„Aufstand der letzten Generation“

Polizei hindert Reporterin an Berichterstattung

Die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg ermittelt gegen eine Journalistin der Tageszeitung „Neues Deutschland“. Ihr werden Hausfriedensbruch und Störung öffentlicher Betriebe vorgeworfen. Louisa Braun hatte am vergangenen Mittwoch zwei Berliner Klimaaktivist:innen der Initiative „Aufstand der letzten Generation“ zu einer Störaktion in Strasburg begleitet.

Die Pumpstation Glantzhof bei Strasburg in der Uckermark befördert russisches Öl über eine Pipeline von Rostock nach Schwedt. Mit dem Umlegen eines kleinen Schalters auf einem Bedienfeld dort kann der Ölfluss gestoppt werden. Die Berliner Klimaaktivist:innen Maja Winkelmann und Jakob Beyer waren schon einige Male dort, um genau das zu tun.

Ihre Gruppe „Aufstand der letzten Generation“ macht seit Jahresbeginn durch besonders radikale Protestaktionen von sich reden. Dass sich die Aktivist:innen mit ihrer Aktion am vergangenen Mittwoch strafbar gemacht haben, haben sie dabei bewusst in Kauf genommen. Weil ein Wachmann auf das Duo aufmerksam wurde, war die Polizei schnell zur Stelle. So berichtet es die Journalistin Louisa Theresa Braun in der Tageszeitung Neues Deutschland.

Mit gültigem Presseausweis ausgewiesen

Seit dem 27. April habe es insgesamt zehn Einsätze der Polizei wegen Manipulationen an Pipelines durch die Aktionsgruppe in Borrentin und Glantzhof gegeben, so Nicole Buchfink vom Polizeipräsidium Neubrandenburg. Einige Aktivist:innen seien dabei mehrfach in Erscheinung getreten. „Am 18. Mai wurde die Polizei informiert, dass sich in Glantzhof, auf dem Betriebsgelände einer Raffinerie, drei unberechtigte Personen befinden“, erklärt Buchfink weiter. Das konnte beim Eintreffen der Beamt:innen so bestätigt werden. Zwei Personen seien an eine Stationsplattform gekettet und geklebt gewesen. „Die dritte Person (Louisa Theresa Braun, Anm. d. Red.) wies sich vor Ort mit einem gültigen Presseausweis aus.“

„Massiver Angriff auf die Pressefreiheit“

Dennoch geriet auch Braun in den Fokus der Beamt:innen. Sie hatte das Grundstück der Pumpstation ohne Einwilligung der Betreiberfirma betreten. Ob ihr Verhalten im Rahmen der Berufsausübung gerechtfertigt war, müssen im Zweifel Gerichte entscheiden. Die Polizist:innen beschlagnahmten vor Ort Brauns Arbeitsutensilien. Laptop und Handy liegen jetzt in der Asservatenkammer. Die Journalistin sieht sich nun mit einem Strafverfahren konfrontiert. Wie Oberstaatsanwalt Andreas Lins auf Nachfrage mitteilte, handelt es sich um „ein Ermittlungsverfahren wegen Störung öffentlicher Betriebe gemäß § 316b StGB und Hausfriedensbruchs gemäß § 123 StGB“.

„Wir bewerten diese [Maßnahme] als einen massiven Angriff auf die Pressefreiheit“, kommentiert Jörg Reichel von der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union der Gewerkschaft Ver.di den Vorfall auf Twitter. Die Beschlagnahme von Dateien und Ausrüstung der Redaktion durch Polizei und Staatsanwaltschaft sei ein weiterer skandalöser Höhepunkt der Repression gegen die Berichterstattung über Umweltproteste, schrieb Reichel. So sei beispielsweise im April ein Reporter in Frankfurt am Main mehrere Tage in Gewahrsam genommen worden.

Braun brauchte am Mittwoch nicht so lange auszuharren. Sie durfte nach anderthalb Stunden die Heimreise antreten. Braun teilte KATAPULT MV am Freitag auf Nachfrage mit, sich gegen die Beschlagnahme ihres Equipments mit Hilfe eines Rechtsanwalts zur Wehr setzen zu wollen.

Transparenzhinweis: In diesem Artikel hieß es, dass neben Handy und Laptop auch Brauns Kamera beschlagnahmt wurde. Weitere Recherche hat ergeben, dass das nicht zutreffend ist. Wir haben die entsprechende Textstelle am 17. Juni 2022 korrigiert.

Quellen

  1. Braun, Louisa T.: Endlich in den Notfallmodus schalten, auf: nd-aktuell.de (19.5.2022).
  2. Ebd.
  3. Ebd.; § 261 StPO.
  4. @ver_jorg: Beitrag vom 18.5.2022, 21:48 Uhr, auf: twitter.com.

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