Die Ostsee ist ein Sehnsuchts- und Urlaubsort, den viele mit FKK-Baden, Fischbrötchen und Strandkörben mit blau-weißen Bezügen verbinden. In krassem Gegensatz dazu steht, was aktuell auf der Ostsee passiert. Einerseits schippern dort Touristenboote vor der Küste, andererseits sind seit dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine auch immer mehr Militärschiffe unterwegs.
Sowohl die Nato als auch Russland steigern ihre militärische Präsenz im Ostseeraum. Die Nato-Mitglieder Deutschland, Dänemark, Polen und die baltischen Staaten wollen durch die Aufrüstung auf der Ostsee ihre Seewege sichern und Stärke gegenüber Russland demonstrieren. Sie werden dabei von Kriegsschiffen des Vereinigten Königreichs, der USA und Kanadas unterstützt.
Schweden und Finnland haben sich im Spannungsfeld zwischen Nato und Russland lange eine neutrale Haltung bewahrt. Beide rüsten jedoch seit einigen Jahren militärisch auf, weil sie sich von Russland bedroht fühlen. Nun werden die beiden skandinavischen Länder der Nato beitreten und damit auch die Machtverhältnisse auf der Ostsee verändern. Bis auf Russland sind dann alle Länder, die an die Ostsee grenzen, Nato-Mitglieder.
Welche Gesetze gelten auf dem Meer?
Die Nato bekommt dadurch mehr Einfluss in dem Gebiet. Die Alleinherrschaft hat sie dennoch nicht, denn auf der Ostsee gilt grundsätzlich, wie auf allen Meeren, die Freiheit der Hohen See. Das heißt, kein Staat darf Anspruch auf Gebiete erheben und alle Schiffe dürfen überall auf dem offenen Meer fahren. Trotz der Freiheit der Hohen See gelten auf dem Meer Gesetze, nämlich das internationale Seerecht. Es regelt zum Beispiel, wo gefischt werden darf, wie Schiffe sich gegen Piraterie verteidigen dürfen oder wer im Schiffsverkehr Vorfahrt hat. Eine Ausnahmeregelung von der Freiheit der Hohen See besteht in Küstenregionen. Das sind die Gebiete bis zwölf Seemeilen (rund 22 Kilometer) vor der Küste eines Landes. Hier gelten nationale Gesetze, zum Beispiel Umweltrecht und Strafverfolgungsregeln. Jedoch haben Schiffe anderer Staaten in Küstengewässern das Recht zur friedlichen Durchfahrt. Das gilt auch für Kriegsschiffe.
Ein Recht auf friedliche Durchfahrt für Kriegsschiffe – klingt skurril, wird aber regelmäßig angewandt. Wenn russische Kriegsschiffe die Ostsee verlassen wollen, müssen sie deutsche, schwedische oder dänische Gewässer durchfahren. Russland meldet dann beim betreffenden Staat die Durchfahrt seiner Schiffe an und sie dürfen passieren. Innerhalb des Küstengebiets eines anderen Staates dürfen Kriegsschiffe ihre Waffensysteme nicht bewegen und das Radarsystem muss abgeschaltet werden.
Bisher halten sich alle Staaten größtenteils an diese Regelungen und es ist friedlich auf der Ostsee. Trotzdem nimmt die Zahl der Kriegsschiffe zu, auf beiden Seiten. Wie viele es genau sind, ist kaum zu bestimmen. Aus strategischen Gründen verrät das Militär die Position seiner Schiffe nicht.
Marinehauptstadt Rostock
Mittendrin im Aufrüsten an der Ostsee ist Mecklenburg-Vorpommern, genauer Rostock. Hier hat das Marinekommando der Bundeswehr seinen Sitz. Die Deutsche Marine will künftig mehr Verantwortung für die Verteidigung des Nato-Gebietes im Ostseeraum übernehmen. Schon jetzt hat die Bundeswehr deshalb fünf zusätzliche Kriegsschiffe für den Marinestützpunkt in Rostock bestellt.
Spätestens 2025 soll das neue Nato-Hauptquartier, das dann alle Schiffe des Bündnisses in der Region koordiniert, fertig sein.
Quellen
- Salecker, Nils: So rüstet die Nato auf, auf: zdf.de (12.3.2022).↩
- Meyer, Andreas: Rostocker Marine: Warum sich russische Schiffe auf der Ostsee frei bewegen können, auf: ostsee-zeitung.de (5.7.2022).↩
- Bundeswehr (Hg.): Baltic Operations, auf: bundeswehr.de.↩
- Wolf, Christian: Kräftemessen auf der Ostsee, auf: ndr.de (5.7.2022).↩
- Meyer, Andreas: Nato schickt Schiffe in die Ostsee: Wie groß ist die Bedrohung auf dem Meer?, auf: ostsee-zeitung.de (5.7.2022).↩
- Hoyer, Lukas von: Kurz vor Nato-Eintritt: Welche Armeestärke und wie viele Soldaten hat Finnland?, auf: augsburger-allgemeine.de (13.5.2022) / Deutsche Welle (Hg.): Schweden: Aufrüsten für den Verteidigungsfall, auf: dw.com (3.3.2022).↩
- Deutschlandfunk Nova (Hg.): Internationales Seerecht: Was auf hoher See gilt und was nicht, auf: deutschlandfunknova.de (11.9.2019).↩
- Europäische Union (Hg.): Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, auf: eur-lex.europa.de.↩
- Tagesschau (Hg.): Bereit für Führungsrolle in der Ostsee, auf: tagesschau.de (28.6.2022).↩