Interview

Drei Fragen – drei Antworten…mit Thomas Klinger

Ab kommendem September soll in Greifswald wieder Plasma erzeugt und der halbstündige Dauerbetrieb in Angriff genommen werden. Dazu im Kurzinterview: der wissenschaftliche Leiter von Wendelstein 7-X, Thomas Klinger.

KATAPULT MV: Sind die Arbeit am Versuchsreaktor und das anstehende neue Projekt mit dem Dauerbetrieb noch aufregend, oder geht das sowieso locker durch?

Thomas Klinger: Klar ist das aufregend. Immerhin haben wir es jetzt mit einer fast gänzlich neuen Maschine zu tun. Besonders spannend wird die Inbetriebnahme der über 600 Wasserkühlkreisläufe, die in das eigentliche Plasmagefäß hinein- und wieder hinausgeführt werden. Diese müssen absolut dicht sein. Wir haben zwar großen Aufwand bei Schweiß- und Fügearbeiten an den Stahlrohren betrieben, aber Gewissheit liefert erst die erfolgreiche Inbetriebnahme. Und auch eine völlig neue Komponente im Plasmagefäß wird aufregend, der sogenannte Divertor. Das ist eine High-Tech-Baugruppe, deren Fertigung alleine über zehn Jahre gedauert hat. Sie muss dauerhaft Wärmelasten von 10 Millionen Watt pro Quadratmeter aushalten – das sind etwa 5.000 Herdplatten, aber auf einem Quadratmeter. Insgesamt ist der Wendelstein 7-X jetzt da angekommen, wo er 1996 – bei Projektbeginn – visionär verortet wurde. Das war schon ein kühnes Unterfangen. 

Wenn die Inbetriebnahme kommenden September erfolgreich ist, was passiert danach?

Dann beginnt wieder der Forschungsbetrieb, aber mit völlig neuen Möglichkeiten. Das Ziel des Wendelstein 7-X ist ja, zu zeigen, dass sich ein extrem dünnes, aber extrem heißes Gas, ein heißes Plasma, dauerhaft aufbauen lässt. Das ist die Voraussetzung dafür, dass man eines nicht mehr so fernen Tages daraus ein Kraftwerk bauen kann. Bislang gelingt es auf der ganzen Welt gut, solche Plasmen für einige Zehn Sekunden aufzubauen, mehr aber noch nicht. Das Problem wird Wendelstein 7-X jetzt angehen, und zwar Schritt für Schritt. Das damit verbundene Forschungsprogramm ist ausgesprochen anspruchsvoll, und es werden aus der ganzen Welt Forscher:innen nach Greifswald kommen, um ihren Beitrag vor Ort zu leisten. Ich denke, in einigen Jahren werden wir wissen, ob wir mit Wendelstein 7-X alles richtig gemacht haben oder ob noch weitere Umbauten erforderlich werden.

Sie kennen das Gerät ja mittlerweile ganz gut. Was könnte schiefgehen?

Bei einer so komplizierten Maschine kann natürlich viel schiefgehen. Allerdings nicht in dem Sinne, dass etwas gefährlich wird, sondern dass etwas nicht funktioniert oder einzelne Komponenten ausfallen. Mühsam sind immer Vakuumlecks, da es viel Zeit kostet, diese zu finden und zu reparieren. Auch die hoch komplexen Forschungsgeräte oder die Maschinensteuerung haben es in sich. Aber wir haben ein sehr gutes Team, das schon Erfahrung mit der Inbetriebnahme und dem Betrieb von Wendelstein 7-X sammeln konnte. Und wie gesagt, die Maschine ist in vieler Hinsicht neu und anders, da müssen wir uns jetzt wieder vortasten. 

Dieser Artikel erschien in Ausgabe 3 von KATAPULT MV. 

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