Für eine sichere Energieversorgung möchte der Bund ein Flüssiggasterminal im Hafen von Mukran bauen lassen. Dafür soll das Regasifizierungs- und Speicherschiff Neptune vom aktuellen Standort Lubmin nach Mukran verlegt werden, heißt es in den Planungsunterlagen, die ab heute im Bergamt Stralsund ausliegen.
Die jährliche Kapazität der Anlage soll bis zu 15 Milliarden Kubikmeter Erdgas betragen, die über eine Pipeline durch die Boddengewässer vor Rügen und Greifswald bis nach Lubmin transportiert werden sollen. Anschließend soll das Gas ins Fernleitungsnetz eingespeist werden und sowohl den Osten Deutschlands als auch osteuropäische Staaten versorgen. Perspektivisch soll mit der geplanten Infrastruktur auch Wasserstoff oder Ammoniak entladen werden.
Nachdem bereits ein Abschnitt der Pipeline von Lubmin hinaus auf die Ostsee vor Rügen beantragt wurde, soll nun die Anschlussverbindung zum Hafen Mukran genehmigt werden. Und das, obwohl die zahlreichen Einwände gegen den ersten Leitungsabschnitt vom zuständigen Bergamt noch gar nicht ausgewertet sind. Insgesamt ist die sogenannte OAL (Ostsee-Anbindungs-Leitung) in vier Abschnitte gegliedert, die jeweils ein eigenständiges Zulassungsverfahren vorsehen.
Aktuell geht es um einen zweiten seeseitigen Abschnitt, der durch die Prorer Wiek und vorbei an Rügens Ostküste verlaufen soll. Diese geplante Trasse hat eine Länge von rund 24 Kilometern. In ihrem Umfeld liegen mehrereNaturschutzgebiete, die von Bau und Betrieb der Pipeline unmittelbar betroffen wären. Eines davon erfordert laut den Planungsunterlagen eine sogenannte FFH-Verträglichkeitsuntersuchung. Beeinträchtigungen seien möglichst zu vermeiden, heißt es in Richtung der Vorhabenträgerin Gascade.
Deutsche Umwelthilfe erwartet negative Auswirkungen auf Schutzgebiete
Die Deutsche Umwelthilfe kommt zu einem anderen Ergebnis. Sollten die Pläne umgesetzt werden, erwartet die Organisation tiefgreifende und irreparable Auswirkungen auf geschützte und bedrohte Meeressäugetiere, viele Rast- und Zugvögel sowie auf Fischwanderrouten und das Heringslaichgebiet im Greifswalder Bodden. Dazu gehören die Schutzgebiete „Westliche Pommersche Bucht“ und „Greifswalder Bodden und südlicher Strelasund“ des internationalen Netzwerks Natura 2000, die FFH-Gebiete „Greifswalder Boddenrandschwelle und Teile der Pommerschen Bucht“ und „Greifswalder Bodden, Teile des Strelasundes und Nordspitze Usedom“ sowie das Landschaftsschutzgebiet „Greifswalder Bodden“.
Bauvorbereitende Maßnahmen genehmigt
Ungeachtet des laufenden Planungsverfahrens hat das Bergamt Stralsund bereits vorbereitende Maßnahmen für den Bau der Pipeline im Mukraner Hafen zugelassen. Dazu gehören das Ausheben einer Startbaugrube sowie die baulichen Vorbereitungen zur Errichtung eines Mikrotunnels, erklärt das Wirtschaftsministerium. Die Vorbereitungen hätten jedoch keinen nennenswerten Einfluss auf die Natur oder die Meeresumwelt.
Die Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen hat daraufhin gemeinsam mit weiteren Interessenvertretungen einen Brief an Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) verfasst. Es sei nicht nachvollziehbar, dass im ohnehin beschleunigten Verfahren des LNG-Ausbaus nun auch noch vorzeitige Maßnahmen genehmigt werden.
Diese seien ein „Schlag ins Gesicht der Menschen, denen immer versprochen wurde, dass vor einer Gesamtprüfung und Genehmigung nicht gebaut wird“.
Quellen
- Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit MV (Hg.): Planfeststellungsverfahren OAL, Abschnitt KP26-Mukran, auf: bergamt-mv.de (unter „Dokumente und Downloads“).↩
- Deutsche Umwelthilfe (Hg.): Meeresschutzgebiete in Gefahr: Deutsche Umwelthilfe legt Einwendung gegen Planänderung für LNG-Anbindungsleitung vor Rügen ein, auf: duh.de (6.7.2023).↩
- Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit MV (Hg.): Gemeinsame Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums und des Umweltministeriums zum vorzeitigen Beginn für bauvorbereitende Maßnahmen im Hafen im Rahmen des LNG-Vorhabens „Mukran“, auf: regierung-mv.de (21.7.2023).↩
- Brief der Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen liegt der Redaktion vor.↩