OB-Wahl in Greifswald

Tolani greift an

Die beiden Kandidierenden für das OB-Amt stellten sich am Montagabend den Unternehmer:innen der Region. Schnell wurde klar: Die Unterschiede zwischen Stefan Fassbinder (Grüne) und Madeleine Tolani (CDU) sind groß.

Es hätte ein richtig langweiliger Abend werden können. Doch dann konterte Madeleine Tolani nach ein paar Minuten: „Ein Moorbeauftrager würde eventuell nur Däumchen drehen.“ Der derzeitige Oberbürgermeister Stefan Fassbinder hatte sich vorher darüber beschwert, dass die CDU in der Bürgerschaft verhindert habe, 30 neue Stellen zu schaffen, worauf Tolani entgegnete, dass diese mit „Augenmaß“ geschaffen werden müssten, und schloss mit dem oben zitierten Satz.Die Diskussion wurde von da an etwas emotionaler geführt, auch weil die Unterschiede bei vielen Themen groß sind. Tolani will „Autofahrer nicht diskriminieren“, sie möchte Parkplätze in der Innenstadt erhalten – Fassbinder dagegen will Radwege ausbauen, Innenstadtparkplätze verringern und stattdessen das Parkplatzangebot außerhalb der Stadt erweitern.Der Amtsinhaber positionierte sich dafür, mehr Kultur anzubieten, mehr Veranstaltungen nach Greifswald zu bringen. Die Stadt habe derzeit ein Problem, zu oft von der Lärmschutzverordnung ausgebremst zu werden. Tolani sah das einerseits ähnlich, betonte andererseits aber auch:„Der Bürger hat das Recht, die Polizei zu rufen, wenn die Nachtruhe nicht eingehalten wird. Es ist wichtig, dass junge Menschen das lernen.“Beide waren sich inhaltlich einig, sich an geltendes Recht zu halten, dennoch machte die Ausdrucksweise klar, wie unterschiedlich die Perspektiven sind.Zwischendurch wurde die Debatte hitzig. Der Grund: Axel Hochschild von der CDU. Er war der Einzige, der für seine Fragen, die dann zu Redebeiträgen wurden, aufstand und flammende Statements gegen den derzeitigen Oberbürgermeister hielt. Das machte er insgesamt dreimal.Im Publikum saßen 18 Männer und nur 5 Frauen. Veranstaltet wurde die Diskussion von Jan Bokelmann von der Firma Bodden Bau in der Alten Mensa.Eines der größten Probleme sehen die Greifswalder Unternehmer:innen darin, dass keine Fachkräfte in die Stadt kommen. Sie haben Probleme, ihre offenen Stellen zu besetzen.Warum ziehen Leute weg?Wir haben daraufhin bei Instagram gefragt, ob es Lesende gibt, die aus der Region weggezogen sind, und wenn ja, warum. Die Antworten sind teils überraschend. Am häufigsten wurden genannt:1. Weil die Löhne gering sind.2. Weil es keine Arbeitsplätze gibt.Das ist deshalb interessant, weil die Frage eher in die Richtung ging, wie die Politik die Stadt so attraktiv machen kann, dass mehr Menschen hier arbeiten wollen. In unserer Mini-Umfrage wurde dieses Argument hingegen nicht ein einziges Mal genannt. Stattdessen könnten die Greifswalder Unternehmer:innen bei sich selbst nach Lösungen suchen und die Gehälter erhöhen.Fassbinder beantwortete die Frage damit, dass Greifswald ein besseres Image brauche. Denn eigentlich habe die Stadt eine „hohe Lebensqualität“. Tolani verwies darauf, dass die „Rahmenbedingungen für Unternehmen“ verbessert werden müssten. Dazu gehöre auch, die Steuern nicht zu erhöhen. Fassbinder stimmte dem zu.Was schätzen die beiden eigentlich aneinander?Frau Tolani empfindet die Auseinandersetzung mit Herrn Fassbinder auf Nachfrage des Moderators als fair. „Er führt einen fairen Wahlkampf.“ Fassbinder lobte: „Tolani brennt für Greifswald.“Die Stichwahl findet am Sonntag, dem 26. Juni 2022 statt.

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