforst für die geplante Rodung der zunächst 40 Hektar zusammenhängenden Waldes widerspreche sowohl dem Klimaschutzgesetz als auch dem Waldgesetz und dem geltenden Naturschutzrecht, sind die Umweltschützer überzeugt. Die Stadt Grabow möchte darüber hinaus, dass noch weitere 90 Hektar Wald dem Gewerbegebiet weichen. Dies sei bereits beschlossen, erklärte der BUND in einer Pressemitteilung. Neue Gewerbeflächen notwendig Große Teile der Wirtschaft müssten klimaneutral und deshalb auf erneuerbare Energie umgestellt werden. „Damit bekommen die Standorte einen Vorteil, die erneuerbare Energien anbieten. Dort werden die guten Arbeitsplätze der Zukunft entstehen“, erklärte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) beim Überreichen des Zuwendungsbescheides Mitte 2021. Gemeinsam mit Wirtschaft und Gewerkschaften habe die Landesregierung ein industriepolitisches Konzept entwickelt, das auf die Ansiedlung „sauberer“ Industrie setze. Aus Sicht der Ministerpräsidentin habe der Landkreis Ludwigslust-Parchim bisher eine „gute Strukturpolitik“ betrieben. Die Standortvorteile, eine gute Fachkräftebasis und die geografische Lage mit Anbindung an die Metropolregion Hamburg machten neue Gewerbeflächen notwendig. So könnten sich weitere Unternehmen mit zusätzlichen Arbeitsplätzen ansiedeln, erläuterte Schwesig damals. Drei Kriterien machen laut Wirtschaftsministerium das geplante Gewerbegebiet zu einem unterstützenswerten grünen Projekt: die Nutzung erneuerbarer Energien, die in der Region erzeugt werden, Maßnahmen zur Energieeffizienz und eine sparsame, effiziente Flächennutzung. Die Idee zu dem grünen Gewerbepark kam vom damaligen Bürgermeister der Stadt Grabow, dem heutigen Landrat Stefan Sternberg (SPD). Er prognostizierte für den geplanten Industriepark, in 30 Jahren ausgelastet zu sein. Denn zentrale Herausforderungen einer wirtschaftlich zukunftsfähigen Entwicklung von Gewerbestandorten seien Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Energieversorgung und Mobilität. Widerspruch gegen geplante Rodung Der BUND hat im Juli letzten Jahres Widerspruch gegen die von der Landesforst erteilte Genehmigung zur Waldrodung und Versiegelung der benötigten Fläche eingelegt. Das Argument: Die angedachten Ersatzpflanzungen könnten die entstehenden Schäden nicht ausgleichen. „Die Zerstörung des Waldökosystems auf so einer großen Fläche ist in Anbetracht des Klimawandels anachronistisch.“ Ein solches Vorgehen hätte in „großem Stil (...) Auswirkungen auf Wasserrückhalt und Grundwasserneubildung“, so die Landesgeschäftsführerin des BUND, Corinna Cwielag. Und auch für die Anwohner:innen gehen nach Meinung des Umweltverbandes „Hitzeminderung und Kaltluftentstehung“ durch die bisher benachbarten Naturschutzgebiete „unwiederbringlich verloren“. Ein einmal zerstörtes Ökosystem Wald neu aufzubauen, dauere Jahrzehnte. Für die Anpassung an den Klimawandel müssten bestehende Wälder geschützt werden. Der Grabower Forst erfüllt zudem eine wichtige Funktion als Wasserspeicher und liegt in unmittelbarer Nähe zu dem europäischen Natura-2000-Schutzgebiet Ludwigsluster-Grabower Heide, Weißes Moor und Griemoor, wie der BUND weiter mitteilte. Zudem schreibt das Landeswaldgesetz vor, dass als Ausgleich eine Fläche für Ersatzpflanzungen gefunden werden muss, die der umgewandelten Fläche „nach Größe, Lage, Beschaffenheit und künftiger Funktion gleichwertig werden kann“. Nach Ansicht des BUND MV ist dies jedoch nicht gelungen. Es wurde kein annähernd ausreichendes Gebiet gefunden. Stattdessen sollen mehrere Kilometer entfernt 28 vereinzelte Ersatzpflanzungen auf verstreuten Teilflächen erfolgen. Der BUND hat sich nach eigenen Angaben die Waldausgleichsflächen im Oktober 2022 bei einer Begehung angesehen und unter anderem darauf sein Urteil gestützt. Laut Bebauungsplan für den Gewerbepark handelt es sich um Grundeigentum der Stadt Grabow. Die vorgeschlagenen Flächen seien aus landschaftspflegerischer und naturschutzfachlicher Sicht geprüft und das Ergebnis der zuständigen Naturschutzbehörde zur vertiefenden Prüfung übergeben worden. Aus forstlicher Sicht war es außerdem zwingend, dass die Flächen kurzfristig zur Verfügung stehen, denn eine Waldumwandlung kann nur bei nachweislich möglicher Kompensation beziehungsweise kurzfristiger Umsetzung genehmigt werden. Für das neue Gewerbegebietes besteht laut BUND darüber hinaus überhaupt kein Bedarf. Die Ansiedlung der bisher anfragenden Unternehmen sei auf den bereits bestehenden Gewerbeflächen möglich. Aktuell wertet die Naturschutzorganisation deshalb Daten zur Zahl der Anfragen und der damit verbundenen Investitionssumme für den Grundstückskauf aus. Als Termin zur Begründung des Widerspruchs hat die Landesforst den 17. Februar angesetzt. Das zuständige Umweltministerium äußerte sich auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen der Umweltschützer:innen. Es teilt lediglich mit, dass über Widersprüche im Regelfall innerhalb von drei Monaten entschieden werde. Vor Abschluss des Verfahrens seien keine Aussagen dazu möglich. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. 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