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Wirtschaftspolitik

IHK-Hauptgeschäftsführer: Landesregierung muss Rahmenbedingungen für Industrie schaffen

Die Stärkung industrieller Arbeitsplätze ist nicht nur Ziel der rot-roten Landesregierung. Die IHK Schwerin vertritt allein 25.000 Unternehmen im Westen Mecklenburgs. KATAPULT MV sprach mit dem Hauptgeschäftsführer der IHK in Schwerin über mögliche Entwicklungen im Schiffbau, der Industrie und im Handel.

Der Bau von Kreuzfahrtschiffen in MV hat mittelfristig weiterhin eine Chance, glaubt der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Schwerin, Siegbert Eisenach. Der Bedarf sei schließlich vorhanden. Bestätigt sieht er sich durch jene Kreuzfahrtschiffe, die auch kürzlich noch auf den Meeren Tourismus möglich machten. „Offensichtlich haben die Menschen nach wie vor das Bedürfnis, auf Kreuzfahrtschiffen Urlaub zu machen“, so Eisenach.

Hoffnung auf weiteren Kreuzfahrtschiffbau in Mecklenburg-Vorpommern gibt ihm die Entwicklung in Ländern wie Indien, China, aber auch auf dem afrikanischen Kontinent, in denen sich zunehmend Menschen einen Schiffsurlaub leisten könnten. Die gegenwärtig sehr problematische Lage der Werften ist für Siegbert Eisenach nur vorübergehender Natur. Die globale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Schiffbauindustrie könne durch kostensenkende weitere Automatisierung der Produktion geschaffen werden, ist sich der IHK-Chef sicher.

Noch immer sei die besondere Qualität deutscher Produkte ein Wettbewerbsvorteil auf dem hart umkämpften internationalen Markt. Ob allerdings weiterhin solche Riesenschiffe wie die „Global One“ gebaut würden, müsse man abwarten. Chancen für die Wirtschaft und industrielle Arbeitsplätze sieht der Chef der IHK im Umbau und der Umrüstung von Schiffen auf umweltfreundlichere Antriebe.

Industriearbeitsplätze bei nachhaltiger Transformation unabdingbar

Bei der Transformation zu umweltfreundlicher und nachhaltiger Produktion ist für die IHK die Schaffung von Industriearbeitsplätzen von zentraler Bedeutung. Durchschnittlich kommen in MV auf 1.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte 44 Industriearbeitsplätze – zu wenig, findet der IHK-Chef. Im Bundesdurchschnitt sind es mit 84 fast doppelt so viele. „Wir haben den Landesregierungen immer wieder gesagt, wir müssen den produzierenden Sektor unserer Wirtschaft stärken und ausbauen“, so der Hauptgeschäftsführer.

Der Ausbau der erneuerbaren Energiequellen biete weiterhin gute Arbeitsplätze, so Eisenach. Investoren könne man mit der gesicherten Versorgung durch bezahlbare Energie anwerben. Dafür soll – nach Auffassung der Industrie- und Handelskammer – die Landesregierung die Rahmenbedingungen schaffen. Nötig sei aber auch die Akzeptanz von beispielsweise Windenergie in der Bevölkerung. Nur durch einen intensiven und dauerhaften Bürger:innen-Dialog könne die Bereitschaft zur Energiewende geschaffen werden, meint der IHK-Chef.

Um eine auf die Zukunft ausgerichtete Industriepolitik erfolgreich zu gestalten, müsse die Landesregierung die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, so Eisenach. Dazu gehört nach Auffassung der IHK die Ausweisung von hochwertigen Gewerbe- und Industrieflächen ebenso wie der Erhalt und Ausbau einer bedarfsgerechten sowie leistungsfähigen Verkehrs- und digitalen Infrastruktur – moderne Netze für alle Verkehrsträger sowie für Mobilfunk und Gigabreitband. Aber auch eine aktive Fachkräfteoffensive, bei der sich Fachkräfte beruflich weiterentwickeln können. Es gelte Bedingungen zu schaffen, die vorhandene Fachkräfte im Land halten und externe Fachkräfte aus dem In- und Ausland anziehen.

Neue Lebensmitteltrends in regionaler Agrarproduktion aufgreifen

Eine weitere Stärke MVs sieht die IHK in der Ernährungswirtschaft. Unternehmen der Lebensmitteltechnologie und die dazugehörigen Zulieferbetriebe sind für Eisenach zukunftsträchtig. Es gelte, neue Lebensmitteltrends wie vegetarische und vegane Ernährung aufzugreifen. Wert legt er dabei auf die Stärkung der regionalen Agrarproduktion. „Vorzugsweise sollten Landwirtschaftserzeugnisse aus dem heimischen Norden oder bestenfalls aus deutscher beziehungsweise europäischer Produktion kommen, denn gute Standards und umweltschonende Produktion kann hier in der Region garantiert werden“, argumentiert Eisenach.

Handlungsbedarf beim Einzelhandel

Angesprochen auf die schwierige Situation für den Schweriner Einzelhandel durch die Corona-Maßnahmen und den dadurch beschleunigten Wachstum des Onlinehandels, sieht Eisenach Handlungsbedarf. Die vorige Landesregierung hatte das Soforthilfeprogramm „Lebendige Innenstädte M-V“ schon im August letzten Jahres beschlossen. Für eine nachhaltige Revitalisierung der Innenstadt brauche es neue Konzepte, so der Hauptgeschäftsführer. Die Verweildauer der Besucher:innen und ihrer Kinder müsse durch attraktive Freizeitangebote erhöht werden. Für die anspruchsvollere Kundschaft sei Schwerin schon „ganz gut“ aufgestellt. Der vergleichsweise geringe Leerstand bei Geschäftsimmobilien spreche für die Attraktivität der Innenstadt.

Erfreut zeigt er sich darüber, dass junge Unternehmer:innen in Schwerin Fuß gefasst haben. Kreative Start-ups gebe es bereits und weitere benötigten Förderung. Das Angebot von spezifischen Nischenprodukten mache die Innenstadt für die Schweriner:innen und Menschen aus dem Umland interessant.

IHK mit neuen, digitalen Angeboten

Von enormer Bedeutung für die Arbeit der IHK sind die Beratungsleistungen für die Mitgliedsbetriebe. Die Themenpalette der Beratungsangebote sei „hoch unterschiedlich“. Von Rechtsfragen, Steuern, Umweltvorschriften über Hilfe bei Existenzgründungen bis hin zum Umgang mit neuen Vorschriften beim Handel mit dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit. 2020 und 2021 fanden bei der IHK zudem in Präsenz unter den jeweiligen Corona-Hygienebestimmungen insgesamt rund 7.560 Abschlussprüfungen, Zwischenprüfungen, Sach- und Fachkundeprüfungen statt.Die Hygieneregelungen in den vergangenen zwei Jahren der Corona-Pandemie haben auch die Beratungs- und Weiterbildungsleistungen der IHK deutlich und nachhaltig verändert. Die Zahl der Webinare, Onlinekonferenzen und digitalen Trainingsprogramme sind mittlerweile unüberschaubar vielfältig geworden. Jährlich werden etwa 350 Veranstaltungen, Beratungssprechtage, Onlineseminare und Webinare angeboten. Am Montag boten die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammer im Land beispielsweise ein Webinar an, bei dem alle von der MV-Werften-Insolvenz betroffenen Zulieferer mit ihren Forderungen Hilfe und Unterstützung erhielten.

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