Drei Viertel der Rostocker:innen haben Zugang zur Straßenbahn. Reutershagen ist mit seinen rund 18.000 Einwohner:innen der größte Rostocker Stadtteil ohne direkte Straßenbahnanbindung. Noch. Denn bis 2030 soll Reutershagen seine erste Straßenbahnlinie bekommen. Unklar ist bisher allerdings, welche Streckenführung. Stadt und Rostocker Straßenbahn AG (RSAG) bevorzugen eine ganz deutlich. Die östliche Variante, Ost-Korridor genannt, wurde zunächst in einem Gutachten vom April aus wirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen, ist nach dem neuesten Gutachten vom September nun aber wieder im Rennen. Grund dafür sind Änderungen in der bundesweit einheitlichen Ermittlung des Nutzen-Kosten-Index (NKI). Je höher der Wert, desto größer der volkswirtschaftliche Nutzen für Stadt und Gesellschaft und desto größer die Wirkung jedes investierten Euros. Bei einem NKI von zwei beispielsweise entfaltet jeder investierte Euro einen Nutzen von zwei Euro. Ein Wert von über eins bedeutet, dass ein Ausbau sowohl für den Verkehr als auch für die Volkswirtschaft sinnvoll ist und so von Bund und Land finanziell gefördert werden kann. Das bedeutet für die Straßenbahn in Reutershagen, dass bei der West-Variante jeder investierte Euro einen Nutzen von 3,8 Euro hätte. Bei der Ost-Variante wären es 2,2 Euro. Grund dafür sind die niedrigeren erwarteten Fahrgastzahlen: Beim Ausbau der West-Variante würden Reutershagen Süd, der Park-and-Ride-Parkplatz im Groß Schwaßer Weg mit 700 Plätzen sowie die CJD Christophorusschule mit der Straßenbahn erschlossen werden. Beim Ausbau der Ost-Variante würden Straßenbahnen lediglich zusätzlich zu bereits bestehenden Buslinien angeboten. Das führte laut dem Gutachten zu einer deutlich geringeren Nachfrage. Außerdem würde bei der Ost-Variante keine separate Trasse für die Straßenbahn gebaut werden, sie müsste sich stattdessen die Straße mit Autos und Bussen teilen. Dadurch käme es zu mehr Staus und Verspätungen als bei einem eigenen Gleis. Doch nach Veröffentlichung der Machbarkeitsstudie im April wurde bekannt, dass für den von Stadt und Verkehrsunternehmen präferierten West-Korridor bis zu 150 Kleingärten weichen müssten. Das löste einigen Unmut aus. Noch bis Freitag informieren Stadt und RSAG mit Schautafeln im Rathausfoyer über die möglichen Streckenvarianten, täglich von 6 bis 19 Uhr. Außerdem sind zu folgenden Zeiten Ansprechpartner:innen vor Ort: Mittwoch: 15 bis 18 UhrDonnerstag: 16 bis 18 UhrFreitag: 12 bis 13 UhrLetzte Erweiterungen in Lütten Klein, Lichtenhagen und Südstadt Voraussichtlich auf ihrer Sitzung am 15. November wird die Rostocker Bürgerschaft eine Entscheidung treffen, welche Variante weitergeplant werden soll. Anschließend ist eine Beteiligung der Bürger:innen vorgesehen. Der Streckenausbau soll 2028 beginnen und frühestens 2030 fertiggestellt sein. Die Gesamtkosten für Planung und Umsetzung des Projekts betragen nach aktuellem Stand rund 52,3 Millionen Euro für den Korridor Ost und 60,7 Millionen Euro für den Korridor West. In beiden Kostenschätzungen ist bereits ein „Risikozuschlag“ von 30 Prozent enthalten, mit dem die RSAG Preissteigerungen zum Beispiel durch Inflation und höhere Baukosten auffangen will. Die Förderung durch den Bund betrage bis zu 75 Prozent und könne durch zusätzliche Mittel des Landes auf bis zu 90 Prozent erhöht werden. Die letzten größeren Erweiterungen des Rostocker Straßenbahnnetzes gab es 2003 mit der Strecke zwischen Lütten Klein und Lichtenhagen sowie 2006 mit der Strecke zwischen Goetheplatz und Südstadt. Nachtrag: In ihrer Novembersitzung hat die Rostocker Bürgerschaft die Weiterplanung des Westkorridors beschlossen. MV braucht mehr als nur eine Zeitung pro Region. Holt euch ein KATAPULT-MV-Abo! KATAPULT MV abonnieren!