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Junger Film im Nordosten

Diese zwei Rostocker:innen engagieren sich für den Nachwuchs

Wie komme ich eigentlich an einen Job in der Filmbranche, was gehört alles zu einer Filmproduktion und muss ich dafür wirklich nach Berlin ziehen? Auf Fragen wie diese wollen die Rostocker Filmemacher:innen Betty Koschka und Max Gleschinski jungen, interessierten Menschen Antworten geben und ihnen den Einstieg in die Filmbranche erleichtern.

Wer an Mecklenburg-Vorpommern und seine überwiegend dörflich geprägten Landschaften denkt, landet wohl kaum direkt bei Filmproduktionen, großem deutschem Kino und dem Griff nach Hollywood – oder? Fest steht, dass sich das Land zum Rückzugsort von Kreativen wandelt. Daran zumindest arbeitet eine neue, überwiegend junge Generation von Filmschaffenden, die Städte und Hinterland von MV zur Spielfläche mitunter internationaler Arbeiten erklärt.

Mit der bevorstehenden Premiere von Takeoff MV, einem Forum für interessierten Filmnachwuchs am 3. Dezember in der Frieda 23 in Rostock, wollen die Initiator:innen Max Gleschinski und Betty Koschka dazu beitragen, dass die Filmbranche im Land eine Zukunft hat. Eingeladen sind Menschen, die selbst noch zum Nachwuchs zählen und dennoch schon erste Erfolge vorweisen können – seien es Projekte an einer der wenigen Filmuniversitäten in Deutschland oder erste freiberufliche Schritte in der Branche. Bereits etablierte Filmschaffende werden vor Ort sein und über ihren Weg sprechen. Koschka hebt dabei den Weg einer anwesenden Person hervor, die die bewusste Entscheidung getroffen hat, aus Berlin nach MV zurückzukehren, und auf dem Takeoff über ihre Perspektive sprechen wird. Ziel ist es, mit verschiedenen Workshops Einblicke in das breite Spektrum des Films zu bieten.

Filme aus MV auf den Festivals dieser Welt

Gleschinski und Koschka sind zwei derer, die es geschafft haben, den vermeintlichen Traumjob im Film zu ergattern – und das, ohne Mecklenburg verlassen zu müssen. Gleschinski, dessen Spielfilmdebüt Kahlschlag bereits den Förderpreis Neues Deutsches Kino gewann und dessen letzter Kurzfilm Lass Mörder Sein es bis auf Festivals in Südkorea schaffte, hat sich den Bezug zu seiner Heimat MV bewahrt. Filmschaffende dabei unterstützen soll auch die im Krisenjahr 2020 gegründete staatliche MV-Filmförderung. Auf diese Weise konnte auch Betty Koschka die Produktion ihres Kurzfilmdebüts realisieren, das es in diesem Jahr auf das Filmkunstfest Schwerin schaffte.

Sowohl Betty Koschka als auch Max Gleschinski sind Quereinsteiger in der Filmwelt (Foto: Heiner L. Beisert)

Zugang zum Arbeitsmarkt für viele eine Hürde

Der genaue Weg in die Filmwelt wirkt auf viele jedoch undurchschaubar. Dass vielversprechende Talente sich längst nicht immer auf die Infrastruktur stützen konnten, die Filmschaffenden anderer Bundesländer zur Seite stand, spielte zweifelsohne auch bei der Gründung von Takeoff eine herausgehobene Rolle. „Angefangen hat alles damit, dass Max eine Frau aus Rostock kennengelernt hat, die unter anderem für die Harry Potter-Filme gearbeitet hat. Der Gedanke, dass solche Menschen in Rostock wohnen und wir keine Vorstellung davon haben, dass sie existieren, hat mich fasziniert und gleichzeitig geärgert“, erzählt Koschka.

Aus der anfänglichen Bestrebung, Filmemacher:innen ein Forum zum Austausch zu bieten, entwickelte sich rasch der Gedanke, den Schwerpunkt auf den Nachwuchs zu legen. „Die Nachfrage nach jungen Filmschaffenden aus Mecklenburg, die an Filmsets arbeiten und ihre Geschichten erzählen, ist groß. Es gibt jedoch eindeutig einen Fachkräftemangel und um die Eingliederung in den Film zu überbrücken und junge Menschen heranzuführen, vernetzen wir sie so lange aus unserer Freizeit heraus, wie es keine institutionelle Lösung für den Einstieg gibt“, erklärt Gleschinski. Koschka ist überzeugt, dass mit dem neuen Format ein vielversprechendes Werkzeug gefunden werden konnte: „Die Rückmeldungen, die uns bisher erreicht haben, und die Zahl derer, die sich schon jetzt für die Veranstaltung angemeldet haben, hat uns beide überrascht“, freut sich die junge Filmemacherin.

Land ohne Filmschule

Für den Einstieg ins Filmgeschäft ist Mecklenburg-Vorpommern aus diversen Gründen gewissermaßen unwegsames Gelände, weiß Gleschinski. „Meine Sozialisierung war meist an Einzelpersonen gekoppelt. Es gab nie die eine große, professionelle Filmszene, die mir die Tür zum Berufsleben hätte öffnen können“, so der Regisseur und Autor. Dem pflichtet auch Koschka bei. „Ich denke beispielsweise an Jugendliche in Teterow, die noch einmal weniger vorhandene Strukturen haben als wir in Rostock“, so die 27-Jährige. Dass es in beiden Landesteilen keine Möglichkeit zu einem Studium des Films gibt, bedauern beide gleichermaßen. Ein Schicksal jedoch, das MV mit anderen Bundesländern teilt. Sieben staatliche Filmschulen gibt es in der Bundesrepublik – in Berlin, Baden-Württemberg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Brandenburg. Die einzige ostdeutsche Filmschule befindet sich in Potsdam. Wer es sich leisten kann, kann natürlich auf die kostspielige Ausbildung an einer privaten Schule zurückgreifen.

Gerade hier käme es auf Vernetzung von Filmschaffenden im Land an. Und genau das ist es, was Koschka und Gleschinski mit ihrem neuen Format bezwecken wollen: Allen Interessierten entgegenkommen, die einen Fuß in die Tür der Branche bekommen wollen, und junge Talente für die Arbeit im Film begeistern – eine Aufgabe, die bislang nicht institutionell erfüllt wird und so vorübergehend von der freiwilligen Arbeit von Takeoff MV übernommen werden muss, wie die Veranstalter:innen schildern. Dabei seien die Aufgabenfelder so vielfältig wie die Branche, berichtet Koschka. „Es reicht von Regie und Kamera über Ton, Sounddesign und Szenografie bis hin zur Produktion“, so die junge Filmemacherin.

Pilotprojekt sucht Fortsetzung

Veranstaltet wird das Takeoff in den Räumlichkeiten des Rostocker Instituts für neue Medien, das die Initiative gemeinsam mit dem Produzentenverband MV unterstützt. Die Initiator:innen hoffen, das Forum in Zukunft weiterentwickeln und viele weitere solcher Netzwerktreffen anbieten zu können. Wer sich selbst ein Bild von dem neuen Format verschaffen möchte, könne sich an die Initiatorin wenden und sich kostenfrei anmelden, wie die Organisator:innen mitteilen.

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