Angebote und Rabatte dominieren den Black Friday, der vielerorts Menschen in die Einkaufszentren und Fußgängerzonen lockt. Große Teile des Einzelhandels erwirtschaften an diesem letzten Freitag im November enorme Umsätze. Doch es gibt auch einen kritischen Blick auf den Black Friday. In der Hundertwasser-Gesamtschule in Rostock-Lichtenhagen zeigte ein Bündnis, welche Alternativen zum Konsum es gibt. Impulse gaben die Veranstalter:innen mit einer Kleidertauschaktion, Gesprächsrunden und Beteiligungsprojekten, bei denen Bürger:innen ihre Ideen zur Gestaltung einer Grünanlage im Stadtteil abgeben konnten.
Schüler:innen beleben Lichtenhagen
„Wir wussten ja, dass es am Black Friday zu übermäßigem Konsum von Klamotten kommt“, begründet Finja Strube die Idee zum Kleidertausch. Die Elftklässlerin ist Mitglied des Stadtschülerrats und Mitorganisatorin der Veranstaltung. In Zusammenarbeit mit dem Stadtjugendring und der Rostocker Kinder- und Jugendbeteiligungsmoderatorin Hedy Keller sei rasch ein Konzept entstanden, so Strube.
Der Stadtschülerrat, der aus Vertreter:innen der Rostocker Schulen besteht, engagierte sich dabei mit Nachdruck für die Hundertwasser-Gesamtschule im Rostocker Nordwesten. Dies würdigt auch deren Schulleitung: „Mit der Aktion haben die Veranstalterinnen bei mir offene Türen eingerannt“, sagt Ulrike Kleist, die stellvertretende Schulleiterin, die sich auch als Beauftragte der Schule für das Programm „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ engagiert.
Jugend im Gespräch mit der Landespolitik
Auch die Landtagsabgeordneten Ralf Mucha (SPD) und Eva-Maria Kröger (Die Linke), die am vergangenen Sonntag zur neuen Rostocker Oberbürgermeisterin gewählt wurde, folgten dem Aufruf zum Kleidertausch. Bei ihrem Besuch der Hundertwasser-Gesamtschule kamen sie mit den Schüler:innen ins Gespräch, die ihren Forderungen nach einer besseren Ausstattung der Schulen Nachdruck verliehen. Dazu gehören kostenlose Menstruations- und Hygieneartikel auf den Toiletten, USB-Ladestationen in Schulgebäuden, Solaranlagen auf Schuldächern oder ein breiteres Angebot von Erste-Hilfe-Kursen für Schüler:innen. Aber auch eine transparente Entscheidungsfindung zwischen Schüler:innen und Schulleitung sowie den Ausbau von Ökostrom wünschen sich die jungen Menschen.
Stimmen von Kindern und Jugendlichen Gehör verschaffen
Das Gros der Organisation hätten die Schüler:innen selbst übernommen, so Hedy Keller vom Stadtjugendring. Ihre Aufgabe als Kinder- und Jugendbeteiligungsmoderatorin sei es, auf die Stimme von Kindern und Jugendlichen in Beteiligungsprojekten zu achten und dafür zu sorgen, dass sie Gehör fänden. Zu den Projekten gehören etwa mehrtägige organisierte Gesprächsrunden von Kindern und Jugendlichen mit Abgeordneten im Schweriner Landtag oder das Format „Reclaim Your Streets“, bei dem Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in der Stadt diskutiert wird und sichtbar gemacht werden soll.
Erfolgreiche Beteiligungsprojekte setzen jedoch voraus, dass die Jugendlichen von vorhandenen Fördergeldern für die Umsetzung der Projekte wissen. Allein in der Hansestadt Rostock stehen über einen Jugendbeteiligungsfond jährlich 25.000 Euro zur Verfügung. Genau das werde den jungen Menschen mitunter nicht ausreichend kommuniziert, erläutert Keller. Zu ihrem Aufgabenspektrum gehört es deshalb, Aufmerksamkeit auf die bestehenden Möglichkeiten zu lenken und darüber hinaus bessere Bedingungen für gelingende Kinder- und Jugendbeteiligung zu schaffen.
Als Kinder- und Jugendbeteiligungsmoderatorin besetzt Keller eine von fünf Stellen in ganz MV. „Das sind eindeutig zu wenige“, findet sie. Insbesondere die Aufteilung auf die Ballungsgebiete des Landes stimme sie nachdenklich. Einen Stadtjugendring mit zugehörigen Moderator:innen gibt es lediglich in Wismar, Greifswald, Schwerin, Rostock – dort mit einer zusätzlichen Stelle für den Landkreis Rostock. So wertvoll und nachhaltig die Einbindung der Stimmen junger Menschen in Entscheidungsprozesse und die Gestaltung des öffentlichen Raumes laut Keller sein kann, sind sie dennoch ein rares Gut.
Längst nicht alle Schüler:innen des Landes erfahren von ihren Möglichkeiten zur Teilhabe. Die, die fernab der größeren Städte wohnen, haben oftmals keine Möglichkeit, auf eine derartige soziale Infrastruktur zurückzugreifen. Während in Rostock Kinder und Jugendliche Fragen und Vorschläge an die Vertreter:innen des Jugendhilfeausschusses der Stadt Rostock stellen können, ist dies andernorts kaum möglich, führt Keller aus. Sie hoffe, dass sich die Situation in Zukunft ändert und Aktionen wie der Kleidertausch einen Anstoß für einen Wandel darstellen.