Welterbe-Bewerbung

Nominierungsdossier geändert

Die Piratenpartei MV veröffentlichte am vergangenen Montag ein zufällig gefundenes abgeändertes Dossier der Schweriner Welterbe-Bewerbung. Bei diesem entfällt der Untertitel „Kulturlandschaft des romantischen Historismus“ und auch die Zusammenstellung der Gebäude ist nicht mehr die gleiche. So wurden etwa einige Häuser und Gärten durch andere ersetzt. Während die Piraten der Stadt mangelnde Bürger:innenbeteiligung vorwerfen, verweist diese auf Befürchtungen einer unautorisierten Veröffentlichung des Dossiers.

Die Bewerbung Schwerins um die Anerkennung als Welterbe der Unesco sei stark verändert worden. Und das ohne Beteiligung von Bürger:innen oder eine erneute Beratung in der Stadtvertretung. So lautet der Vorwurf der Piratenpartei MV an die Stadt Schwerin. Zudem sei das entsprechende Dokument nur wenige Minuten nach der Stadtvertreter:innensitzung aus dem Ratsinformationssystem entfernt worden und somit selbst für Stadtvertreter:innen nicht mehr nachlesbar gewesen.

Unautorisierte Veröffentlichung befürchtet

Das Nominierungsdossier sei aus einem formalen Grund aus dem Ratsinformationssystem genommen worden, erklärt die Stadt auf Nachfrage. Es habe die Befürchtung gegeben, dass eine unautorisierte Veröffentlichung des Dossiers im Internet erfolgen könnte. Solche Vorabveröffentlichungen würden von der Unesco kritisch gesehen, da sich die Organisation die Erstveröffentlichung vorbehalte. Dies habe Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) auch bereits den Stadtvertreter:innen in ihrer nichtöffentlichen Sitzung am 27. Juni erläutert. Trotzdem hätten die Unterlagen – obwohl kurz nach der Sitzung nicht mehr digital verfügbar – allen interessierten Stadtvertreter:innen weiterhin in Papierform zur Verfügung gestanden.

Residenzbauten als Alleinstellungsmerkmal

Bereits am 24. Mai hatte die Koordinatorin für die Welterbe-Bewerbung, Linda Holung, dem Kulturausschuss das überarbeitete Nominierungsdossier zur Bewerbung des „Residenzensembles Schwerin“ für die Unesco-Welterbeliste vorgestellt. So löse sich das neue Dossier von der Idee einer Kulturlandschaft des romantischen Historismus und lege den Fokus auf ein gewachsenes Residenzensemble mit Bauten aus dem 18., 19. und frühen 20. Jahrhundert, formuliert die Stadt. Das sei ein stärkeres Alleinstellungsmerkmal als eine Kultur- und Naturlandschaft. Deshalb musste auch der bisher geführte Untertitel „Kulturlandschaft des romantischen Historismus“ für die Bewerbung entfallen.

Nach dieser „Schärfung mit einem Expertenbeirat“ seien nun einige Bauten zur Bewerbung dazugekommen. So zum Beispiel die Häuser der Hoflieferanten Uhle und Wöhler sowie die Hofkonditorei Krefft (heute Café Prag). Andere, wie der Küchengarten, der Jugendtempel und das Hippodrom, wurden in den Schlossgarten integriert und sind deshalb nicht mehr extra aufgeführt.

Nach dem neuen Dossier werden nicht mehr berücksichtigt: das Brandensteinsche Palais, die Schleifmühle, das Hôtel du Nord in der Schloßstraße, die Kuetemeyersche Stiftung, die Kückenstiftung, die Erste Ersparnisanstalt, das Berliner Tor, das Kalt- und Warmhaus im Küchengarten und die Insel Kaninchenwerder.

Diese deutliche Fokussierung der Bewerbung auf die großherzoglichen Residenzbauten habe bei Mitgliedern des Fördervereins „Welterbe Schwerin“ und geschichtsinteressierten Schweriner:innen für Verwunderung gesorgt, wie die SVZ berichtet. Bei einem Stammtisch sollen aber Welterbe-Koordinatorin Holung, Welterbe-Expert:innen und der Vorstand des Vereins zusammengekommen sein und die Gründe für die Neuausrichtung geklärt haben. Wäre der Antrag allein auf den romantischen Historismus ausgelegt, könnten viele der historisch wertvollen Gebäude, die zum Residenzensemble zählen, nicht aufgenommen werden, so Welterbe-Expertin Juliane Schmidt. Schwerins Alleinstellungsmerkmal sei jedoch die hohe Gebäudedichte mit Bezug zur großherzoglichen Residenz in ihrem Beziehungsgefüge und in ihrem authentischen Zustand.

Stadt: Skandalisierungsversuch durch die Piratenpartei

Die Stadtverwaltung würde es sehr bedauern, wenn die Veröffentlichung des Dossiers durch die Piratenpartei der Bewerbung schade, und spricht in diesem Zusammenhang von einem Skandalisierungsversuch. Da die unautorisierte Veröffentlichung aber nun eingetreten sei, werde die Stadt das Dossier zeitnah im Ratssystem wieder für die Stadtvertreter:innen als nichtöffentliche Mitteilung online stellen.

Die Piratenpartei war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Quellen

  1. Klüver, Dennis: Piraten finden Welterbe-Bewerbung von Schwerin in der Straßenbahn, auf: piratenpartei-mv.de (4.7.2022).
  2. E-Mail von Stadtsprecherin Michaela Christen vom 5.7.2022.
  3. Landeshauptstadt Schwerin (Hg.): Nominierungsdossier löst sich von der Idee der Kulturlandschaft: Gewachsenes Residenzensemble im Fokus des UNESCO-Welterbeantrags, auf: schwerin.de (25.5.2022).
  4. E-Mail von Linda Holung vom 12.7.2022.
  5. Schüttpelz, Bert: Welterbe – mehr als die Residenz, in: Schweriner Volkszeitung vom 27.5.2022, S. 9.
  6. E-Mail von Michaela Christen vom 5.7.2022.

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