Für zehn Uhr war die Aussprache angesetzt. Erst bat die SPD, dann die Grünen, dann Linkspartei und FDP und erneut die Grünen um Auszeiten. So konnte die Debatte zum Krieg in der Ukraine und zu den zwei eingebrachten Anträgen erst mit zweistündiger Verspätung aufgenommen werden.
Schließlich eröffnete Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD) die Sitzung mit dem Appell, die militärische Gewalt zu beenden und den Konflikt auf diplomatischem Wege zu lösen. Nach einer gemeinsamen Schweigeminute für Frieden, Demokratie und Menschlichkeit wurde die Debatte zu den zwei vorliegenden Anträgen eröffnet – einer von den Regierungsparteien SPD und Linkspartei sowie CDU, Grünen und FDP und einer von der AfD.
CDU: Schwesig „russische Werbeikone“
Als erster Redner äußerte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Franz-Robert Liskow. Putin habe einen souveränen Staat, die Ukraine, überfallen und beabsichtige „langfristig die Wiederherstellung der UdSSR“, so Liskow. Es sei heute nicht der Tag der politischen Abrechnung, aber gerade die SPD müsse sich fragen, warum MV einen politischen Sonderweg in den Beziehungen zu Russland gegangen sein. Liskow kritisierte mit deutlichen Worten, dass die Politik der SPD nicht immer „wertegeleitet“ und Manuela Schwesig bis vor zwei Wochen noch „eine russische Werbeikone“ gewesen sei.
Gemeinsame Schritte von SPD und CDU
Die Kritik der CDU wollte die SPD nicht unkommentiert lassen. Man sei in der Vergangenheit viele Schritte gemeinsam mit der CDU gegangen, sagte Thomas Krüger (SPD). So habe man auch die Politik des wirtschaftlichen Dialogs mit Russland gemeinsam entschieden. Ein Beispiel: die Russlandtage. Diese seien gemeinsam, unter Mitwirkung des damaligen Wirtschaftsministers Harry Glawe (CDU), durchgeführt worden.
Nord Stream 2 unter bestimmten Voraussetzungen denkbar
Im Hinblick auf Nord Stream 2 wies Krüger darauf hin, dass das Pipelineprojekt sowohl von Bundesregierungen in verschiedenen Konstellationen als auch von der vorigen Landesregierung, aber ebenso beispielsweise vom FDP-Politiker Wolfgang Kubicki unterstützt worden sei. Angesicht der aktuellen Situation sei es jetzt allerdings richtig, dass die Pipeline „erst einmal nicht ans Netz“ gehe. Mit der Formulierung „erst einmal“ lasse man die Option einer Inbetriebnahme von Nord Stream 2 jedoch offen. Als Voraussetzung dafür nannte Krüger jedoch die umgehende Einstellung aller Kampfhandlungen durch Russlands Präsidenten Putin und die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine unter Einbeziehung der Krim.
Linke: Verbindungen zu Russland nicht kappen
Dafür, nicht alle Verbindungen zu Russland zu kappen, sprach sich die Vorsitzende der Linksfraktion, Jeannine Rösler, aus. Wofür sie Beifall der AfD-Fraktion erhielt. Sie kritisierte darüber hinaus die angekündigte Freigabe von 100 Milliarden Euro für den Militärhaushalt der Bundesregierung. Für die FDP kündigte ihr Fraktionsvorsitzender René Domke an, die Aktivitäten der „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ genau anschauen und diese „Konstruktion genau untersuchen“ zu wollen. Nachdrücklich kritisierte Domke die Intransparenz der Stiftungsarbeit und hinterfragte ihre Gemeinnützigkeit. Anne Shepley (Grüne) forderte die Landesregierung auf, deutlich mehr Finanzmittel für humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen. Für den Vorsitzenden der AfD-Fraktion, Nikolaus Kramer, steht fest, dass alle anderen Parteien aus der Krise in der Ukraine politisches Kapital schlagen wollten.
Forderungen an die Landesregierung
Schlussendlich einigten sich SPD, Linkspartei, CDU, Grüne und FDP als Antragsteller auf Forderungen an die Landesregierung. So soll etwa das Format des Russlandtages grundlegend überdacht und zu einem Ostseeanrainer-Tag erweitert werden. Zudem solle die Landesregierung darauf hinwirken, die Stiftung „Klima- und Umweltschutz MV“ aufzulösen. Die Zusammenarbeit im Rahmen des Partnerschaftsabkommens mit der Oblast Leningrad müsse bis auf Weiteres ausgesetzt und das Kontaktbüro des Landes Mecklenburg-Vorpommern in der Russischen Föderation bis auf Weiteres geschlossen werden.
Der Antrag der AfD-Fraktion forderte von der Landesregierung, „die wirtschaftlichen Kontakte zu Russland und Nord Stream 2 weiterhin als Chance zu begreifen, mit Russland im Gespräch zu bleiben, den Frieden wiederherzustellen“. Die Aufnahmekapazitäten von Geflüchteten aus der Ukraine in MV wolle die AfD-Fraktion dadurch erhöhen, dass „vollziehbar ausreisepflichtige Personen verstärkt zurückgeführt“ werden. Dies solle aber nicht für Personen aus der Ukraine gelten. Der Antrag wurde abgelehnt.
Der Antrag von CDU, Grünen, FDP, SPD und Linkspartei wurde bei Enthaltung der AfD-Fraktion angenommen.