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Dem Krieg entkommen

So helfen Rostocks Freiwillige Geflüchteten zurück ins Leben

Bereits seit Beginn der russischen Invasion organisiert das Deutsch-Ukrainische Kulturzentrum Mahnwachen, sammelt Spenden, informiert über die dramatische Lage vor Ort. Nun hat der Verein eine Anlaufstelle für ukrainische Geflüchtete in der Hansestadt geschaffen. Kritik gibt es an der Stadtverwaltung.

Der Geruch von Kaffee liegt in der Luft. In der Küche schneiden Frauen Obst, hinter der Eingangstür herrscht reges Treiben. Deutsch, ukrainisch, russisch – was hier zusammenfindet, ist improvisiert, steckt in den Kinderschuhen und ist ein bisschen auch das Resultat einer glücklichen Fügung. An deren Ende stehen das Deutsch-Ukrainische Kulturzentrum und die Schicksale unzähliger Bedürftiger, welcher es sich annimmt.

Es herrscht noch immer Krieg in der Ukraine. Krieg an einem Ort, der hier Heimat genannt wird. Unterstützung erfahren die Helfenden dabei von der Initiative „Rostock hilft“, die es dem Verein ermöglicht hat, eine Anlaufstelle für vor dem Krieg geflüchtete Menschen im Herzen der Kröpeliner-Tor-Vorstadt zu eröffnen.

Die Freiwillige Galina Kaye arbeitet heute ihre erste Schicht im neuen Büro. Sie hat die Ukraine bereits vor dreißig Jahren verlassen und ist Mitglied im Vorstand des Kulturzentrums. „Wir machen hier eigentlich nur erste Hilfe und sind überglücklich, dass wir von der Bevölkerung so viel Unterstützung erfahren haben und nun in einem eigenen Büro den Menschen helfen können“, so Kaye.

Kritik an Rostocks Stadtverwaltung

Doch auch Kritik an der Stadtverwaltung wird laut. „Die Stadt lässt uns komplett im Stich. Alle Anträge müssen online per E-Mail gestellt werden. Das ist zwar normalerweise kein Problem. Aber zu erwarten, dass Flüchtlinge mit Drucker, Laptop und Scanner angereist kommen, ist die größte Zumutung überhaupt“, klagt Kaye. Dies würde Mauern bauen, Geflüchtete entmündigen und abhängig von fließend Deutsch sprechenden Kontaktpersonen machen.

„Die Stadt rühmt sich so mit dem sozialen Engagement der Bürger“, stellt Kaye fest. Sie wünsche sich mehr Unterstützung, wie beispielsweise die Übernahme von Verpflegungskosten für privat aufgenommene Geflüchtete oder Hilfe bei der medizinischen Betreuung von teils schwerst kranken Personen. So hätten sie und die Freiwilligen bereits ukrainische Krebspatienten, die noch vor der Operation fliehen mussten, in Deutschland ohne staatliche Unterstützung vermitteln müssen.

Hansemesse Rostocks: Zentraler Anlaufpunkt für Geflüchtete in MV

Dennoch ist die Unterstützung aus der ukrainischen Gemeinde groß. Volodymyr Melsner arbeitet dabei sowohl in der Anlaufstelle des Vereins als auch in der Hansemesse, wo Geflüchtete Unterkunft und Verpflegung erhalten. Ihm gehe es darum, der ukrainischen Gemeinde etwas zurückzugeben, ganz gleich ob als Freiwilliger, der beim Ausfüllen von Anträgen hilft, oder in der Hansemesse bei der Erstankunft in Deutschland. „Ich tue alles, was ich tun kann“, so Melsner, der selbst aus Kyjiw stammt.

Viele der hier eintreffenden Personen verlangen den Helfenden augenscheinlich alles ab. So auch Natalia Luksa und Kseniia Cherepova mit ihrer Tochter Ameliia, die Anfang des Monats aus der viertgrößten Stadt der Ukraine, Dnipro, geflohen sind.

Vier Tage dauerte die Flucht aus Dnipro nach Rostock für Natalia Luksa (l.), Kseniia Cherepova (r.) und ihre Tochter Ameliia. (Foto: Heiner L. Beisert)

Vier Tage lang harrten sie dabei mal in Zügen, mal in LKW aus, bevor sie die Hansestadt erreichten, wie Cherepova berichtet. Mitgenommen hätten die beiden Frauen dabei nur das Nötigste – ihre Kinder. Sowohl ihre Eltern als auch ihre Ehemänner sind weiterhin in der Ukraine. Für Letztere macht die Wehrpflicht eine Ausreise unmöglich. Für den Anfang tröste sie jedoch „die immense Hilfsbereitschaft der Menschen“, wie sie berichten.

Wie es nun jedoch weitergehen soll, darauf haben die beiden Frauen keine Antwort. Zu groß ist die Unsicherheit, während sie auf einen baldigen Frieden hoffen. „Genau deshalb sind sie hier richtig und wir können ihnen, so gut es eben geht, für den Anfang helfen“, sagt Kaye, die unterdessen einen Asylantrag sichtet.

Unverständliche Formulare

Dieser sei zwar auf Deutsch, Englisch, Ukrainisch und Russisch von der Stadt zu erhalten, jedoch so komplex, dass ihn längst nicht jeder Hilfesuchende allein bewältigen könne, kritisiert Kaye. Sie hat an diesem Tag schon Kontakt zu einem Deutschen gehabt, der drei Personen aufgenommen und selbst gar nicht verstanden habe, wo und wie genau er Anträge stellen müsse.

Oft lassen sich drängende Fragen in gemeinsamen Gesprächsrunden beantworten. Behelfsmäßig notieren sich die Frauen das Nötigste: die Rufnummer des Krankenwagens oder wo russischsprachige Ärzt:innen in der Hansestadt zu finden sind. (Fotos: Heiner L. Beisert)

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