„Nordkreuz“
Waffenhändler und Landkreismitarbeiter müssen sich vor Gericht verantworten
Von Martin Schöler
Lesedauer: ca. 3 Minuten
Artikel teilen
Im Rahmen der juristischen Aufarbeitung der Gruppe „Nordkreuz“ müssen sich erneut Personen vor Gericht verantworten. So erhob die Staatsanwaltschaft Schwerin im März Anklage gegen Frank T., einen Waffenhändler aus Güstrow, und Matthias H., einen Mitarbeiter der Waffenbehörde des Landkreises Ludwigslust-Parchim.
Weitergabe von Kriegsmunition an Nordkreuz-Mitglied
Die Staatsanwaltschaft wirft Matthias H. versuchte Strafvereitelung vor. Nach der ersten Razzia bei Nordkreuz-Initiator Marko G. im August 2017, bei der H. als Zeuge vor Ort gewesen und die aufgefundenen Waffen und Munition zur Begutachtung sichergestellt haben soll, habe er Kriegswaffenmunition weitergegeben. Laut Anklageschrift handelte es sich unter anderem um zehn Patronen. Diese habe H. an Frank T. übergeben, der der Gruppe Nordkreuz angehörte. Dies soll auf Geheiß von Nordkreuz-Chef Marko G. geschehen sein. Frank T. besaß jedoch nicht die notwendige Erlaubnis zum Besitz solcher Munition.
Beweismittel nicht mehr zugänglich
Mit Blick auf die Ermittlungsergebnisse geht die Staatsanwaltschaft „davon aus, dass den Angeschuldigten (...) bewusst war, dass es sich bei den Patronen um Beweismittel in dem seinerzeit gegen Marko G. geführten Ermittlungsverfahren“ handelte. Mit der Herausgabe durch H. standen den Strafverfolgungsbehörden diese Beweismittel nicht mehr zur Verfügung, teilte Oberstaatsanwältin Claudia Lange mit. Im Prozess gegen Marko G. im November 2019 erklärte Matthias H., er habe Frank T. einige der sichergestellten Waffen zur fachgerechten Lagerung anvertraut.
Schießtraining mit gestohlener Munition bezahlt
Frank T. muss sich des Weiteren wegen Anstiftung zum Diebstahl und Hehlerei verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, im Herbst 2018 als Gegenleistung für eine private Schießfortbildung die Bezahlung mit dienstlicher Munition vorgeschlagen zu haben. Der betroffene Polizist soll daraufhin aus der Waffenkammer seiner Behörde Munition im Wert von mindestens 3.680 Euro entwendet haben.
Zudem soll T. die Munition nicht nur entgegengenommen, sondern auch die Absicht gehabt haben, sie anschließend gewinnbringend zu verkaufen oder für sich zu verwenden. Das würde den Tatbestand der Hehlerei erfüllen und wäre somit ebenfalls strafbar. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat in diesem Zusammenhang auch drei sächsische Polizisten angeklagt. Wann der Prozess gegen Frank T. und Matthias H. vor dem Schweriner Landgericht beginnen wird, steht noch nicht fest.
Verwaltungsgerichte entscheiden in Nordkreuz-Verfahren
Mitte Januar entschied das Verwaltungsgericht Schwerin bereits über den Eilantrag eines mutmaßlichen Nordkreuz-Mitglieds aus Güstrow. Der Sportschütze hatte gegen den Entzug waffenrechtlicher Genehmigungen geklagt. Die Waffenbehörde des Landkreises Rostock hatte aufgrund rechtsextremistischer Chatinhalte aus den Jahren 2014 bis 2017 im Juni 2021 sämtliche Erlaubnisse zum Waffenbesitz widerrufen.
Das Schweriner Gericht lehnte den Eilantrag ab. Bis auf Weiteres darf der Mann somit keine Waffen mehr besitzen. Über die Klage selbst wird das Gericht zu einem späteren Zeitpunkt verhandeln. Der Eilantrag einer weiteren mutmaßlichen Rechtsextremistin aus Goldberg-Mildenitz gegen den Widerruf einer Waffenbesitzkarte wurde am 30. Januar ebenfalls abgewiesen.
Zudem bestätigte das Verwaltungsgericht Greifswald am 28. Januar die Zurückstufung eines Polizeihauptkommissars. Der Beamte hatte zwischen Dezember 2012 und Januar 2017 neun rassistische Chatnachrichten an Marko G. versandt. Damit habe er seine Pflicht zur Verfassungstreue verletzt. Im Disziplinarverfahren konnte ihm aber ein gänzliches Fehlen der Verfassungstreue nicht nachgewiesen werden. So wird er als Polizeioberkommissar zukünftig monatlich bis zu 440 Euro weniger verdienen als in seiner bisherigen Gehaltsstufe. Ein Beamter des Spezialeinsatzkommandos muss ebenfalls aufgrund rassistischer Chatnachrichten eine Kürzung seiner Dienstbezüge hinnehmen. Das entschieden die Greifswalder Richter:innen am selben Tag. Der Polizeihauptmeister soll ein Jahr lang auf fünf Prozent seiner Einkünfte verzichten. Das Land hatte ursprünglich seine Zurückstufung verfügt.