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Kultur

200 Jahre Buchholzorgel Barth

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Im Jahr 1821 wurde die Orgel für die Kirche in Barth gebaut. Von Johann Simon Buchholz und seinem Sohn Carl August Buchholz. Daher auch der Name.

Zum 200. Jubiläum hat die Stadt Barth ein Festprogramm auf die Beine gestellt, um das musikalische Schmuckstück zu ehren. Aus alten Orgelpfeifen wurden 200 Erinnerungsmedaillen gefertigt, die Besucher:innen vor Ort kaufen können. Bis zum 7. September gibt es täglich Konzerte, Orgelführungen und eine Exkursion nach Stralsund zur dortigen Buchholzorgel.

Die Orgel in Barth

Mit 2.939 Pfeifen und 42 Registern gehört die Barther Orgel zu den größeren Exemplaren in Deutschland. 1820 wurde sie von der Gemeinde Barth bei der Orgelbaufamilie Buchholz in Auftrag gegeben. Zuvor hatte es in der Kirche bereits eine Orgel gegeben, die aber nicht mehr spielbar war. 1890 wurde das Instrument durch die Stettiner Orgelbaufirma Grüneberg um acht Register ergänzt. Bis heute ist sie nahezu vollständig erhalten, heißt es von der Kirchgemeinde. Unter der Leitung von Orgelbaumeister Kristian Wegscheider wurde das Instrument von 2001 bis 2003 umfangreich saniert und aufgearbeitet. Der gebürtige Ahrenshooper führt in Dresden eine der letzten Orgelbauwerkstätten bundesweit. Viele Orgeln hat er weltweit schon restauriert oder neu gebaut, unter anderem in Schweden, Island und der Schweiz. In Meck-Vorp hat er zuletzt die Orgel in der Stralsunder Kulturkirche St. Jakobi restauriert.

29 Buchholzorgeln in Meck-Vorp

Die Barther Buchholzorgel ist aber nicht die einzige dieser Art in Meck-Vorp und schon gar nicht die älteste. Laut Orgelbaumeister Wegscheider baute Carl August Buchholz 1812 in Altentreptow die erste gleichnamige Orgel im Land. Damals war er noch Lehrling bei seinem Vater.

Dann stieg er ins Familiengeschäft ein und sie bauten 1819 gemeinsam die große Orgel in Demmin. Für die Gristower Kirche entstand 1820 eine kleinere, einmanualige Orgel, also eine mit nur einer Reihe von Tasten. Später wurde die Orgel von der Stettiner Orgelbaufirma Grüneberg um ein weiteres Manual ergänzt. „Das wurde aber durch unsere Werkstatt wieder in den ursprünglichen Zustand von 1820 zurückversetzt“, erzählt Wegscheider. 1821 wurde in der Greifswalder Jacobikirche ebenfalls eine Buchholzorgel gebaut, die aber bei einem Brand 134 Jahre später zerstört wurde. Im selben Jahr folgte die Orgel für die St. Marienkirche in Barth. Somit ist sie die viertjüngste dieser Art in Meck-Vorp beziehungsweise die drittjüngste, die heute noch erhalten ist.

Ihre letzte gemeinsame Orgel haben Vater und Sohn Buchholz 1825 gebaut. Allerdings nicht in Meck-Vorp, sondern in der Kirche in Osterburg im heutigen Sachsen-Anhalt. 1829 baute Carl August Buchholz seine erste Orgel im Alleingang. Sie steht in Pütte, 62 Kilometer entfernt von seinem ersten Werk. Es folgten mehr als 100 weitere Bauten deutschlandweit in seinem Stil, zudem knapp zwei Dutzend Restaurierungen und Erweiterungen anderer Orgeln. Von 1850 bis zu seinem Tod 1884 baute er zusammen mit seinem Sohn Carl Friedrich die letzten Buchholzorgeln. Er starb ein halbes Jahr nach seinem Vater.

Instrument des Jahres

An die Geschichte der Orgelbaufamilie soll auch das Jubiläum in Barth erinnern. Die Kirchgemeinde ist froh, eine so gut erhaltene Version zu besitzen. Eine der besterhaltenen überhaupt, weiß Pastor Stefan Fricke. Die ersten Tage der Festwoche seien bereits gut besucht gewesen. Besonders viele Besucher:innen kämen zu den Konzerten. Und noch etwas freut ihn: „Carl August hat damals gut geplant – eine Orgel zu bauen, die genau in diesem Jahr Jubiläum feiert, passend zum Instrument des Jahres: der Orgel.“ Seit 2017 gelten Orgelmusik und Orgelbau offiziell als immaterielles Unesco-Kulturerbe. Für dieses Jahr haben die Landesmusikräte Deutschlands die Orgel zum „Instrument des Jahres” gewählt. Damit ist sie das erste Tasteninstrument mit diesem Titel.

Das nächste Jubiläum einer Buchholzorgel in Meck-Vorp feiert dann übrigens Nossendorf 2023!

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Autor:innen

Redaktionsleitung bei KATAPULT MV.

Ist in Greifswald geboren, hat in Augsburg studiert und zog für den Lokaljournalismus wieder zurück nach Meck-Vorp.

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