Rechtsextremismus

Eine klare Botschaft

In den letzten zwei Wochen kam es zu drei Vorfällen im Land, bei denen jeweils ein rechtsextremes und verfassungsmäßig verbotenes Hakenkreuz prominent im öffentlichen Raum platziert wurde: in Neubrandenburg, Rostock und Schwerin. Die zeitliche Nähe lässt die Vermutung zu, dass es sich um zusammenhängende Aktionen handeln könnte. Die Täter:innen wurden bisher nicht ermittelt.

Neubrandenburg, Donnerstag, 29. Juli In der Nacht zum 29. Juli  wurde am Bahnhofsvorplatz eine Regenbogenflagge entwendet und gegen eine Hakenkreuzflagge ausgetauscht. Am darauffolgenden Morgen verständigte ein Passant die Polizei, welche die Flagge entfernte und sicherstellte. Der Staatsschutz ermittelt.

Rostock, Dienstag, 8. August Ein knapp 30 mal 30 Meter großes Hakenkreuz wurde in eine Rasenfläche im Bereich des Fischereihafens gemäht. Nach Verständigung der Polizei ist das Symbol beseitigt worden. Der Staatsschutz ermittelt.

Schwerin, Mittwoch, 9. AugustUnbekannte schmierten ein 10 mal 15 Zentimeter großes Hakenkreuz im Stadtteil Mueßer Holz auf die „Bank der Menschenrechte“. Die Polizei wurde informiert, das Symbol entfernt. Wie die Polizei mitteilte, seien neben dem Hakenkreuz noch „weitere verfassungsfeindliche Symbole“ auf die Bank gemalt worden. Der Staatsschutz ermittelt.

Wie das Innenministerium auf Nachfrage mitteilt, wird die Verwendung von Hakenkreuzen im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes als verfassungsfeindliches Symbol neben Parolen und Grußformen erfasst. Demzufolge könne ein vermehrtes Auftreten nur dieses einen Symbols ohne eine händische Auswertung nicht bestätigt oder verneint werden. Jedoch hätten sich die Fallzahlen insgesamt „auf einem hohen Niveau eingestellt“. So wurden für MV im vergangenen Jahr 821 Fälle registriert, bei denen ein verfassungsfeindliches Symbol, eine Parole oder Grußform verwendet wurde. Die noch vorläufigen Fallzahlen für das erste Halbjahr 2023 „reihen sich in diese Entwicklung ein“, heißt es weiter.

Dass Nazisymbole regelmäßig im öffentlichen Raum auftauchen, bestätigt auch Ute Schmidt von der Landeszentrale für politische Bildung. In letzter Zeit hätten diese allerdings „eine neue Qualität“ erlangt. Für die Täter:innen sei die Hemmschwelle niedrig, erklärt dazu das Innenministerium. Darüber hinaus würden sie von politischen und gesellschaftlichen Themen sowie lokalen Gruppen und Aktionen innerhalb der rechten Szene beeinflusst.

Es scheint aus Sicht von Schmidt kein Zufall zu sein, dass großformatige NS-Symbole in den größeren Städten MVs zu sehen waren. Gerade an prominenten Plätzen hätten sie einen öffentlichkeitswirksamen Effekt. Darüber hinaus seien die Taten als gewollte Provokation einzustufen: „In Neubrandenburg richtete sich die Aktion bewusst gegen queere Menschen, in Schwerin ausdrücklich gegen den Paragrafen 1 des Grundgesetzes – ‚Die Würde des Menschen ist unantastbar‘ –, in Rostock gegen die Demokratie als solche.“ Das Innenministerium ergänzt, dass die Täter:innen mit der Verwendung von  verfassungsfeindlichen Symbolen auch „ihre politische Anschauung manifestieren“ wollen.

Es liege nahe, dass auch die konkreten Orte bewusst ausgewählt wurden und als gezielte Angriffe auf Minderheiten und die verfassungsmäßige Freiheit der pluralen Gesellschaft zu verstehen sind, erklärt Schmidt. Die Tatverdächtigen im Kontext solcher Fälle stammen aus allen Altersgruppen und seien hauptsächlich männlich. Sie können sowohl bereits „staatsschutzrelevant“, „allgemeinkriminell“ oder bisher gar nicht in Erscheinung getreten sein, führt das Innenministerium aus.

Im Hinblick auf die Fälle in Neubrandenburg, Schwerin und Rostock gebe es bisher keine Rückschlüsse auf die Täterschaft, so Schmidt. Dafür sei die rechte und rechtsextreme Szene im Land zu gemischt. Die brachiale Botschaft der Rechtsradikalen sei jedoch klar: Seht her, wir sind da!

Quellen

  1. Polizeipräsidium Neubrandenburg (Hg.): POL-NB: Hakenkreuzflagge am Bahnhof gehisst, auf: presseportal.de (29.7.2023).
  2. Polizeipräsidium Rostock (Hg.): Verfassungsfeindliche Symbole in Schwerin und Rostock: Polizei sucht Zeugen, auf presseportal.de (9.8.2023).
  3. Ebd.
  4. E-Mail des Ministeriums für Inneres, Bau und Digitalisierung MV vom 11.8.2023.
  5. Telefonat mit Ute Schmidt am 10.8.2023.

Autor:innen

  • Max Rieck
  • Redakteurin in Greifswald

    Geboren in Berlin, aufgewachsen in Berlin und Brandenburg. Tauschte zum Studieren freiwillig Metropole gegen Metropölchen.