Krieg in der Ukraine

Fragen und Antworten für Geflüchtete und Helfer:innen

Mehrere Tausend Menschen sind bereits aus der Ukraine nach Mecklenburg-Vorpommern geflüchtet. Sowohl den Geflüchteten als auch den freiwilligen Helfer:innen vor Ort stellen sich viele rechtliche und organisatorische Fragen. KATAPULT MV hat die wichtigsten Informationen zusammengetragen.

Welchen rechtlichen Status haben Geflüchtete, wenn sie nach Deutschland einreisen?Grundsätzlich gilt, dass Ukrainer:innen, die einen biometrischen Reisepass besitzen, bei Einreise in die Europäische Union einen Stempel erhalten. Dieser berechtigt zum Aufenthalt für 180 Tage im Schengen-Raum, zu dem auch die Bundesrepublik gehört.

Dürfen Geflüchtete ohne biometrischen Pass nach Deutschland einreisen?Geflüchtete, die einen nichtbiometrischen Pass besitzen, dürfen ebenfalls in die EU einreisen, erhalten allerdings an der Grenze kein Visum. Für die Einreise benötigen sie aber grundsätzlich eines. Die EU-Mitgliedstaaten können auf ihrem Hoheitsgebiet jedoch Ausnahmen, beispielsweise aus humanitären Gründen, zulassen. Deutschland hat die Visumspflicht ausgesetzt, dafür eine Sonderregel erlassen. Alle Menschen, die sich bei Kriegsausbruch am 24. Februar in der Ukraine aufgehalten haben, können visumsfrei in die Bundesrepublik einreisen. Das gilt nicht nur für Ukrainer:innen mit nichtbiometrischem Pass, sondern auch für alle sonstigen Staatsangehörigen, die in der Ukraine wohnhaft waren und danach nach Deutschland eingereist sind. Die Regelung gilt zunächst bis zum 23. Mai.

Was ist mit Menschen, die gar keine Ausweispapiere besitzen?Es gibt natürlich auch Geflüchtete, Kinder beispielsweise, die keine Ausweispapiere besitzen. Wer die Grenze ohne solch gültige Papiere überschreitet, begeht jedoch eine Straftat. Darauf weist der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern hin. Stellt eine geflüchtete Person jedoch einen Asylantrag, zeige sie damit, dass sie Schutz benötige, und dürfe damit am Grenzübergang nicht abgewiesen werden. Während des Asylverfahrens werde das Strafverfahren dann eingestellt. Bei der Massenfluchtrichtlinie werde ebenso verfahren. Die Identität könne auch anderweitig nachgewiesen werden, dann wird kein Visum mehr benötigt. Das geht beispielsweise durch eidesstattliche Erklärungen oder nachholende Papierbeschaffung bei der ukrainischen Botschaft in Deutschland. Wer seine Identität nicht nachweisen kann, dem bleibt nur das Asylverfahren.

Müssen Ukrainer:innen in Deutschland Asyl beantragen?Das ist möglich, aber nicht empfehlenswert. Der erforderliche Schutz wird in einem anderen, schnelleren Verfahren gewährt.

Unter welchen Voraussetzungen können Geflüchtete in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis bekommen?Die Europäische Union hat beschlossen, Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine einen vorübergehenden Schutz zu gewähren. Demnach müssen Betroffene bei der örtlichen Ausländerbehörde lediglich eine befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz beantragen. Somit ist das Stellen eines Asylantrags nicht erforderlich.

Dürfen die Geflüchteten in Deutschland eine Arbeit aufnehmen?Ja. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt automatisch zur Aufnahme einer Arbeit. Diese wird auch in den Aufenthaltstitel eingetragen. Eines Nachweises der konkreten Beschäftigungsmöglichkeit bedarf es dazu nicht. Der Vorteil: Finden Geflüchtete erst später einen Job, brauchen sie keinen neuen Antrag zu stellen.

Sind Geflüchtete in Deutschland krankenversichert?Vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis verfügen Geflüchtete über keinen Schutz durch die deutschen Krankenkassen. Im Falle einer notwendigen Behandlung tragen Länder und Kommunen die Kosten. So erklärte es Schwerins Sozialdezernent Andreas Ruhl Anfang März. Nach Erhalt der Aufenthaltserlaubnis besteht dann ein Anspruch auf Sozialleistungen. Dazu zählt auch die Übernahme womöglich anfallender Behandlungskosten.

Dürfen Geflüchtete in der eigenen Wohnung aufgenommen werden?Ja. Geflüchtete aus der Ukraine können jederzeit als Besucher:innen in der eigenen Wohnung beherbergt werden – als Gäste also. Die Aufnahme von Gästen gilt als bestimmungsgemäßer Gebrauch eigenen Wohnraums.

Darf der Vermieter die Aufnahme von Geflüchteten verbieten?Grundsätzlich gilt, dass der Vermieter nicht untersagen darf, Besuch zu empfangen und/oder Gäste vorübergehend zu beherbergen. Jedoch wird die Genehmigung des Vermieters benötigt, wenn die Beherbergung länger als sechs Wochen am Stück andauert. In diesem Fall darf ein:e Vermieter:in nämlich von einer dauerhaften Aufnahme eines Mitbewohners oder Untermieters ausgehen. Dies bedarf der Zustimmung. Der Vermieter darf die Genehmigung im Regelfall allerdings nicht verweigern.

Muss die Aufnahme von Geflüchteten irgendwo gemeldet werden?Eine Meldung an die Ausländerbehörde ist nicht vorgeschrieben. Jedoch sollten aufgenommene Geflüchtete dort die Aufenthaltserlaubnis beantragen (siehe oben). „Nicht die privaten Helfer:innen, sondern die Geflüchteten müssen sich bei uns anmelden, sofern sie nicht nur einen kurzen Zwischenstopp in Schwerin machen wollen, sondern länger bleiben“, heißt es dazu aus der Landeshauptstadt. Die für die Koordinierung der Geflüchteten zuständigen Behörden bitten Neuankömmlinge zudem, sich möglichst schon zeitnah nach der Ankunft zu melden. Sie erhoffen sich dadurch, einen besseren Überblick über die tatsächliche Anzahl der Geflüchteten zu bekommen. „Die Anmeldung und Registrierung bei der Ausländerbehörde dient der Klärung der aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten“, erläutert Pressesprecherin Michaela Christen. Zudem hätten die Geflüchteten Anspruch auf Sozialleistungen. Diese Leistungen würden wiederum vom Sozialamt gewährt.

Dürfen unbegleitete Kinder und Jugendliche auch privat aufgenommen werden?Minderjährige, die sich ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsberechtigten Person in Deutschland aufhalten oder hier einreisen, sind absolut schutzbedürftig. Für ihre Unterbringung sind ausschließlich die Jugendämter zuständig. Unbegleitete minderjährige Geflüchtete werden in der Regel in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht und betreut. Das sei auch meist im Sinne der jungen Menschen, da sie dort Kontakt zu Gleichaltrigen aufnehmen könnten, weiß der Flüchtlingsrat Niedersachsen. Da in der Regel ähnliche Fluchterfahrungen gemacht wurden, kann sich dort gemeinsam ausgetauscht werden. Außerdem ist eine pädagogische, soziale und rechtliche Betreuung durch Fachpersonal gewährleistet. Eine Unterbringung im familiären Kontext ist jedoch ebenfalls möglich. Weitere Informationen speziell für Personen, die aus der Ukraine zusammen mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten eingereist sind, finden sich im FAQ des Flüchtlingsrats Niedersachsen.

Ist es erlaubt, Geflüchtete aus Polen abzuholen?Ja. Für die Einreise nach Polen ist kein Visum notwendig. Der deutsche Personalausweis genügt. Hat man zugleich die polnische Staatsangehörigkeit, müssen in Polen die polnischen Papiere vorgelegt werden.

Was muss dabei beachtet werden?Für die Einreise nach Polen gilt aktuell die 3G-Regel. Die Impfung ist mittels digitalem EU-Zertifikat oder einer Bescheinigung in polnischer oder englischer Sprache nachzuweisen. Genesenenzertifikate werden auch nur in diesen Sprachen akzeptiert. In öffentlichen Verkehrsmitteln und geschlossenen Räumen besteht Maskenpflicht.

Die Grenzen zur Ukraine sind seit Kriegsbeginn stark überlastet. Abholer:innen von Geflüchteten können nicht mehr direkt an die Grenze fahren. Sie müssen sich zunächst in einem der grenznahen Willkommenszentren registrieren lassen und anschließend auf festgelegten Parkplätzen auf die Ankunft der Geflüchteten warten.

Welche Spenden sind für die Menschen direkt an der Grenze besonders sinnvoll?Neben ausreichend Proviant wird die Mitnahme von Decken und Hygieneartikeln empfohlen. Der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern sieht außerdem die Mitnahme von Säuglingsnahrung und Powerbanks zum Aufladen von Handys als nützlich an.

Ich bin als Ukrainer:in ausreisepflichtig, aber geduldet. Muss ich jetzt ausreisen?Nein. Zwar sind Geduldete weiterhin ausreisepflichtig, doch sind Abschiebungen in die Ukraine derzeit ausgesetzt. Laut dem Flüchtlingsrat MV sind grundsätzlich mehrere Wege denkbar, um angesichts des Krieges an eine sichere Aufenthaltserlaubnis zu gelangen. Denkbar sei zum Beispiel die Beantragung eines Aufenthaltstitels nach der Massenzustromrichtlinie, wie ihn die Geflüchteten derzeit erhalten. In Betracht kämen aber auch weitere Aufenthaltstitel, etwa wegen Unmöglichkeit der Ausreise oder eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen. Ein Asylantrag wäre ebenfalls möglich, so Ulrike Seemann-Katz, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats. Dieser empfiehlt geduldeten Personen deshalb, sich in Bezug auf ihren Einzelfall rechtlich beraten zu lassen. Eine kostenlose Asylverfahrensberatung bieten in MV der Flüchtlingsrat und die Diakonie an.

Ich bin in der Ukraine wehrpflichtig. Darf ich aus Deutschland ausreisen und später wiederkommen?Die Rückkehr könnte sich als problematisch erweisen. Eine Duldung erlischt mit Ausreise an der Grenze. Eine Aufenthaltserlaubnis erlischt nach Unterbrechung des Aufenthalts von über sechs Monaten. Der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern weist darauf hin, dass die Verweigerung des Wehrdienstes in der Ukraine als Straftat geahndet wird. Dies kann ein Schutzgrund nach deutschem Asylrecht darstellen.

Quellen

  1. Bundesministerium des Innern und für Heimat (Hg.): Fragen und Antworten zur Einreise aus der Ukraine, auf: bmi.bund.de.
  2. Ebd.
  3. Land Niedersachsen (Hg.): Krieg in der Ukraine – Fragen und Antworten, auf: niedersachsen.de.
  4. Bundesministerium des Innern und für Heimat (Hg.): Fragen und Antworten zur Einreise aus der Ukraine, auf: bmi.bund.de.
  5. Ebd.
  6. Ebd.
  7. Ebd.
  8. § 1 Nr. 3 lit. a AsylbLG.
  9. Sethmann, Jens: Der Gastfreundschaft sind kaum Grenzen gesetzt, auf: berliner-mieterverein.de (28.3.2007).
  10. Ebd.
  11. Flüchtlingsrat Niedersachsen (Hg.): Unbegleitete Kinder und Jugendliche (Ukraine), auf: nds-fluerat.org (17.3.2022).
  12. Auswärtiges Amt (Hg.): Polen. Reise- und Sicherheitshinweise, auf: auswaertiges-amt.de (14.3.2022).
  13. Ebd.
  14. Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern (Hg.): Ukraine FAQ (27.2.2022).
  15. Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern (Hg.): Ukraine FAQ (27.2.2022).
  16. Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern (Hg.): FAQ – Ukraine, auf: fluechtlingsrat-mv.de (16.3.2022).
  17. Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern (Hg.): Ukraine FAQ (27.2.2022).

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