Infrastruktur

Zubringer vom Industriepark Schwerin zur A 14 geplant

Die Stadt Schwerin möchte eine Straße bauen, die den Industriepark im Süden der Landeshauptstadt mit der Autobahn 14 verbindet. Die Planung übernimmt das Land. Am 1. April unterzeichneten Oberbürgermeister Rico Badenschier und Wirtschaftsminister Reinhard Meyer dazu eine entsprechende Vereinbarung. Die Beteiligten erhoffen sich vom Projekt, weitere Unternehmen an den Standort locken zu können. Die Grünen und der BUND kritisieren das Vorhaben.

Das Areal des Industrieparks Schwerin umfasst 350 Hektar im Stadtteil Göhrener Tannen und war ursprünglich ein Truppenübungsplatz. Das Gebiet soll nach dem Willen der Stadt weiter wachsen. Bislang konnten nämlich erst 150 Hektar der Fläche tatsächlich vermarktet werden. Zwar scheiterte jüngst die Ansiedlung des Chip-Herstellers Intel. Mit dem Versandhändler Amazon möchte allerdings im Herbst 2022 ein anderes großes US-Unternehmen eine Betriebsstätte im Schweriner Süden eröffnen. Derzeit sind zehn Unternehmen mit insgesamt mehr als 1.000 Beschäftigten im Industriepark angesiedelt. Zudem befinden sich die Amazon-Gebäude im Bau und drei weitere Unternehmen in der Bauvorbereitungsphase. Der Stadt Schwerin zufolge seien die Grundstücke im Industriepark stark nachgefragt.

Drei Streckenverläufe für den Zubringer möglich

Um den Stadtverkehr zu entlasten und den Industriepark besser anzubinden, möchte die Stadt Schwerin nun einen Anschluss an die Autobahn 14 mittels eines neuen Zubringers herstellen. Derzeit beträgt die Entfernung zwischen dem Industriepark und der Autobahnauffahrt Schwerin-Ost zwischen neun und zehn Kilometer. Dabei führt die Fahrtstrecke innerstädtisch über den Großen Dreesch und Neu Zippendorf. Für die Zubringerstraße stehen nun drei mögliche Streckenverläufe zur Auswahl, die je nach Route die Strecke auf drei bis vier Kilometer verkürzen. Der neue Anschluss an die A 14 soll in Höhe der Ortschaft Plate (Ludwigslust-Parchim) erfolgen. Die Kosten belaufen sich laut Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) auf insgesamt rund zehn Millionen Euro. Die Stadtverwaltung kalkuliert mit bis zu 15 Millionen Euro, wobei sie von einer 75-prozentigen Förderung durch das Land ausgeht.

Ziel: Bessere Anbindung des Industriegebiets und Verkehrsentlastung der Stadt

Die Planung des Zubringers übernimmt die Straßenbauverwaltung des Landes. Damit gingen Land und Stadt gemeinsam „einen neuen Weg“, lobte Minister Meyer am vergangenen Freitag bei der Unterzeichnung der Planungsvereinbarung. Das Land übernehme für die Stadt die erforderlichen Arbeiten, bis gebaut werden darf. Der erste Spatenstich soll idealerweise schon 2024 erfolgen. „Ziel des neuen Zubringers ist eine verbesserte Verkehrsführung vor allem für Lieferfahrzeuge und Mitarbeitende in den Unternehmen im Industriepark“, so Meyer.

Dass das nötig ist, sehen offenbar auch die bereits im Industriepark ansässigen Unternehmen so. Gegenüber der Stadt hätten diese „sehr deutlich gemacht, dass sie die direkte Anbindung an die A 14 durch einen Autobahnzubringer benötigen“, berichtet Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD). Die Anbindung sei wichtig für den Lieferverkehr und werde über die A 14 die Verbindung zum Ballungsraum Leipzig und nach Süddeutschland verbessern. „Auch unsere Stadtvertretung hat sich in ihrer Sitzung am 28. März noch einmal deutlich hinter dieses wichtige Verkehrsprojekt gestellt“, so Badenschier. Zwar hatten die Grünen in der Sitzung beantragt, Abstand von dem Vorhaben zu nehmen, dies wurde jedoch abgelehnt.

Unklar ist momentan noch, inwieweit die neue Straße die Stadt Schwerin verkehrstechnisch tatsächlich entlastet. Es werde aktuell im Rahmen der Planung eine aktualisierte Verkehrsprognose erstellt. So könne eine konkrete Entlastung präzise quantifiziert werden, heißt es von der Pressesprecherin der Stadt. Grundsätzlich sei aber davon auszugehen, dass der Bau vor allem im LKW- und Schwerlastverkehr eine erhebliche Entlastung der Stadtteile Krebsförden, Großer Dreesch, Zippendorf und Mueß sowie der Bundesstraße 321 und der dortigen Bewohner:innen mit sich bringe. Mit zunehmendem Ansiedlungsgeschehen im Industriepark sei schließlich auch „mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen zu rechnen“, so die Stadt.

Kritik von BUND und Schweriner Grünen

Der geplante Zubringer erntet Kritik vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Dieser stellt die Notwendigkeit der Straße generell in Frage, widerspricht damit Stadt und Land. Weder würden Zahlen einen Bedarf belegen, noch existierten aktuelle Prognosen über die Entwicklung des Verkehrsaufkommens, erläutert Jürgen Friedrich, Vorsitzender der Schweriner Ortsgruppe. Der Anteil des derzeitigen und künftigen Verkehrsaufkommens von der A 14 zum Industriepark sowie das Ausmaß der Entlastung der betreffenden Ortsteile durch den neuen Autobahnzubringer sei „völlig unbekannt und rein spekulativ“, schreibt Friedrich in einem Positionspapier.

Auch mit Blick auf den möglichen Streckenverlauf tun sich Probleme auf. Zwar muss wohl aufgrund der Streckenführung nicht mit Protesten von Anwohner:innen gerechnet werden – alle drei Routen verlaufen durch unbewohntes Gebiet –, doch stammt die vorläufige Bewertung der drei möglichen Streckenverläufe durch das Schweriner Amt für Verkehrsmanagement aus dem Jahr 2008. Zugleich weist der Vergleich mit der Nordtrasse auf größere notwendige Eingriffe in Natur und Landschaft hin. Die Route würde über weite Strecken durch bewaldetes Gebiet führen. Außerdem müssten auf einer Strecke von 3,3 Kilometern Kampfmittel geräumt werden. Die Alternativrouten hingegen führen südlich von Stern-Buchholz entlang und greifen weniger stark in die Umwelt ein. Zudem sei die Leistungsfähigkeit des notwendigen Verkehrsknotenpunkts mit der Landstraße 072 laut Analyse nur „ausreichend“.

Die Schweriner Grünen sehen das ähnlich. Es komme mit dem Bau der drei bis vier Kilometer langen Trasse zu immensen Eingriffen in Natur und Landschaft, so Arndt Müller, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Stadtvertretung. „In großem Umfang soll Wald gerodet und Boden versiegelt werden, was aus Sicht des Klimaschutzes völlig kontraproduktiv ist“, beklagt der Umweltpolitiker. So sei die Landespolitik „in puncto Großgewerbegebiete völlig planlos“ – zum Schaden der Stadt.

Zudem habe Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) der Stadt Grabow (Ludwigslust-Parchim) vor der Landtagswahl „ein 38-Millionen-Euro-Wahlkampfgeschenk“ für ein neues Gewerbegebiet gemacht. Der „Businesspark Eldetal“ liegt nur 45 Kilometer von der Landeshauptstadt entfernt – und verfügt über einen direkten Zubringer zur A 14. „Für unsere Stadt wird es nun noch schwerer, die immer noch brachliegenden 200 Hektar Fläche im Industriegebiet ‚Göhrener Tannen‘ zu belegen“, schätzt Müller. Der Bau des Zubringers sei „klimaschädlicher Aktionismus“. Eine kluge Wirtschaftspolitik konzentriere sich auf wenige, aber chancenreiche Standorte. Weiterhin weisen die Grünen auf die dauerhafte Überschuldung Schwerins hin. Geld würde wesentlich dringender für den Erhalt der bestehenden Infrastruktur in Schwerin gebraucht, anstatt sie als Planungskosten in immer neue Straßenbauvorhaben zu stecken, so Müller.

Quellen

  1. Stadt Schwerin (Hg.): Auf Wachstum eingestellt: Der ideale Standort für Ihr Unternehmen – Gewerbefläche zu attraktiven Konditionen, auf: schwerin.de.
  2. Stadt Schwerin (Hg.): Standortentscheidung von Intel: Schwerin unter 70 Bewerbern im finalen Kopf-an-Kopf-Rennen unterlegen, auf: schwerin.de (15.3.2022).
  3. Stadt Schwerin (Hg.): Aktuelle Projekte, auf: schwerin.de.
  4. Stadtvertretung der Landeshauptstadt Schwerin, Vorlage VO 00195/2021.
  5. Friedrich, Jürgen: Planung eines Autobahnzubringers von der A 14 zum Industriegebiet „Göhrener Tannen“. Position des BUND Schwerin, Schwerin 2022.
  6. Landeshauptstadt Schwerin (Hg.): Vorläufiger Variantenvergleich Autobahnzubringer (23.5.2008).
  7. Bündnis 90/Die Grünen KV Schwerin (Hg.): A14-Zubringer ist Wirtschaftspolitik von gestern – Klimaschutz bleibt auf der Strecke, auf: grnsn.de (1.4.2022).
  8. Ebd.

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