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Musiklandschaft

Mit dem Tourbus in Demmin

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Seit 2011 leben Hannah Kuke und ihr Partner Christoph Peisker gemeinsam in „Voelschow Berg“. Mehrere Jahre haben die Kulturmanagerin und der Veranstaltungstechniker die Anlage umgebaut und revonviert. Entstanden sind – neben Wohnraum für ihre Familie – auch zwei Veranstaltungssäle. Gemeinsam richten sie Events im Raum Demmin aus und bieten ihre Räumlichkeiten für verschiedene Nutzungsmöglichkeiten an.
Um Voelschow Berg auch als Rückzugsort für Musikschaffende zu gestalten, hatten Kuke und Peisker eine besondere Idee: Einen Tourbus als Unterkunft organisieren, ohne dass die vorhandenen Gebäude umgebaut oder erweitert werden müssen.

Schlafen wie die Stars

Aus ihrer Zeit in der Konzertbranche hatte Kuke noch Kontakte zu einem Berliner Unternehmen und wurde so auf das 12 Meter lange, komplett ausgestattete Fahrzeug aufmerksam. Mit über 1,6 Millionen Kilometern auf dem Tacho und etlichen Tourneen mit nationalen und internationalen Künstler:innen landete der Bus nach 20 Jahren Tourgeschäft schließlich in Demmin. Busse mit Schlafplätzen werden in der Branche Nightliner genannt. Diese Fahrzeuge sind dafür ausgelegt, Musiker:innen und Crew von einem Veranstaltungsort zum nächsten zu bringen – und das meist über Nacht. Der Bus verfügt über 10 Betten, Klimaanlage, Heizung, Kühlschrank, Mikrowelle, mehrere Sitzecken sowie einen Fernseher inklusive Playstation.

Der Nightliner ist ausgestattet mit Ledersesseln und Wurzelholzimitat
Im hinteren Bereich befindet sich die Unterhaltungszentrale

Gekommen um zu bleiben

Kuke und Peisker haben ihren Bus „Elmar“ getauft. So hieß auch der Fahrer, der 20 Jahre lang hinter dem Steuer saß und das Fahrzeug letztendlich in Demmin abgeliefert hat. Der Motor läuft trotz der hohen Laufleistung noch problemlos. Der nächsten TÜV-Abnahme sollte Kuke zufolge auch nichts im Weg stehen. Trotzdem soll der Nightliner fest installiert werden. In den kommenden Wochen wird die interne Elektrik überarbeitet und die Anbindung zum Landstrom vorbereitet.
Kuke und Peisker möchten ihren Nightliner insbesonderen Musikschaffenden anbieten. Neben der passenden Unterkunft bietet das Paar außerdem einen 140 Quadratmeter großen Saal an, in dem zu jeder Tageszeit Musik gemacht werden kann. Darüber hinaus bietet die umliegende Landschaft mit Wald und Peene viel Ruhe. Die ersten Gäste sind bereits Mitte August auf Voelschow Berg eingezogen.

Der Tacho zeigt mehr als 1,6 Millionen Kilometer an

Berliner Band sind die ersten Gäste

Die Stoner-Rock Band „Rotor“ hat sich 1998 in Berlin gegründet. Ihre Mitglieder kommen aus Brandenburg, Berlin und Greifswald. Neben ihrer Tätigkeit als Musiker arbeiten sie in den Bereichen Film, Design, Übersetzung und Soziale Arbeit.
Das Quartett hat bis jetzt sechs Alben veröffentlicht. Für die Aufnahmen zu ihrer siebten Platte sind Rotor nach Demmin gekommen. Bei der Suche nach geeigneten Orten war der Band wichtig, weg von Zuhause und in der Natur zu sein. Für knapp zwei Wochen haben Rotor den Veranstaltungssaal auf Voelschow Berg zum Studio umfunktioniert. Über den gesamten Boden verlaufen – zwischen Verstärkern, Effektgeräten, Gitarren und einem Schlagzeug – dutzende Kabel. Dazu kommen etliche Mikrofone, die über den Raum verteilt wurden.
Das Besondere: Rotor nehmen ihre Songs gleichzeitig auf. Anders als bei vielen herkömmlichen Musikproduktionen hat die Band alle Instrumente zur selben Zeit und an einem Stück eingespielt. Das bedeutet in der Praxis, ein Song wird fünf oder sechs mal nacheinander gespielt. Die beste Gesamtaufnahme landet dann auf dem Album, welches sieben Songs beinhalten soll. Sechs Songs hat die Band im Vorfeld schon fertiggestellt. Den siebten Song hat das Quartett gemeinsam zwischen den Aufnahmen finalisiert.

Der Veranstaltungssaal wurde zum Aufnahmestudio umfunktioniert
Die improvisierte Tonregie wurde unter einem Pavillon aufgebaut

Von Voelschow Berg in die Welt

Das fertige Album soll den Namen „Sieben“ tragen, um im kommenden Frühjahr auf dem Berliner Label Noisolution erscheinen. Nachdem die Band seit Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020 kaum Konzerte spielen konnte, soll ab März 2023 eine Tour durch Deutschland und Europa stattfinden. Bis es soweit ist, treffen sich Rotor jede Woche 30 Minuten außerhalb von Berlin in ihrem Proberaum, um neue Musik zu schreiben oder Konzerte vorzubereiten. Voraussichtlich dann aber ohne Nightliner.

Die Berliner Band „Rotor“ während der Aufnahmen zu ihrem siebten Studioalbum

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Autor:innen

Geboren in Vorpommern, aufgewachsen in Mecklenburg. Einziger KATAPULT-Redakteur mit Traktorführerschein UND Fischereierlaubnis. Layouter und Chefredakteur.

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