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Ultimate Frisbee-EM und -WM in Polen

Achtungserfolge für U17-Teams

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Im direkten Nachbarschaftsduell mit der Schweiz ist es für Johann van der Linden und seine Teamkollegen der U17 Platz 4 geworden. Eine Woche Ultimate Frisbee. Eine Woche Leidenschaft. Eine Woche hohe Intensität. „Wir haben gemerkt, dass wir mithalten können“, sagt Lukas Maczewsky. Der 30-jährige Mathematik- und Physiklehrer aus Rostock ist gemeinsam mit Jakob Willich ehrenamtlicher Nationaltrainer der U17-Jungenmannschaft. 

Das Turnier sei eine tolle Erfahrung gewesen, berichtet er. Sowohl Trainer als auch Spieler hätten viel gelernt. Es ist der Abschluss einer Saison, die bereits im März mit den ersten Auswahlrunden begann und nun mit einem internationalen Turnier endete. Die Atmosphäre, das Miteinander seien etwas Besonderes gewesen. Nach den Corona-Einschränkungen der letzten Jahre war es für alle Beteiligten das erste große Turnier.

„Wir konnten die gegnerischen Mannschaften überhaupt nicht einschätzen. Wir hätten erster oder letzter werden können“, erzählt Maczewsky. Doch während des Turniers mit zehn Spielfeldern nebeneinander, sei die Gegneranalyse vor Ort recht einfach gewesen Denn zu den Nachbarplätzen waren es nur ein paar Schritte. Auf den Sportplätzen neben dem Breslauer Olympiastadion, in dem bisher nie Olympische Spiele stattfanden, flogen die Scheiben von morgens bis nachmittags über den Rasen.

Ultimate Frisbee Layout auf dem Rasen
Ultimate Frisbee ist ein athletisches Spiel. Layouts wie dieser gehören zum Geschehen auf dem Rasen.

Der kurze Weg ins Nationaltrikot

Ultimate Frisbee gehört zum Breitensport. Der deutsche Frisbeesport-Verband schätzt, dass etwa 15.000 aktive Frisbeesportler:innen in rund 170 Vereinen engagiert sind. Dazu gehören neben Ultimate Frisbee als populärste Scheibensportart auch Diskgolf, Goaltimate oder Discathon.

Beim Ultimate stehen sich zwei Mannschaften mit je sieben Spieler:innen gegenüber und besonders in der U17 sind die pädagogischen Fähigkeiten der Trainer gefragt. „Wir spielen hier auf dem großen Feld mit einer Länge von 100 Metern“, erklärt Maczewsky. „Für viele 13-Jährige, die bereits bei der U17 mitspielen, ist das ein großer Schritt. Mit den älteren Jahrgängen körperlich mitzuhalten, ist nicht so leicht.“ Erst recht nicht, wenn ein Spiel 80 Minuten dauert und täglich zwei Spiele angesetzt sind. Vorher, so betont Maczewsky, habe keiner seiner Spieler ein Turnier mit mehr als drei Tagen mitgemacht. 

Die Trainer:innenn der Jugendmannschaften sehen ihre Aufgabe deshalb vor allem in der Entwicklungsarbeit. „Wir wollen die Spieler breit fördern und noch nicht so sehr auf Positionen festlegen“, sagt Maczewsky. Fördern wollen sie auch Ultimate Frisbee, das bisher noch ein unbekannterer Sport ist. Der Weg ins Nationaltrikot kann hier vergleichsweise kurz sein und dennoch sind athletische Fähigkeiten gefragt. Wer in die Auswahlmannschaft möchte, muss überdurchschnittlich gut werfen können, laufstark sein, ein taktisches Verständnis für den Sport mitbringen, aber auch die mentale Reife aufweisen. „Die Jungs vertreten den Sport aus Deutschland. Da tragen sie auch eine Verantwortung“, so Maczewsky.

Einige Spiele der deutschen Juniorenmannschaft waren im Ergebnis knapp. Vor allem die Gruppenspiele gegen Italien und die Schweiz. „Da haben wir gesehen, dass wir mit starken Teams mithalten können“, lobt Maczewsky. Lediglich gegen die U17 Frankreichs gab es eine deutliche Niederlage. Doch Maczewsky betont, dass Frankreich das europäische Land mit der besten Jugendförderung des Sports sei. Ultimate Frisbee ist dort im Lehrplan verankert und bereits seit Jahren Teil des Schulsports.

Ultimate Frisbee high catch
In der Gruppenphase waren viele Spiele der U17 eng, so wie hier gegen Italien.

Mannschaft und Trainer faszinieren

In Deutschland sei für Maczewsky dagegen eine größere Förderung der Jugendmannschaften notwendig. Trainer arbeiten ehrenamtlich, Spieler zahlen 1.500 bis 2.000 Euro für eine Saison mit Trainingslagern, Turnieren, Fahrtkosten und Ausstattung. Umso mehr freut sich der Trainer darüber, nah an der europäischen Spitzengruppe zu sein. „Wir sind hinter den drei Nationen mit der besten Jugendförderung auf Platz vier gelandet. Das ist ein großer Erfolg.“ Gerade das Gruppenspiel gegen Großbritannien habe ihm aus Trainersicht viel Freude bereitet. „Die Jungs sind gut reingekommen und dominant aufgetreten.“ Mit 13:8 siegte die deutsche U17.

Überhaupt sei das Auftreten der Mannschaft eine Freude gewesen, stellt Maczewsky heraus. Die eigene Spielidee wurde umgesetzt und auch neben dem Platz nahm der Trainer einen reflektierten Eindruck seiner Schützlinge wahr. Das habe ihn fasziniert, sagt er.

Und aus der Mannschaft kommt das Lob zurück: „Ich bin stolz auf das Team, aber vor allem auch auf unsere Trainer“, sagt Johann van der Linden. Der Spirit Captain der U17 spielt im Greifswalder Ultimate Frisbee-Verein Griffins Lehre und zeigt sich mit den Auswahltrainern sehr zufrieden. „Sie waren streng, wenn es notwendig war, aber immer auch cool. Als Mannschaft haben wir sie ins Herz geschlossen.“

Ultimate Frisbee
Es ist viel Bewegung im Spiel.

Und dann kam die Schweiz

Das Turnier war ein großer Spaß. Spannende Spiele, schnelle Scheiben. „Nach der Turnierwoche bin ich aber auch ziemlich platt“, sagt van der Linden. Der Abschluss war intensiv. Nach der Gruppenphase folgten die Platzierungsspiele. Im Spiel um Platz drei traf die deutsche U17 erneut auf die Nachwuchsmannschaft aus der Schweiz. Zuvor endete das Gruppenspiel mit einem knappen Sieg der Eidgenossenund dennoch fühlten sich Maczewsky, van der Linden und die anderen gut vorbereitet auf das letzte Spiel.

„Das war eine ganz schöne Nuss, die wir knacken mussten“, blickt Maczwesky zurück. Die Schweizer Spieler seien athletischer und mental stärker gewesen. „Wir haben unnötige Fehler gemacht und hatten ein paar Missverständnisse“, räumt van der Linden ein. „Gefühlt waren die Schweizer alle einen Kopf größer als wir. Die haben uns einfach überspielt.“

Das Spiel um Platz drei ging unerwartet deutlich mit 15:4 verloren. Die Chance auf eine Medaille sei zum Greifen nah und die Enttäuschung nach dem Spiel dementsprechend riesig gewesen. „Ich dachte nur: Wir haben es verkackt“, erinnert sich van der Linden. Doch schon ein paar Stunden nach dem Spiel sei die Stimmung im Team wieder besser gewesen. „Wir waren im Spiel nah dran, auch wenn das Ergebnis deutlich war“, erklärt Maczewsky. Seine Mannschaft sei bereits im Spiel hervorragend mit der drohenden Niederlage umgegangen. „Das Turnier war ein einmaliges Erlebnis. Die Jungs wollten die letzten Punkte einfach genießen.“ Dass die U17-Mannschaft die Europameisterschaft auf Platz vier abschließen konnte, sei letztlich ein großer Erfolg.

Was den U17-Männer verwehrt blieb, gelang übrigens den U17-Frauen. Sie konnten sich im Spiel um Platz drei gegen Großbritannien 12:8 durchsetzen. Die deutschen U20-Teams beendeten die gleichzeitig stattfindende WM auf den soliden Plätzen 7 (Männer) und 8 (Frauen).

Sowohl Europa- als auch Weltmeisterschaft endete mit einer Tradenight, in der Trikots getauscht und gesammelt wurden. Es gehört zum „Spirit of the Game“, dem Charakter von Ultimate Frisbee, das Spieler:innen gemeinsam und im freundlichen Umgang miteinander zusammenkommen. Van der Linden hat nun zwei Sporthosen aus Israel und der Schweiz, ein Trikot aus Großbritannien und sogar das Trikot eines Neuseeländers, der mit der U20 an der gleichzeitig stattfindenden Weltmeisterschaft teilnahm. „Wir haben die gleiche Trikotnummer und haben deshalb getauscht“, lächelt van der Linden. So ist Ultimate Frisbee. Ein ständiges Miteinander.

Weitere Turniere bereits geplant

Im kommenden Herbst startet die nächste Vorbereitung für die U17-Auswahlmannschaften. Der 2006er Jahrgang wird dann nicht mehr dabei sein und zur U20 hochgestuft. Johann van der Linden hat noch ein weiteres Jahr U17 vor sich. Weil die nächste Europameisterschaft jedoch erst 2024 startet, soll ein „Alpenturnier“ gespielt werden. „Wir planen ein Turnier mit vier Nationen“, erklärt Maczewsky. Frankreich, Italien – als amtierender U17-Europameister –, die Schweiz und Deutschland wollen sich miteinander messen. Auch die deutschen Juniorenmeisterschaften im Ultimate Frisbee stehen Mitte September in Berlin an. 

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Autor:innen

ist KATAPULT MVs Inselprofi und nicht nur deshalb gern am Wasser. Nutzt in seinen Texten generisches Femininum.

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