Bundesweit wird am 28. September mit zahlreichen Aktionen im Rahmen des „International Safe Abortion Day“ auf die kritische Versorgungslage von ungewollt Schwangeren aufmerksam gemacht und die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen gefordert. Unter dem Motto „Schwangerschaftsabbruch ist Grundversorgung. Egal wo. Egal wer. Egal warum“ gingen deutschlandweit bei 120 Aktionen in fünfzig Städten Tausende Menschen auf die Straße – darunter in Wismar und Greifswald. Die Protestierenden wollen damit auf die Dringlichkeit hinweisen, dass die Notsituation für ungewollt Schwangere, einen sicheren Ort und eine qualifizierte medizinische Fachkraft für eine Beendigung der Schwangerschaft zu finden, immer dramatischer wird. Denn auch in Deutschland ist der Weg bis zum Schwangerschaftsabbruch oft schwer.
Zusammen mit dem Recherchenetzwerk CORRECTIV.Lokal recherchieren wir in den kommenden Monaten zu Erfahrungen mit Schwangerschaftsabbrüchen. Betroffene können hier anonym ihre Erfahrungen dazu teilen:
Mehr Schwangerschaftsabbrüche in MV als im Vorjahr
Auch in Mecklenburg-Vorpommern ist sichere Abtreibung ein Dauerthema: Allein 2020 wurden im Land 2.318 Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt, 27 mehr als im Jahr zuvor. Erstmals seit Jahren ist damit die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im Land wieder gestiegen. Dies geht aus einer Kleinen Anfrage der Linken-Abgeordneten Jacqueline Bernhardt an die Landesregierung hervor. In den Jahren 2019 und 2020 fanden in Mecklenburg-Vorpommern demnach fast identisch viele Beratungsgespräche der Schwangerschaftskonfliktberatung statt. Dennoch entschieden sich im vergangenen Jahr mehr Frauen für einen Schwangerschaftsabbruch. „Diese Entwicklung ist offenbar Folge sich verschlechternder gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und zunehmender sozialer Probleme im Land. Führten im Jahr 2018 noch fehlender Kinderwunsch und abgeschlossene Familienplanung die Liste der Gründe für Schwangerschaftsabbrüche an, stand in den Jahren 2019 und 2020 die Angst vor Überforderung an erster Stelle. Das ist ein deutliches Alarmsignal“, so Bernhardt. Laut der Rechtsanwältin müssten Information und Beratung für Schwangere und Familien deutlich verbessert werden. „Nicht zuletzt muss der unsägliche § 219a StGB endlich abgeschafft werden, der Ärztinnen und Ärzten eine vernünftige Aufklärung über den Abbruch und seine Risiken und Folgen sehr erschwert“, fordert die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken.
Meck-Vorp-Initiativen machen auf sicheren Schwangerschaftsabbruch für alle aufmerksam
Die feministische Initiative „Neonlila“ aus Greifswald fordert zum Safe Abortion Day gemeinsam mit Pro Choice MV „eine gute und barrierearme Gesundheitsversorgung und Selbstbestimmung über den eigenen Körper und das eigene Leben. Dazu gehört vor allem die Streichung der Paragraphen 218 und 219 aus dem Strafgesetzbuch.“ Die dazugehörige Petition wurde bereits über 67.000-mal unterzeichnet.
Auch die frisch gewählte Greifswalder SPD-Bundestagsabgeordnete Anna Kassautzki startete eine Petition zum Thema. Sie und bislang 8.020 Unterstützer:innen fordern die Leitung der Universitätsmedizin Greifswald auf, die Methoden des Schwangerschaftsabbruchs im Medizinstudium zu lehren und Schwangerschaftsabbrüche in das Leistungsspektrum der Unimedizin aufzunehmen. Laut Kassautzki werden Schwangerschaftsabbrüche am einzigen Uniklinikum Vorpommerns nicht gelehrt. Die Unimedizin sagt, dies sei nicht der Fall. Schwangerschaftsabbrüche würden nach Lernzielkatalog in Hauptvorlesungen und Seminaren behandelt.„Qube“, ein queeres Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekt aus Greifswald, positioniert sich anlässlich des Safe Abortion Days für die Rechte von Trans–Menschen: „Um eine genderdiverse Diskussion zu führen, müssen alle Menschen mitgedacht und mitgesprochen werden, die in die Situation einer Schwangerschaft kommen können.“ Das Thema betreffe genauso trans und inter Menschen, die sowieso viel zu oft marginalisiert würden. „Selbstbestimmung über den eigenen Körper ist ein zentrales Thema in Kämpfen für die Rechte von inter und trans* Personen“, so die Initiative in einem Redebeitrag.
Liste der Orte für sichere Schwangerschaftsabbrüche in MV
Wo man in Mecklenburg-Vorpommern und angrenzenden Bundesländern Schwangerschaftsabbrüche durchführen lassen kann, wird nach § 13 Abs. 3 Schwangerschaftskonfliktgesetz in einer Liste der Bundesärztekammer aufgeführt:
Anklam
Ameos Klinikum AnklamHospitalstraße 19, 17389 AnklamTelefon: +49 3971 8345200E-Mail: sekr.gyn@anklam.ameos.dewww.ameos.euFremdsprachen: Englisch, Serbisch, Polnisch, Armenisch, Persisch, Russisch, ArabischMedikamentös: jaOperativ: ja
Bad Schwartau
Dr. med. Christine Mau-FlorekEutiner Ring 5, 23611 Bad SchwartauTelefon: +49 451 2900166E-Mail: kontakt@frauenaerztinnen-bad-schwartau.deMedikamentös: jaOperativ: ja
Praxis Dr. med. Thorben AhrensLübecker Straße 18, 23611 Bad SchwartauTelefon: +49 451 21872E-Mail: info@frauenarzt-bad-schwartau.dewww.frauenarzt-bad-schwartau.deFremdsprachen: Englisch, FranzösischMedikamentös: jaOperativ: ja
Grevesmühlen
Frauenarztpraxis MasuckKlützer Straße 1, 23936 GrevesmühlenTelefon: +49 3881 79076E-Mail: Frauenarztpraxis-Masuck@web.deFremdsprachen: Russisch, BulgarischMedikamentös: jaOperativ: ja
Lübeck
Karin TomannMarlistraße 112, 23566 LübeckTelefon: +49 451 73711E-Mail: info@frauenarztpraxisamkaufhof.dewww.frauenarztpraxisamkaufhof.deFremdsprachen: EnglischMedikamentös: jaOperativ: nein
Ribnitz-Damgarten
Dr. med. Jens-Olaf SchmeißerUlmenallee 12, 18311 Ribnitz-DamgartenTelefon: +49 3821 2120E-Mail: gynpraxis.dr.schmeisser@freenet.deMedikamentös: jaOperativ: ja
Rostock
Frauenarztpraxis Ulrike HartkopfSalvador-Allende-Straße 28, 18147 RostockTelefon: +49 381 699627E-Mail: praxis-hartkopf@gmx.deMedikamentös: keine AngabeOperativ: ja
Dr. med. Carolyn TroegerWarnowallee 30, 18107 RostockTelefon: +49 381 1204142E-Mail: info@frauenarztpraxis-rostock.dewww.frauenarztpraxis-rostock.deMedikamentös: jaOperativ: ja
Röbel
Dipl.-med. Kirsten TurtschanAm Rosenwinkel 4, 17207 RöbelTelefon: +49 39931 52282E-Mail: praxis@kirsten-turtschan.dewww.kirsten-turtschan.deMedikamentös: jaOperativ: nein
Schwedt (Oder)
Dariusz Jedrzejczak, Asklepios Klinikum UckermarkAm Klinikum 1, 16303 Schwedt (Oder)Telefon: +49 3332 534430www.asklepios.comFremdsprachen: PolnischMedikamentös: jaOperativ: ja
Schwerin
Helios-MVZ am FernsehturmHamburger Allee 130, 19063 SchwerinTelefon: +49 385 2015133www.helios-gesundheit.de/ambulant/schwerin-mvz-am-fernsehturm-fachaerzteMedikamentös: jaOperativ: nein
Stralsund
Dr. med. Karen BahlsOssenreyerstraße 56, 18439 Stralsundwww.gynpraxis-bahls.deMethoden zum SchwangerschaftsabbruchMedikamentös: jaOperativ: nein
Dr. med. Jens QuaasGrünthal 22, 18437 Stralsundwww.jquaas.deFremdsprachen: Englisch, RussischMedikamentös: keine AngabeOperativ: ja
Templin
Praxis Dipl.-Med. Carsten Haug, Sana Krankenhaus TemplinObere Mühlenstraße 10a, 17268 TemplinMedikamentös: keine AngabeOperativ: ja
Mehr Informationen zum Thema
Insgesamt gibt es in MV 42 Schwangerschaftsberatungsstellen.Alle relevanten aktuellen Rechtsvorschriften finden sich im Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten.
abortion-tv.info
gynformation.de
doctorsforchoice.de
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Quellen
- Landtag Mecklenburg-Vorpommern: Drucksache 7/6073. Beratungsgespräche nach↩