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Einblicke in das Stralsund der 2000er

Traumatisches Leben im geführten Niedergang

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Lesedauer: ca. 15 Minuten

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Stralsund, Stadtteil Knieper West, Anfang der 2000er-Jahre: rechtes Grundrauschen zwischen Plattenbauten, Arbeitslosigkeit, Komasaufen. Mittendrin wächst der junge Hendrik Bolz, Jahrgang ’88, nach dem Motto „der Stärkere gewinnt“ auf. Zwanzig Jahre später ist er „Testo“ und einer der erfolgreichsten Rapper aus MV. Mit seinem Bandkollegen Moritz Wilken alias Grim104 bildet Bolz das Rap-Duo Zugezogen Maskulin. Die Ereignisse seiner Jugend in den „Baseballschlägerjahren“ hat Hendrik Bolz – wie viele Ostdeutsche – lange Zeit vor Scham und Schuld unterdrückt. Jetzt schreibt er über den Abstieg von Generationen aus einer Region, die viele nur von Postkarten kennen. 

Die verdrängten Erlebnisse und Zustände zwischen Gewalt, Drogen und Perspektivlosigkeit in Mecklenburg-Vorpommern hat der 33-Jährige in seiner Autobiografie Nullerjahre. Jugend in blühenden Landschaften schonungslos und nicht weniger selbstkritisch aufgeschrieben. Davon, wie man sich selbst auf die Schliche kommt, was ihn bewegt und worüber endlich mal geredet werden muss, erzählt er im Gespräch mit KATAPULT MV.

KATAPULT MV: Moin Hendrik, wie kam dir die Idee zu deinem Buch Nullerjahre?
Hendrik Bolz: Die Idee hatte ich eigentlich schon länger. In meiner Musik ist es ja auch schon öfter aufgetaucht, zum Beispiel beim Song Plattenbau O.S.T., der vielen Elementen aus dem ersten Teil des Buches schon vorgegriffen hat. Da hab ich eigentlich schon bemerkt, dass sich diese Lebenswelt damals gar nicht in zwei Strophen und nem Refrain erzählen lässt – und ich dafür eigentlich mal so richtig ausholen wollen würde. Daher hatte ich eigentlich schon sehr lange die Idee, irgendwann das vielleicht mal als Buch zu schreiben. Erst mal noch augenzwinkernd, dann wurde es aber immer handfester.

Ist bei dir zuhause alles scheiße?
Jeden Tag bis in die Nacht Fußballplatz alleine
Mach dir nix draus, uns geht's hier allen gleich
Verschwende deine Zeit
Zugezogen Maskulin – Plattenbau O.S.T. (2015)

Inwiefern?
Da sind verschiedene Sachen zusammengekommen. Jetzt nur Musik zu machen, bis ich 70 bin, ist mir vielleicht auch zu langweilig. Ich hatte noch Lust, irgendwas anderes auszuprobieren. Und ich habe gemerkt: Hier ist auch noch Gesprächsbedarf darüber, was die sogenannten Nullerjahre im Osten angeht. Über die Neunziger gibt es ja jetzt zum Glück auch viel Diskurs, aber die Nullerjahre sind eigentlich noch eine gewaltige Leerstelle. Wie ist denn unsere Generation geprägt, wenn man in so eine Umbruchszeit hineingeboren wurde? 

Ich bin 2008 von Stralsund nach Berlin gezogen und merkte, als 2015 mit der sogenannten Flüchtlingskrise die Berichterstattung und Kommentarspalten explodierten: Das macht etwas mit mir, das erinnert mich an was. An eine Welt, von der ich dachte, die hätte ich zurückgelassen, die hätte nix mehr mit mir zu tun, und merkte aber: Moment mal, ich hab da auch was verdrängt. Ich hab das einfach so weggepackt nach meinem Wegzug.

Und im Buch hast du jetzt alles wieder hervorgeholt.
Genau, das war auch noch so ein Teil bei dem Buch: Ich hol das jetzt mal so richtig raus und schreib das jetzt mal für mich auf. Ich glaube, dass es wichtig und hilfreich ist, gerade im Hinblick auf aktuelle Probleme im Osten, dass man darüber mal ins Gespräch kommt. Wir müssen uns ehrlich austauschen über die Erfahrungen, die in den letzten Jahrzehnten gemacht wurden.

Hattest du Angst oder Hemmungen davor, wie die Leute reagieren, wenn du alles so aufschreibst, wie es wirklich war?
Ein bisschen. Ich habe schon immer mal wieder Bestrafungsängste – auch in der Musik. Sodass ich denke: Wenn das jetzt rauskommt … das ist zu frech. Oder: Das wird Ärger geben. 

Aber wenn man das Buch liest, checkt man auch ganz gut, woher diese Ängste kommen. Das ist auch keine exklusive Erfahrung von mir, das haben superviele Ostdeutsche. Man wurde so erzogen: sei nicht so laut, mach ein bisschen ruhiger, füg dich ein und mach keinen Ärger. Das hab ich mittlerweile gut im Griff, aber es ist trotzdem superwichtig, dass man solche Sachen thematisiert und dabei auch ehrlich ist. Es gibt ja verschiedene Richtungen, aus denen die Bestrafungsängste kommen können. Ich mache mich ja auch sehr nackt im Buch und ich zeichne nicht unbedingt eine Heldenfigur.

Sondern den Hendrik aus Stralsund vor mehr als 15 Jahren.
Ich finde Ehrlichkeit superwichtig, es geht ja auch gerade in der Welt, die ich im Buch beschreibe, oft darum, nicht man selbst zu sein, sondern irgendwie eine Rolle zu spielen oder ein knallharter Typ zu sein. Ohne ehrlichen Austausch kann man es auch gleich lassen. Hätte ich da jetzt eine Heldenfigur erschaffen, von wegen „ich war damals schon der Coole, der alles total durchschaut“ – da würd ich mich jetzt super für schämen. So kommt man auch nicht weiter.

Hendrik Bolz: „Nullerjahre. Jugend in blühenden Landschaften“ bei Kiepenheuer & Witsch, 336 S., 20€

Du hast das Buch im Vorfeld der Veröffentlichung schon an verschiedene Menschen geschickt, die teilweise damit zu tun hatten oder selbst darin vorkommen. Wie war das Feedback bis jetzt?
Ich dachte sehr lange, das ist so eine Privat- und/oder Einzelerfahrung von mir. Für mich war das hier so, und vielleicht noch für andere Leute aus Stralsund. In den letzten Jahren wuchs dann aber schon die Vermutung, dass in anderen Teilen Ostdeutschlands da ähnliche Erfahrungen gemacht wurden. Zum Beispiel beschreibe ich im Buch so eine Drogenwohnung und frage: Wie viele dieser Wohnungen gibt es wohl in Knieper West, in Stralsund, in MV, in Ostdeutschland? Und das Feedback sagt mir: sehr viele.

Es ging sicher nicht jedem ostdeutschen jungen Menschen in dieser Zeit so. Es tauchen im Buch ja auch noch andere Personen auf, die durch andere Zusammenhänge geprägt sind, auf die ich dann irritiert reagiere. Aber das, was ich erlebt habe, haben auch Menschen in Sachsen und Brandenburg erlebt.

Von alten Freunden war das Feedback durchweg gut. Da war ich auch superfroh, ehrlich gesagt. Es war mir im Buch superwichtig, niemanden vorzuführen oder blöd dastehen zu lassen, ich habe auch die Namen geändert. Ich bin schon froh, dass die Leute, die sich in den Geschichten wiederfinden, das Buch nicht hassen. (lacht)

Was willst du den Stralsunder Jugendlichen von heute mit deinem Buch sagen?

Ich finde, das ist erst mal eine superinteressante Frage, wie Jugendliche heute in Stralsund und vor allem in Knieper West leben. Wie viel von dem, was ich in dem Buch beschreibe, ist eigentlich immer noch ein bisschen Lebensrealität? Sicher sind die Zeiten andere, aber ich würde auch gerne mal einen Jugendlichen aus Stralsund darüber interviewen, wenn er das Buch gelesen hat, wie es heute ist. Ich hoffe, dass dieser gewaltvolle Umgang, den ich beschreibe, dieses eigentlich nicht richtig nett zueinander zu sein, obwohl man beste Freunde ist, sich heute schon verbessert hat. Ich weiß es aber leider nicht.

Ich hoffe, dass wenn ein Jugendlicher, der sich in ähnlichen Zusammenhängen bewegt wie ich damals, das liest, dass er vielleicht schon checkt, bevor ich es damals gecheckt hab, dass dieser Weg irgendwann in eine Sackgasse führt. Dass die Punkte, an denen man nach Langeweile, Drogen und Gewalt ankommt, vielleicht nicht so geil sind.

Wann bist du dir selbst auf die Schliche gekommen und hast angefangen, infrage zu stellen, was in Stralsund passiert ist?
Im Nachhinein war das für mich selbst erstaunlich, wie lange das eigentlich gebraucht hat. Also erst mal war ich als Hendrik in Stralsund, war ja damals superdoof eigentlich. 

Ich hab mich für nix interessiert, außer fürs Coolsein. Ich hab ja überhaupt nicht begriffen, was links und rechts um mich herum passiert und dass es hier vorher noch einen anderen Staat gab. Dass das Thema Arbeitslosigkeit doch nicht schon immer so war und immer so sein wird, sondern ein wendespezifisches Phänomen war.

Nach meinem Wegzug hab ich in Berlin nicht direkt eine Peergroup gefunden, die so drauf war wie ich damals. Ich fand mich erst mal in studentischen Zusammenhängen wieder. Da gab es auch schon erste Irritationen, als ich gemerkt hab, die sind irgendwie anders drauf. Die freuen sich, wenn sie jetzt hier sitzen und zusammen einen Joint rauchen können. Und wenn ich sag, nee, die Scheiße hab ich hinter mir, da hab ich keinen Bock mehr drauf, dann reagieren sie ganz komisch und glauben mir das gar nicht. Da hab ich schon gemerkt, okay, es gibt noch eine andere Realität als meine. Und dann hab ich das viele Jahre immer noch nicht realisiert. In der Uni gab es dann eine Diskussion über die Frauenquote in Unternehmen. Da habe ich gemerkt, ich argumentiere aus der Position: Das ist normal für mich, dass Frauen arbeiten. Standard. Da hatte ich dann ganz viele Kommilitonen, bei denen die Mutter Hausfrau war und die das normal und gut fanden.

Da habe ich immer mehr gemerkt, dass es Unterschiede gibt, wie man in Deutschland aufwächst – und es gibt auch Unterschiede, wie man in Stralsund aufwächst. Das hab ich jetzt erst beim Buchschreiben begriffen. Ich dachte immer, so wie ich das wahrgenommen hab, haben das alle wahrgenommen. Dass es Leute gibt, die zum Beispiel in Altstadtnähe aufgewachsen sind und dort eine ganz andere Realität hatten, das hab ich erst vor Kurzem gecheckt und das hat alles ewig lange gedauert. Auch das Thema Wende habe ich erst vor wenigen Jahren begriffen.

Hast du für das Buch dann viel mit ehemaligen Mitschülern und alten Freunden gesprochen?
Ich hab während des Schreibens öfter als vorher mit alten Freunden gesprochen und mich ausgetauscht. Aber nur, wenn ich eine Sache schon geschrieben hatte. Ich konnte mich eigentlich so gut erinnern – oft war ich selbst erschrocken darüber –, an was ich mich so erinnert habe.

Wenn ich jetzt einen Roman geschrieben hätte und nicht die Sachen so, wie sie passiert sind – es ist ja nicht fiktiv –, wäre das wahrscheinlich milder geworden. Ich hab immer gedacht, das glaubt mir vielleicht keiner. Ich hab das dann so aufgeschrieben und gemerkt, das ist doch crazy, was damals normal war! Ich hab dann meine Leute gefragt, könnt ihr euch da auch noch dran erinnern, oder spinne ich komplett? Und alle meinten, nee, das stimmt, das war wirklich so.

Das ist ganz weird, als Kind denkt man ja, das ist alles normal. Es ist normal, dass wir in solchen Häusern wohnen. Es ist normal, dass auf den Spielplätzen Typen mit Bomberjacke und Springerstiefeln rumhängen. Es ist normal, dass manche Leute Trabi fahren und alle um einen herum arbeitslos sind und irgendwie alle Kindergärten dichtgemacht werden. Es war irgendwie auch normal, dass man gemein zueinander ist. Das ist etwas, was sich heute für mich auf so eine komische Art und Weise normal anfühlt, wenn ich mich zurückerinnere, und gleichzeitig bin ich auch irritiert davon.

Tasche, Bomberjacke und Picaldi-Pullover
Testo war gekleidet wie ein S-Bahn-Kontrolleur
Zwölf Jahre ist es her, ich stieg aus am Zoo am Bahnhof
Geblendet von den Lichtern, fühlte mich wie Ivan Drago
Zugezogen Maskulin – Zehn Jahre Abfuck (2020)

War das Buch für dich auch ein persönlicher Prozess, das Verdrängte aufzuarbeiten und zu hinterfragen?
Total. Man kann mir als Leser über die Schulter schauen, wie verdrängte Geschichten aus mir rausblubbern. Aber auch wie ich die nachträgliche Einordnung vornehme. Ich wusste damals nichts von Wahlergebnissen, konnte die Parteien nicht auseinanderhalten, und das hat mich auch alles nicht gejuckt. Im Buch gibt es jetzt diese Ebene, die ich damals nicht hatte. Was ist alles rundherum passiert? Das habe ich alles für das Buch geschichtlich eingeordnet. Ich war selbst erschrocken über die damaligen Arbeitslosenzahlen und die damaligen Diskurse zum Beispiel über Wahlergebnisse, dass die NPD 2006 in den Landtag eingezogen ist und bei den jungen Männern meiner Alterskohorte stärkste Kraft neben der SPD wurde.

Solche Sachen hatte ich damals nicht auf dem Schirm. Bei der Arbeit am Buch bin ich dann selbst erstaunt gewesen, weil ich immer dachte, Neonazis sind so ein Neunzigerjahrethema gewesen und dann war es 2015, als das alles wieder auftauchte. Die Debatten und die Sprache waren wieder da. Beim Schreiben hab ich dann gemerkt: Nee, das war die ganze Zeit immer irgendwie da. Das rechte Grundrauschen war die ganze Zeit da. Nur haben wir einfach nicht mehr richtig darüber geredet. Wir hingen alle zusammen in den Blöcken, der Großteil meiner Kumpels war arbeitslos, wir kifften uns die Birne zu, hörten Rap und für uns zählte nur noch, ein „cooler Typ“ zu sein.

Das mit dem Rappen kam ja auch lange, bevor du nach Berlin gezogen bist.
Ja genau. Superlange. Wir hatten dann irgendwann beim Kiffen angefangen, ich und mein damaliger Kumpel, mit Magix Music Maker die ersten Beats zu bauen. Dann später in der Abizeit sind wir im Speicher am Katharinenberg gelandet und haben da auch ein richtiges Album gemacht. Das war supercool, dass es den Speicher gab, aber irgendwie war es für mich vorher nicht sicht- oder greifbar. Manchmal erstaunt es mich, denn es gab ja eigentlich Angebote und immer Menschen, die cool und zugewandt waren. Irgendwie bin ich damals gar nicht auf den Gedanken gekommen, ja, lass mal dort hingehen.

Vorher hatte ich noch ne Band, da hieß es: Geht mal in den Jugendclub am anderen Ende der Stadt, die haben einen Proberaum, da könnt ihr dann spielen. Da waren so Typen mit sehr kurzen Haaren, die hatten da gar keinen Bock drauf, dass wir jetzt dort rumhängen, und haben uns angeschrien, dass wir uns verpissen sollen. Wegen solcher Erfahrungen sind wir vielleicht auch erst so spät im Speicher am Katharinenberg gelandet.

Diese ganze Dimension mit dem Rap hab ich eigentlich auch im Buch noch mehr beschreiben wollen. Ich hatte schon ein paar Seiten geschrieben, aber dann gemerkt: Das wird zu viel, das passt nicht mehr rein. Vielleicht wird es dazu noch mal ein Buch geben. 

Wichtiger waren mir für das Buch die Themen, von denen ich dachte, die sind superwichtig, mal zu bearbeiten. Da hat schon damals keiner hinschauen wollen, da würde man auch jetzt wieder wegschauen. Umso wichtiger, mal drüber zu sprechen: über Themen wie Gewalt, Gewalt untereinander, Drogen, Frust, Perspektivlosigkeit und Politikverdrossenheit. Ich denke, wenn man das nicht anschaut und mal bespricht, um zu überlegen: Was kann man da denn jetzt irgendwie tun? Was wäre jetzt hilfreich? Dann verpflanzt sich das immer weiter so.

Was denkst du, was man da tun könnte in Stralsund?
Gute Frage. Ich muss sagen, das ist eine Frage, die selbst ich für mich noch nicht beantwortet habe. Ich habe jetzt dieses Buch geschrieben, das ist jetzt so aus mir rausgekommen, aber was ich jetzt damit mache und wie ich es für mich reflektiere, da bin ich eigentlich noch dabei.

Wenn ich denke, was hätte mir geholfen? Ich glaube, ich war schon so drauf, ich hätte sämtliche helfenden Hände auch irgendwie weggeschlagen. Und hätte reagiert mit: „Hä, was soll das jetzt? Ich will jetzt hier rumhängen und kiffen und hab gar keinen Bock, dass mich einer zulabert.“ Aber wahrscheinlich hätte ein gut ausgebildeter Streetworker, der die Situation kennt und weiß, dass es solche Reaktionen gibt, und gelernt hat, damit umzugehen, vielleicht ne Chance gehabt.

Ich glaube, was aktuell für Stralsund und Knieper West gut wäre, müssen auch Leute bewerten, die da noch wohnen. Ich bin ja nun vor 15 Jahren weggezogen. Das kommt jetzt ein bisschen wie „Opa erzählt vom Krieg“. (lacht)

Und was wünschst du dir generell?
Losgelöst von Stralsund wünsche ich mir im Nachhinein, dass die Republik mal hinschaut. Ey, ich beschreib hier was und teilweise reagieren die Leute mit, „Oh, krass, was ging denn da ab?“ Und ja, das war einfach möglich in Deutschland. Noch vor Kurzem. Das ist ja nicht Stralsund-spezifisch. Ich habe so viel Feedback von Leuten, die in anderen Teilen Deutschlands aufgewachsen sind und meinen: „Ey, krass, ich les das, und ich hab unsere Plätze vor Augen und unsere Wohnungen.“ Das war einfach bei uns so superähnlich.

Man hat die Wende für den Osten immer so verkauft, als ob es der schönste Tag in unserem Leben war und wir endlich dazugehören konnten. Aber was da in Wahrheit abging, wie traumatisch das eigentlich für viele Leute war, wie schmerzhaft, sein Leben diese Jahre und Jahrzehnte im gefühlten Niedergang zu führen – das hat keiner richtig mitbekommen. 

Aber ich finde das schrecklich, dass die Leute darüber nun so erstaunt sind. Damals wurde einfach weggeschaut, und wenn hingeschaut wurde, wurde sich noch drüber lustig gemacht. 

Das muss einfach aufhören, aber da sind wir heute auch auf einem guten Weg, gesamtgesellschaftlich zu checken, nee, das ist keine coole Art, so kommen wir nicht weiter, wenn man sich nur für die eigene Realität interessiert und sich über alles, was anders ist, lustig macht. Wir müssen einfach mehr ins Gespräch kommen.

Dieses Interview erschien in Ausgabe 5 und wurde für die Onlineversion aktualisiert.

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Autor:innen

Redakteurin bei KATAPULT MV.

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