Im Kaltgewächshaus ist Empfang. Wo im Winter Pflanzen des botanischen Gartens untergebracht sind, die es kalt mögen, begrüßte heute Katharina Riedel, Rektorin der Universität Greifswald, die anwesenden Gäste. Ein langer Prozess findet damit ein erfolgreiches Ende. Nach drei Jahren und einigen Herausforderungen steht das historische Gewächshaus vor der Neueröffnung. Riedels Dank gilt diesbezüglich vor allem der großzügigen Unterstützung durch Bund und Land, aber auch den Bürgern und Bürgerinnen, die mit 120.000 Euro privater Spenden die Sanierung ermöglichten. 7.000 Unterschriften für den Erhalt des Gewächshauses 2014 bescheinigte ein Gutachten Mängel in der Statik des Gebäudes, das zum Ende des 19. Jahrhunderts aus sogenanntem Puddeleisen errichtet wurde. Die Lebensbedingungen der tropischen Pflanzensammlung hatten der Gebäudekonstruktion und besonders dem Fundament stark zugesetzt. Daraufhin forderten die Greifswalder Bürger:innen mit 7.000 Unterschriften den Erhalt des Gebäudes, das seit nunmehr 135 Jahren in Betrieb ist. Bis zur Schließung des Gewächshauses im Jahr 2014 war das Gebäude doppelt verglast. Doch der hohe Nährstoffgehalt in der Luft sorgte immer wieder für Ablagerungen und Bewuchs zwischen den Glasscheiben. Das neue Einfachglas kennt dieses Problem nicht und besitzt zudem eine bessere Wärmedämmung, erklärt Riedel die Vorteile. Martin Schnittler, Direktor des Botanischen Gartens, führt durch das wiedereröffnete Gewächshaus (Foto: Morten Hübbe) „Die Restaurierung des Gebäudes war eine besondere Herausforderung, weil sie die Bereiche Statik und Architektur miteinander vereinte“, weiß der stellvertretende Staatssekretär des Finanzministeriums, Stefan Wenzl. Aber es sei wichtig gewesen, das historische Gewächshaus zu erhalten – ein authentisches Gebäude aus der Zeit des Eisenbaus. Im Puddel-Verfahren hergestellt, lässt sich das Eisen nicht schweißen, ist dafür aber besonders widerstandsfähig gegen Rost, erklärt Wenzl. Somit bietet das Eisen ideale Voraussetzung für ein Gewächshaus mit tropischen Bedingungen. Von der ursprünglichen Eisenkonstruktion mussten deshalb lediglich fünf Prozent des Puddeleisens mit Edelstahl (V2A) ersetzt werden, so Martin Schnittler, Direktor des Botanischen Gartens. Das historische Gewächshaus sei ein großartiger Schatz in Greifswald, erklärt Susanne Bowen, Staatssekretärin des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur. Es biete den notwendigen Raum für Lehre- und Forschungsbetrieb. Hier gingen die Gebiete Pharmazie, Biologie und Landschaftsgestaltung ineinander über. Ab Samstag wieder Pflanzen zum Anfassen Im historischen Gewächshaus ist es heiß und feucht (Foto: Morten Hübbe) Etwa 420 tropische Pflanzen befinden sich nun im neu eröffneten Trakt, der ab Samstag (18. Juni) wieder besichtigt werden kann. Ein tropischer Bergregenwald ist nachempfunden. Die Luft ist extrem feucht und heiß. „So ähnlich ist es auch in den Bergen von Nicaragua“, erklärt Schnittler. Er ist dankbar, dass die Pflanzen nach acht Jahren wieder an ihrem angestammten Platz stehen. Das historische Gewächshaus, aber auch der botanische Garten sollen freie Stätten der Begegnung sein, in denen die Pflanzenwelt mit allen Sinnen erlebt werden kann, hofft Schnittler. Er ist mit Leidenschaft dabei, reicht Blätter mit glatter Ober- und samtener Unterseite durch die Reihen der Gäste. „Pflanzen können bei uns angefasst werden“, gibt er mit auf den Weg. Für die Zukunft des historischen Gewächshauses im botanischen Garten wünscht sich Schnittler, dass die Bürger:innen die kleinen paradiesischen Inseln schätzen lernen und es schaffen, diese aufrecht zu erhalten. „Wir wollen die Pflanzenschätze weiter erhalten, so wie es die Generationen vor uns getan haben.“ MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!