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Hilfe für Familien

Babylots:innen-Projekt startet in Rostock

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Das Angebot der Rostocker Babylotsinnen richtet sich vor allem an Eltern mit Kindern im Alter zwischen null und drei Jahren. Diese Zeit gilt für die kindliche Entwicklung als besonders prägsam. Gleichzeitig ist die Belastung, die Eltern erleben, in dieser Zeit sehr hoch. Das birgt Potenzial für Probleme und gefährdet unter Umständen die Entwicklung und das Wohl des Babys. „Im ersten Lebensjahr sterben mehr Kinder infolge von Vernachlässigung und Misshandlung als in jedem späteren Alter“, schreibt beispielsweise die Berliner Charité, die seit 2012 Babylots:innen einsetzt.

Babylotsinnen erreichen mehr Familien

In Rostock arbeiten ab sofort fünf Sozialpädagoginnen als Babylotsinnen. Bereits 2018 entstand die Idee, das aus Hamburg stammende Konzept in Rostock zu etablieren. Lange Zeit fehlte jedoch die Finanzierung, ehe im vergangenen Jahr eine Testphase anlaufen konnte. Zwar gab es zu diesem Zeitpunkt schon eine Vielzahl an Beratungs- und Anlaufstellen für junge Familien, allerdings nähmen gerade hilfsbedürftige Familien diese nur selten wahr, erklärt Projektleiterin Marie Hagen vom Südstadtklinikum. Durch das Programm könnten nun die Familien erreicht werden, die „nur über geringe Ressourcen verfügen“ und für die Hilfsangebote „häufig schwer erreichbar sind“. Für diese Familien sei ein niedrigschwelliges Angebot, wie die Babylotsinnen es nun bereitstellen, besonders wichtig.

Erste Ansprechpersonen für überforderte Eltern

Im Gegensatz zu Hebammen, die für die Betreuung vor, während und nach der Geburt zuständig sind und damit die medizinische Behandlung und Beratung übernehmen, fokussieren sich die Babylots:innen vermehrt auf den psychosozialen Bereich. „Babylots:innen [entlasten] Ärzt*innen, Hebammen und Pflegefachkräfte zeitlich, sodass diese sich wieder originären Tätigkeiten in der Klinik oder Praxis widmen können“, erklärt Hagen. Die Lotsinnen in Rostock sind für überforderte Eltern also erste Ansprechpersonen, Beraterinnen und Vermittlerinnen zugleich. Das Unterstützungsangebot ist vielfältig: Es reicht von der Hilfe beim Ausfüllen von Dokumenten oder bei der Beantragung von finanzieller Unterstützung über die Vermittlung von Dolmetscher:innen bis hin zu Beratungsgesprächen bei Sucht oder häuslicher Gewalt. In Fällen, in denen die Lotsinnen nicht direkt Hilfe anbieten können, stellen sie Kontakt zu einem Netzwerk aus sozialen Angeboten in der Umgebung her.

Das Babylots:innen-Projekt ist vor allem darauf ausgelegt, präventiv zu wirken. Nach dem Prinzip der sogenannten Frühen Hilfen sollen Probleme schon erkannt werden, bevor überhaupt Schäden entstehen können. Dafür wurde ein Fragebogen entwickelt, den werdende Eltern schon vor der Geburt ausfüllen können, um einen eventuellen Bedarf an psychosozialer Unterstützung zu ermitteln. Das beugt beispielsweise auch dem Auftreten von postnatalen Depressionen vor.

Gegründet wurde das Babylots:innen-Projekt im Jahr 2007 von Sönke Siefert in Hamburg. Mittlerweile existieren Ableger an über 90 Kliniken und Praxen in Deutschland. Aktuell wird in Rostock daran gearbeitet, das Babylots:innen-Projekt zu etablieren und bekannt zu machen. Fachpersonal aus dem Landkreis Rostock habe aber bereits den Wunsch geäußert, Babylots:innen auch in Güstrow zu etablieren, weiß Hagen. „Wir sind gespannt auf die Entwicklungen.“

Weitere Informationen zum Babylots:innen-Projekt in Rostock und Kontaktmöglichkeiten gibt es hier.

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Fußnoten

  1. Charité Berlin (Hg.): Warum brauchen wir Babylotsinnen?, auf: babylotsen.charite.de.
  2. Klinikum Südstadt Rostock (Hg.): Für einen sicheren Familienhafen – Südstadtklinikum Rostock startet erstes Babylotsenprojekt in MV, auf: kliniksued-rostock.de (30.8.2022).
  3. Ebd.

Autor:innen

Geboren 1998. Studiert Journalistik und Politikwissenschaft in Passau und scheiterte bereits drei Mal bei dem Versuch, ein Auslandssemester zu absolvieren, an der Corona-Pandemie. Ihre journalistischen Schwerpunkte sind Politik und Feuilleton. Praktikantin bei KATAPULT

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