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Journalismus

Ostsee-Zeitung manipuliert Storys

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Lesedauer: ca. 6 Minuten

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Das Onlinemagazin Übermedien hatte einen Artikel veröffentlicht, in dem zwei ehemalige Mitarbeiter:innen Vorwürfe gegen KATAPULT Ukraine und mich persönlich erhoben. Es waren viele Vorwürfe. Es ging darum, wie wir die Spenden für unser Ukraine-Projekt eingesetzt haben und ob ich das Interesse an diesem Projekt verloren habe. Was musste ich tun? Das Gegenteil beweisen. Also habe ich mich sechs Tage nur auf diese eine Aufgabe konzentriert und einen umfassenden Transparenzbericht mit Bildern, Kontakten und Listen erstellt. Der Bericht entkräftet die Vorwürfe und zeigt, was wir mit dem Geld gemacht haben. Ihr könnt ihn hier finden.

Das Interessante an dieser Geschichte passiert während der sechs Tage, in denen ich am Bericht arbeitete. In diesen sechs Tagen gibt es ein Wissensvakuum, das Medien unterschiedlich ausfüllen. Es steht Aussage gegen Aussage. Übermedien sagt das, ich sage was anderes und der Transparenzbericht ist eben noch nicht veröffentlicht. Wie reagiert man in diesem Vakuum als journalistisches Medium?

Fast alle deutschen Medien berichten über den Fall. Der Spiegel stellt beide Seiten dar und endet mit einer kleinen Analyse. Faire Sache. Der NDR schildert beide Seiten. Faire Sache. Die Zeit genauso. Viele andere Medien machen es ähnlich. Eine Zeitung jedoch sticht heraus. Eine Zeitung weiß auf einmal mehr als alle anderen Medien. Sie weiß sogar mehr als ich. Wahnsinn.

Die Ostsee-Zeitung übernimmt nicht nur die falschen Inhalte von Übermedien, sie erfindet auch noch neue hinzu. Es ist die Zeitung, die geografisch am dichtesten an KATAPULT dran ist. Die OZ schreibt am Anfang des Artikels unter anderem, es drohe Ärger mit Behörden und Spendern, sowie „(...)möglicherweise sogar strafrechtliche Ermittlungen(...)“ um dann erst ganz am Ende des Artikels mitzuteilen: „Bei der Staatsanwaltschaft Stralsund liegen keine Anzeigen vor. Die Hinweise seien derzeit auch zu unkonkret für Ermittlungen von Amtswegen, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Stralsund, Martin Cloppenburg“. Versteht ihr? Das ist doch ein witziger Kniff. Mit der gleichen Methode kann man jeden noch so dreckigen Vorwurf mit einer Person in Verbindung bringen: Ich könnte bei der Polizei anrufen und mir versichern lassen, dass nicht bekannt sei, dass die OZ-Redakteurin Fahrräder klaut. Gut, dass wir das mal geklärt haben. Aber es geht leider noch weiter.

Die Ostsee-Zeitung erfindet auch noch drohenden „Ärger mit Behörden“ und will auf Nachfrage nicht sagen, woher sie diese Info hat. Warum? Weil sie es so ganz vielleicht, also eventuell, frei erfunden hat. Na ja, kommt noch mehr? Ja. Die OZ berichtet darüber, dass KATAPULT das Spendengeld eventuell gar nicht für die Ukraine einsetzen darf. So Leute. Ich weiß jetzt langsam auch nicht mehr weiter. Wie blö… Nee, warte … Wie besch… Nee, anders … Wie strunzd… Nee, hier, wie soll ich sagen: Ey Ostsee-Zeitung, was habt ihr im letzten Jahr gemacht? Ich frag das auch noch mal die Staatsanwaltschaft, aber seid ihr eventuell manipulativ? Das Bundesfinanzministerium öffnet in humanitären Krisensituationen die Zweckgebundenheit von Spenden. Sowas ist wichtig. Das ist im Ahrtal bei der Flut passiert und auch in der Ukraine. Man muss sowas nicht zwingend wissen, aber vielleicht sollte man dann auch nicht in dem Bereich arbeiten oder darüber schreiben.

Die OZ hat in diesen sechs Tagen so viel Falsches über KATAPULT geschrieben, dass mittlerweile sogar in der Stadt das Gerücht verbreitet wird, KATAPULT stünde vor der Insolvenz. Das Gegenteil ist der Fall. Allein KATAPULT MV sucht eine Arbeitskraft in Greifswald und eine in Neubrandenburg. Uns geht es gut, selbst wenn die OZ es anders darstellen will.

So zu finden im OZ-Artikel vom 31. Januar 2023

Es geht leider noch weiter. Die OZ ist nachts auf unser KATAPULT-Betriebsgelände im Industriegebiet gelaufen und hat als journalistisch-investigativen Höhepunkt ein Foto durch unser Fenster geschossen. Ein Foto durchs Fenster? Also so richtig durchs Fenster? Wie unprofessionell wollt ihr sein, Ostsee-Zeitung?! Hinweis: Die Ostsee-Zeitung ist die direkte Konkurrentin dieser Zeitung. Wir berichten ab und zu über die OZ, die OZ meidet uns aber komplett – bis es eben mal die Chance gibt, einen erfundenen Skandal mit ein paar erfundenen Falschinformationen zu bereichern. Danke!

Ich konfrontiere die OZ-Redakteurin, die die beiden komplett falschen Artikel über uns geschrieben hat, und frage auch, warum sie meine Persönlichkeitsrechte verletzt, warum sie falsche Informationen verbreitet und ob es eine Berichtigung geben wird. Sie antwortet, dass sie nicht antworten wird. Ich soll mich an den Chefredakteur wenden. Mache ich dann auch. Was sagt der dazu?


Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich auf Ihre Fragen nicht im Detail eingehen möchte. Sie können davon ausgehen, dass unserer Berichterstattung eine gewissenhafte Recherche zugrunde liegt.
Andreas Ebel, OZ-Chefredakteur

Ach, so sieht das aus. Möchte er nicht. Okay. Ich will dem OZ-Chefredakteur jetzt nicht blöd auf die Krawatte treten, aber ich habe dann doch diese eine letzte Frage: Was für ein gewissenloser Typ muss man sein und wie journalistisch fragwürdig muss man arbeiten, wenn man auf journalistische Sorgfaltspflicht und Falschberichterstattung hingewiesen wird, um dies dermaßen kühl abzuschmettern? Ich stelle die Frage natürlich auch noch mal der Staatsanwaltschaft.


P.S.:
Als ich diesen Text schreibe, meldet sich die KATAPULT-MV-Redaktion bei mir. Sie haben Mails bekommen, in denen sich Organisationen wie Fridays for Future darüber beschweren, dass die OZ ihre Zitate ins Gegenteil verdreht. Sie schicken uns Beispiele. Andere melden sich, weil die OZ die Privatadresse einer demenzkranken Frau veröffentlicht. Die Familie hat nun Angst vor weiteren Überfällen. Ein Anti-Nazi-Projekt wird mit voller Adresse veröffentlicht, eine brennendes Haus wird gefilmt; eine Familie wird auf diese Weise darüber informiert, dass die eigene Oma dort verbrennt.

Ein Vorwurf wird dabei immer wieder laut: Die OZ nutzt Facebook-Kommentare als Quelle für ihre Artikel. Das Zentrum des Hasses, voller Bots und Anonymität, ist zum Ausgangspunkt des Journalismus der OZ geworden und mir wird klar, auch der Artikel über KATAPULT und mich ist so entstanden: Der Ärger mit Behörden, die Staatsanwaltschaft – das sind Facebook-Kommentare, die die OZ von Facebook in ihre Zeitung kopiert hat. Trauriger geht's nicht.

Die Unwürdigkeit dieser Zeitung scheint grenzenlos. Der Druck, in kurzer Zeit viele Artikel zu schreiben, ist eine gefährliche Verbindung mit einer großen Verantwortungslosigkeit eingegangen. Anders kann ich mir die Mail vom Chefredakteur nicht erklären.

KATAPULT MV wird jetzt all diese Fälle bearbeiten, in denen die OZ die Menschenwürde missachtet und journalistische Standards verletzt. In der nächsten Ausgabe behandeln wir das.

Meldet euch bei uns, wenn ihr noch mehr solcher Fälle kennt:
redaktion@katapult-mv.de


Transparenzhinweis: Wir haben den Artikel am 11. April aufgrund eines Beschluss des Landgerichts Hamburg vom März 2023 aktualisiert und eine Umformulierung im vierten Absatz vorgenommen.

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Autor:innen

Ist einsprachig in Wusterhusen bei Lubmin in der Nähe von Spandowerhagen aufgewachsen, studierte Politikwissenschaft und gründete 2021 KATAPULT MV.

Veröffentlichungen:
Die Redaktion (Roman)
Fredrich rastet aus

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