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Petition „Alarmstufe Rot“

Klatschen reicht nicht

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Lesedauer: ca. 3 Minuten

Stromkosten für Krankenhäuser symbolisiert durch die Größe von zwei Haufen Geldscheinen. Am Beispiel der Unimedizin Greifswald: 2022 4,7 Mio. Euro, 2023 14,5 Mio. Euro

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Die Krankenhausgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (KGMV) hat mit Vertreter:innen des Gesundheitsministeriums und der DRK-Krankenhäuser auf die prekäre Situation der lokalen Krankenhäuser hingewiesen. Im Rahmen einer Landespressekonferenz in Schwerin am 27. September warnte Uwe Borchmann, Geschäftsführer der KGMV, vor den wachsenden Kosten. Bereits jetzt befänden sich rund 40 Prozent der Krankenhäuser in einer kritischen finanziellen Lage. Die Zahl könnte sich im kommenden Jahr verdoppeln. Und das, obwohl das Versorgungsnetz in MV bereits jetzt schon extrem dünn sei.

Auch für Krankenhäuser werden die steigenden Strom- und Gaspreise immer mehr zum Problem. Da für Leistungen aber ein vorgeschriebener Preis gilt, sind die Kliniken nicht in der Lage, für steigende Einnahmen zu sorgen. „Das heißt, wir sind im Moment staatlich dazu verdammt, ins Minus zu fahren“, resümiert Borchmann. 96 Prozent der Krankenhäuser in MV könnten demzufolge die Kostensteigerungen nicht aus eigener Kraft kompensieren. Und nicht nur Strom und Gas werden teurer: Auch medizinische Bedarfsgüter und externe Dienstleistungen erleben gerade massive Preissteigerungen, wie aus einer Pressemitteilung der KGMV hervorgeht.

Auch die Universitätsmedizin Greifswald beteiligt sich an der Aktion. In einer Pressemitteilung gab sie bekannt, die Stromkosten hätten sich dramatisch erhöht, von 4,7 Millionen Euro im laufenden auf 14,5 Millionen Euro im kommenden Jahr. Toralf Giebe, der kaufmännische Vorstand der Unimedizin, erläuterte das Problem: Einsparungen seien demnach kaum möglich, weil für Operationssäle beispielsweise Mindesttemperaturen eingehalten werden müssten. „Das ist für die Gesundheit unserer Patient:innen unverzichtbar“, so Giebe. Auch die Corona-Pandemie hat ein Loch in der Kasse hinterlassen. Allein im ersten Halbjahr 2022 seien dadurch zusätzliche Kosten von sechs Millionen Euro entstanden. Ob und wie diese finanziert werden? Unklar.

Petition an Bundesregierung gestartet

Um Druck auf die Politik auszuüben, hat die DKG darum eine Petition mit dem Titel „Alarmstufe Rot: Krankenhäuser in Gefahr“ ins Leben gerufen. Über 62.000 Unterschriften hat diese bereits gesammelt. Der Forderungskatalog ist breit, er reicht von finanziellen Stützen über eine Entbürokratisierung bis zur Reform des Finanzierungssystems. In der Begründung heißt es dort: „Die Bundesregierung muss jetzt handeln und dringend einen Inflationsausgleich für die Krankenhäuser auf den Weg bringen. Ansonsten zwingt sie die Krankenhäuser zu flächendeckendem Personalabbau.“

Der Bochumer Bund, eine während der Corona-Pandemie gegründete Pflegegewerkschaft, befürwortet die Petition ebenfalls. Allerdings dürfe dabei die Perspektive der Pflegenden nicht vernachlässigt werden, betont Benjamin Jäger, der Vorsitzende des Bochumer Bundes. Beispielsweise fordere die Petition eine Anpassung an „moderne und flexible Personalkonzepte“. Bei dem aktuellen Mangel an Pflegekräften seien konkrete staatliche Vorgaben, beispielsweise Personalschlüssel, häufig das Einzige, das Arbeitnehmer:innen vor Überlastungen schütze. Dennoch könnten von einer Reform auch die Pflegenden profitieren, betont Jäger: „Bei kluger Umsetzung und insgesamt angepassten Rahmenbedingungen kann dieser Punkt durchaus zu mehr persönlicher Flexibilität für Arbeitnehmer:innen führen.“

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Fußnoten

  1. Süddeutsche Zeitung (Hg.): MV-Kliniken unter Kostendruck: Forderungen an Land und Bund, auf: sz.de (27.9.2022).
  2. KGMV (Hg.): Versorgungsengpass in Mecklenburg-Vorpommern (MV) droht – kalter Strukturwandel muss gestoppt werden, auf: kgmv.de (27.9.2022).
  3. Petition der DKG, auf: openpetition.de.
  4. Mail von Benjamin Jäger vom 28.9.2022.

Autor:innen

Geboren 1998. Studiert Journalistik und Politikwissenschaft in Passau und scheiterte bereits drei Mal bei dem Versuch, ein Auslandssemester zu absolvieren, an der Corona-Pandemie. Ihre journalistischen Schwerpunkte sind Politik und Feuilleton. Praktikantin bei KATAPULT

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