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Russland-Krise

„Von allen Bundesländern hat MV die stärksten Beziehungen zu Russland“

Russlands Präsident hat die Entsendung von Truppen in zwei selbsternannte Volksrepubliken in der Ostukraine angeordnet. Diese Geschehnisse haben auch Auswirkungen auf Mecklenburg-Vorpommern. Welche das sind und wie sehr unser Bundesland von Russland abhängig ist, darüber hat KATAPULT MV mit Henning Vöpel, Direktor des Centrums für Europäische Politik, gesprochen.

Henning Vöpel ist seit Oktober 2021 Direktor des Centrums für Europäische Politik und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Business and Law School (Berlin). Im Frühjahr 2021 übergab er als Co-Vorsitzender des von der Landesregierung einberufenen Zukunftsrates dessen Empfehlungen an Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. KATAPULT MV hat ihn zu den aktuellen Geschehnissen in der Ukraine um eine Einschätzung gebeten.

Sanktionen gegen Russland würden MV somit relativ mit am stärksten treffen. Einige Bereiche wie etwa die Werften hängen zudem politisch an Russland.

Henning Vöpel, Direktor des Centrums für Europäische Politik und Professor für Volkswirtschaftslehre

KATAPULT MV: Wie stark ist die hiesige Wirtschaft von den Beziehungen zu Russland abhängig?Henning Vöpel: Die absolute Abhängigkeit von Russland ist gar nicht so hoch. Russland gehört nicht zu den wichtigsten Exportländern von MV. Anders sieht es bei den Importen aus, natürlich vor allem bedingt durch die Energieimporte. Von allen Bundesländern hat MV allerdings schon die stärksten Beziehungen zu Russland. Sanktionen gegen Russland würden MV somit relativ mit am stärksten treffen. Einige Bereiche wie etwa die Werften hängen zudem politisch an Russland.

Welche Rolle spielt für MV der Betrieb von Nord Stream 2?Politisch eine große, wirtschaftlich meines Erachtens keine so bedeutende.

Wie können wir die Energieproduktion möglichst rasch unabhängig und nachhaltig gewährleisten?Kurzfristig müssen wir unsere Abhängigkeit von einzelnen Energielieferanten verringern, mittelfristig die Kapazitäten an erneuerbaren Energien massiv erhöhen. Das geht aber nur über verkürzte Genehmigungsverfahren und den Aufbau entsprechender Infrastruktur, zum Beispiel Ladestationen.

Auch die Krise um die MV-Werften erhöht den Bedarf an „nachhaltig-umweltfreundlicher Industrieproduktion“, denn wir wollen Beschäftigung und den Verbleib von Know-how in MV sichern. Wie schaffen wir das? Wie kann die wirtschaftliche Transformation, die der Zukunftsrat dringend empfohlen hat, beschleunigt werden? Was erwarten Sie dazu von der Politik, aber auch von der Wirtschaft?Ja, es zeigt sich immer stärker, dass die alte Industrie systematisch in die Krise gerät. Um dem entgegenzuwirken, helfen keine Subventionen und Hilfsgelder mehr, sondern nur der Aufbau einer neuen, nachhaltigen Industrie. Die Bereitstellung klimaneutraler Energie ist dabei der wichtigste Schlüssel. Die Politik muss zweierlei tun: Zum einen muss sie regulatorisch für die Unternehmen planungssicher umsteuern, zum anderen muss sie Übergänge schaffen, denn die Energiewende benötigt aufgrund der Versäumnisse der vergangenen Jahre bestimmt noch zehn Jahre. Die Wirtschaft muss ab sofort ihre Investitionen umlenken. Sonst verpasst sie den nächsten Innovationszyklus.

Die Krise sollte auf jeden Fall ein Anlass sein, eine Außenwirtschaftsstrategie für MV zu entwickeln, denn die Welt wird geopolitisch auf absehbare Zeit sehr unsicher werden.

Henning Vöpel, Direktor des Centrums für Europäische Politik und Professor für Volkswirtschaftslehre

Wenn es zu einem massiven Einbruch der Wirtschaftsbeziehungen MVs zu Russland kommt, wie könnte das Geschäft kompensiert werden?Das Problem hätte die deutsche Wirtschaft insgesamt. Sanktionen und ein möglicher Krieg würden sie hart treffen, insbesondere über die Energiepreise. Kurzfristig ließe sich das nicht kompensieren. Für MV wäre es wichtig, dass sich die Krise nicht auf Polen und den Ostseeraum ausweitet. Denn dorthin hat MV sehr intensive Außenhandelsbeziehungen. Die Krise sollte auf jeden Fall ein Anlass sein, eine Außenwirtschaftsstrategie für MV zu entwickeln, denn die Welt wird geopolitisch auf absehbare Zeit sehr unsicher werden.

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